" 'Et in arcadia ego' - Grab und Memoria im frühen Landschaftsgarten" hieß die Tagung, die der
Sonderforschungsbereich 644 (SFB) "Transformationen der Antike"vom 7. bis zum 8. Mai 2010 in Berlin veranstaltet hat. und deren Beiträge im letzten Jahr in einem Tagungsband publiziert worden sind. Sein
Inhaltsverzeichnis und eine
Leseprobe mit der Einführung und dem Beitrag von Horst Bredekamp sind im Internet veröffentlicht. Veranstalter der Tagung war das Unterprojekt B 4 des SFB mit dem Titel "Angestammte Antiken: Die Erfindung des 'englischen' Gartens und seine Vorraussetzungen". Damit dürfte der Rahmen der Tagung ausreichend definiert sein.
Das programmatische Ziel des o.g. Sonderforschungsbereiches an der Humboldt-Universität wird auf seiner Website als "die interdisziplinäre Kontextualisierung der produktiven Aneignungen und Transformationen antiker Wissenschaften und Künste" beschrieben. Vielleicht übersetzt man dieses Ziel am verständlichsten damit, dass mehrere Disziplinen gleichzeitig das jeweilige Umfeld erforschen, in dem zu bestimmten Zeiten wissenschaftliche und künstlerische Werke der Antike in das jeweils zeitgenössische Denken und Handeln übertragen worden sind?
In diesem Blog muss die Frage gestellt werden, inwieweit die Gräber in den englischen Gärten mit der Geschichte der historischen Friedhöfe in Verbindung stehen. Zu diesem Thema gibt es in dem Tagungsband eine ganze Reihe von interessanten Beiträgen. Daneben aber stehen weitere Beiträge, die auf verschiedene Weise das Thema der Antikenrezeption in den Blick nehmen, wie zum Beispiel der Bericht von Horst Bredekamp zu "Bomarzo - Neues vom ältesten Lanschaftsgarten" oder die mit einer CD mit Musikbeispielen unterlegten Ausführungen von Joachim Kremer über "Trauer, Erinnerung und Trost – Musikalische Memoria in der Frühen Neuzeit".
Die Mehrzahl der Beiträge widmet sich allerdings der Anlage von Gartengräbern im 18. Jahrhundert und ihrer Einbindung in kulturgeschichtliche Traditionen. Nach Italien zum angeblichen Grab des Vergil bei Neapel
führt Salvatore Pisani. Er geht nicht so sehr auf die touristische Bedeutung
dieses römischen Grabbaus ein, dessen Nachbildungen in einigen europäischen
Landschaftsgärten stehen, sondern beschäftigt sich mit dem politischen Kontext
in dem von Spaniern besetzten Königreich Neapel. Dadurch, dass er die Berichte von
Reisenden mit denen der Einheimischen kontrastiert, wird deutlich wie das
Grabmal vor Ort als ein wichtiges Merkmal der eigenen Geschichte rezipiert
worden ist. Gleichzeitig bildet diese Grabstätte aber auch ein frühes Beispiel für
ein landschaftlich gelegenes Grab, das von den Reisenden mehrerer Jahrhunderte
besucht und als vorbildlich angesehen wurde.
Der Beitrag von Sascha Winter über das Totengedenken im
Irrhain des Pegnesischen Blumenordens in Nürnberg um 1700 weist auf ein frühes
Beispiel für die Bedeutung des Waldes in der Erinnerungskultur hin. Dort wurde
zwar nicht begraben, aber der Wald wurde zu einer Art "Kirchhof";
einem Bezirk des Gedenkens und der Erinnerung, in dem anfangs Tafeln an den
Bäumen aufgehängt und später sogar Monumente für verstorbene Mitglieder der
Dichtervereinigung errichtet wurden.
Annette Dorgerloh - eine der drei Herausgeberinnen des Buches, zu denen außerdem Marcus Becker und Michael Niedermeier gehören - hat schon 2008 in ihrer Habilitationschrift „Strategien des Überdauerns: Das Grab- und Erinnerungsmal im frühen deutschen Landschaftsgarten“ untersucht und geht in ihrem Beitrag "Von der Todesfurcht zum Trost in der Natur. Grundlagen für die Entwicklung von Gartengräbern im aufgeklärten Zeitalter" darauf ein, wie einerseits am Ende des 18. Jahrunderts die Toten immer mehr aus der Öffentlichkeit verdrängt wurden - z.B. durch die Errichtung von Leichenhäusern und die Verlegung der Friedhöfe - und andererseits Erinnerung verstärkt "in einem arkadischen Natur- bzw. Gartenambiente lokalisiert" wurde.