Buchcover "transmortale" |
Jetzt haben die Organisatoren Anna-Maria Götz und Moritz Buchner vierzehn Beiträge aus den letzten sechs Jahren in einem Sammelband herausgegeben, der als Bd. 22 der Kasseler Studien zur Sepulkralkultur erschienen ist. Ein Nachwort von Norbert Fischer und Reiner Sörries mit dem Titel "Der neue Blick auf Sterben, Tod und Trauer" rundet die Beiträge am Schluß ab. Die vier Obertitel "Orte für Tote"; "Umgang mit dem Tod"; "Gefühle zu Tod und Sterben"; "Vor-/Darstellungen vom Tod" bilden jeweils eine Klammer für unterschiedliche Forschungsschwerpunkte.
Friedhofsfreunde dürften natürlich am meisten die "Orte für Tote" interessieren. Dort berichtet zuerst Anna-Livia Pfeiffer von den "vergläserten" Toten und den "Totenstädten der Zukunft" und damit über utopische Ideen zur Feuerbestattung, die erstmals in der Revolutionszeit in Frankreich entwickelt wurden und bis zur Idee eines riesigen unterirdischen Aschenteiches im Deutschland der 1920er Jahre, bzw. einer von einem überdachten Säulengang umschlossenen Aschestreuwiese in den 1930er Jahren reichen. Domnik Gerd Sieber räumt mit älteren Vorstellungen zu den Friedhöfen des so genannten Camposanto-Typs auf und kann zeigen, dass diese Anlage weder stets außerhalb der Stadt angelegt worden sind noch als Ausdruck rein protestantischer Sepulkralkultur zu werten sind. Der dritte Beitrag dieses Kapitels springt in die digitale Gegenwart und befasst sich vom Blickwinkel des Designs mit den digitalen Räumen, die dem Themenkomplex Tod und Sterben gewidmet sind.
Ausführlich geht im zweiten Hauptkapitel Stephan Hadraschek auf die Geschichte des Bestattungswesens in Berlin ein und beleuchtet dabei ausführlich die Entwicklung der Friedhofsräume innerhalb der Metropole. Darauf folgen drei ganz unterschiedliche Beiträge, die sich zum einen mit der Rolle des toten Körpers zum anderen mit dem Umgang mit dem Tod in anderen Weltgegenden befassen.
Unter dem Obertitel "Gefühle zu Tod und Sterben" werden dann Überlegungen zur Trauerkultur im bürgerlichen Italien des 19. Jahrhunderts angestellt, aber auch die Frage diskutiert, ob Trauer eine Krankheit ist. Damit sestzt sich die Autorin zugleich mit den Gefühlsnormen auseinadner, die im amerikanischen Handbuch für Diagnostik und Statistik von psychischen Störungen (DSM) immer wieder neu festgelegt und damit auch verschärft werden. Den Abschluss bilden hier die Erfahrungen, die Antje Mickan bei der Ersforschung von Bestattungswünschen älterer Menschen gemacht hat.
Die Dissertation und das Buch von Anna-Maria Götz "Die Trauernde - Weibliche Grabplastik und bürgerliche Trauer um 1900" wurde hier schon ausführlich vorgestellt. In diesem Sammelband hat die Autorin die Hauptaussagen ihrer Forschung noch einmal unter dem Titel "Projektionen des Diesseits - Friedhof, Tod und Weiblichkeit in Europa um 1900" kompakt zusammengefasst. Die weiteren Beiträge in dem Kapitel "Vor-/Darstellungen vom Tod" befassen sich mit Szenen vom Lebensende im Tanztheater, sowie mit der Filmreihe "Final Destination" und den Todesstimmungen in der Neuen Musik. Insgesamt ist dieser Sammelband so bunt und informativ wie die Reihe von transmortalen Workshops, die in den vergangenen Jahren stattgefunden haben, und lädt damit ein sich auf ganz unterschiedliche Weise dem Themenkomplex der sepulkralen Kultur in Geschichte und Gegenwart zu nähern.
transmortale - Sterben, Tod und Trauer in der neueren Forschung. Herausgegeben von: Moritz Buchner und Anna-Maria Götz, Böhlau Verlag, Wien, Köln Weimar 2016, 259 S., 35 s/w-Abb.
Preis: € 35.00
Teile des Buches können übrigens unter diesem Link gelesen werden.