Sonntag, 21. Januar 2024

transmortale XIII - Tagungsprogramm

Blick in das Museum für Sepulkralkultur in Kassel (Quelle)

Die dreizehnte "transmortale – Neue Forschungen zum Thema Tod", die "deutschlandweit einzigartige Tagung zu den Themen Sterben, Tod und Trauer" findet in diesem Jahr am Samstag, 23.03.2024 von 10 bis 17 Uhr im Museum für Sepulkralkultur in Kassel statt. Neu ist, dass in diesem Jahr die Stiftung Deutsche Bestattungskultur als Unterstützer und Kooperationspartner zu den Veranstaltungspartnern hinzutritt. Zunächst ist eine Zusammenarbeit bis 2028 vereinbart. 

Die Stiftung versteht diese Kooperation als Signal "für mehr Grundlagenforschung, interdisziplinären Austausch und Schaffung öffentlicher Formate zum Austausch von Erfahrungen, Gedanken und Ideen". Die Tagung wird dabei finanziell gefördert und Dr. Simon Walter, Kulturbeauftragter der Stiftung, ist dem Organisationsteam beigetreten. Wie immer bietet die jährlich stattfindende Tagung jungen Wissenschaftler*innen und anderen interessierten Forschenden eine Plattform für das Forschungsfeld Sterben, Tod und Trauer. Sie sind angesprochen, ihre Perspektiven in größerer Runde vorzustellen und zu diskutieren. Ziel ist eine interdisziplinäre Auseinandersetzung, die empirische und theoretische Ansätze zusammenführt und einen intensiven Austausch eröffnet.

Donnerstag, 11. Januar 2024

Gräber, Grüfte und Gebeine. Tod in der Frühen Neuzeit.

2009 hat sich in Berlin die Arbeitsgemeinschaft Sepulkralkultur der Neuzeit (ar.se.n.) zur Erforschung kulturhistorischer Erscheinungsformen gegründet, „die mit Sterben, Tod, Bestattung, Totengedenken, aber auch damit verbundenen Emotionen wie Trauer und Trost in der Frühen Neuzeit zusammenhängen“. 2022 haben vier Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft unter dem Titel "Gräber, Grüfte und Gebeine. Tod in der Frühen Neuzeit" einen umfangreichen Sammelband herausgegeben, der sich der vielfältigen Bestattungskultur dieser Zeitspanne (ca. 1500–1800) widmet. Beteiligt sind daran Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen. Sie vertreten neben der Archäologie der Neuzeit die Anthropologie, Kunstgeschichte, Geschichte, Europäische Ethnologie und Theologie, sowie die Restaurierungswissen-schaft mit ihren differenzierten Untersuchungsmethoden jener Relikte, die in Gräbern und Grüften gefunden werden. Im Jahr der Gründung von "ar.se.n." erschien übrigens in „Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur“ ein ausführlicher Beitrag über die Gruft unter der Parochialkirche in Berlin-Mitte, die im vorliegenden Band in verschiedenen Beiträgen eine Rolle spielt und deren Erforschung sozusagen als Ausgangspunkt der Arbeitsgemeinschaft angesehen werden kann.

Samstag, 6. Januar 2024

Ausstellung "Sterblich sein" in Wien

Im Wiener Dommuseum ist noch bis zum 25. August 2024 die Ausstellung "Sterblich sein" zu sehen. Wie auf der Website zu lesen ist, befasst sich die Ausstellung mit dem Lebensende und zwar im Rahmen der Kunst. Es werden Kunstwerke, die einen kulturhistorischen Bogen vom Mittelalter bis zur Gegenwart spannen, einander gegenübergestellt. Damit soll "der tiefen Bedeutung von Tod nicht nur im individuellen, sondern auch im kollektiven und gesellschaftspolitischen Kontext" nachgespürt und "intime, persönliche Ansätze ... genauso ... wie die öffentliche, politische Rolle des Sterbens und die Auseinandersetzung damit" beleuchtet werden.

Dazu gibt es im Netz ein ausführliches Begleitheft, in dem die ausgestellten Kunstwerke vorgestellt werden. Nur wenig bezieht sich darunter so direkt auf einen Bestattungsplatz wie die Blätter aus der Serie "Zu Besuch beim Todt – Herr Stifter läd’ ein", die Maria Bussmann (geboren 1966) 2023 geschaffen hat.
Illustration der Gartenlaube 1872 (Quelle wikimedia)

Adalbert Stifters Text "Ein Gang durch die Katakomben" beschreibt das Netz aus Gängen und Gewölben unter dem Stephansplatz, wo bis ins 18. Jahrhundert der Friedhof der Kirche lag. Zu Stifters Zeiten lagen die Toten dort in offenen Särgen und es war schmutzig und dunkel. 

Für ihre Bildserie hat die Künstlerin auch die Totenbücher aus dem Domarchiv genutzt, in denen die Namen der in den herzoglichen Grüften Begrabenen aufglistet sind. Im Begleitheft heißt es dazu: "Durch Vignetten, die an jene der Totenbücher erinnern, eröffnet Bussmann eine Sicht auf Szenen, die einer verkehrten Welt entsprungen scheinen. Hier sind etwa die Skelette höchst lebendig dabei, ihr Tagwerk zu verrichten, während die Tourist*innen wie geisterhafte Gestalten wirken. Maria Bussmann macht diesen Zwiespalt des Totengedenkens offenkundig. Zwischen Heiligkeit und Grausen liegt eine tiefe Verunsicherung, die sich als menschliche Grundkonstante erweist: Mitten im Leben ist der Tod nah." (Zu den Katakomben siehe auch die Gartenlaube von 1872)


Institutionalisierter Tod - Geschichte der Berliner Leichenhäuser

 In der neuen Reihe „Tod und Agency“ ist als – zuerst erschienener – zweiter Band die überarbeitete und gekürzte Dissertation der Mitherausgeberin Nina Kreibig erschienen. In dieser Reihe soll – wie es im Vorwort heißt – ein kultur- und sozialgeschichtlicher Schwerpunkt mit interdisziplinären Ansätzen verbunden werden, „um die handelnden Personen und Institutionen in den jeweiligen Todeskontexten zu beleuchten“, daher der Titel der Reihe. Herausgeber sind außer der Autorin der bekannte österreichische Kulturwissenschaftler Thomas Macho und der Historiker Moisés Prieto, dazu stehen die Namen von einer Reihe in der Sepulkralwissenschaft bekannter Namen im Verzeichnis des wissenschaftlichen Beirats. 

Die profunde Studie von Nina Kreibig setzt sich zum ersten Mal intensiv mit den Ideen und Ängsten, aber auch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen auseinander, die in Berlin zwischen 1794 und 1871 zur Einrichtung von Leichenhäusern geführt haben. Neben einer chronologischen Entwicklungsgeschichte der einzelnen Einrichtungen, die meist kirchlichen Friedhöfen zugeordnet wurden, wird die zeitgenössische Wahrnehmung in Bezug auf diese Institutionen untersucht. Dabei steht besonders der Wandels der Bestattungskultur und der Todesvorstellungen im Vordergrund. Mit der Frage nach den Gefühlen, die für die Errichtung von Leichenhäusern bestimmend waren, und nach den Narrativen in Bezug auf Tod und Sterben wird auch die Emotionsgeschichte einbezogen. Parallel dazu wird die Stadtentwicklung Berlins thematisiert und gefragt, welchen Einfluss die Industrialisierung verbunden mit dem städtischen Bevölkerungswachstum auf die Entwicklung der Bestattungskultur und speziell der Leichenhäuser hatte. Ein weiterer Blickwinkel bezieht unter dem Stichwort „Partizipation und Agency“ die handelnden Personen und ihre gesellschaftlichen Gruppen ein und fragt danach, an wen sich die Akteure richteten und an wen nicht.