Montag, 28. Dezember 2020

Friedhof & Leben - eine Pilotstudie

Cover der Rostocker Pilotstudie
Im letzten März hat die Theologische Fakultät der Universität Rostock zu einem Workshop mit dem Thema "Friedhöfe zwischen Kommunikation, Religion und Gedenken" eingeladen, der leider wegen der Pandemie abgesagt werden musste. Das Treffen war zur Präsentation und Diskussion der Zwischenergebnisse ihrer Pilotstudie zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit kirchlicher Friedhöfe gedacht. 

Jetzt ist die fertige Studie erschienen. Als Motiv für die Forschungsarbeit wird darin die Sorge um den Erhalt der kirchlichen Friedhöfe genannt. Finanziert wurde das Projekt durch Mittel der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche, der Stiftung „Kirche mit Anderen“, der „Stiftung Deutsche Bestattungskultur“ sowie von Kirchenkreisen und Gemeinden. 

Dezidiert wird einleitend auf die vielfältigen Bedeutungsebenen der christlicher Begräbnisplätze eingegangen; sind sie doch sowohl Trauerorte, als auch kulturelles Gedächtnis, Ortszentren, Seismographen für den Umgang mit dem Tod, Kulturlandschaften, Biotope, Zeichen dafür, "wie die Kirche das Zeitliche segnet" und nicht zuletzt auch ein Bestandteil der kirchlichen Ökonomie. 

Dienstag, 1. Dezember 2020

LETZTE DINGE - Tod und Bestattungskultur in China

Cover von Maja Linnemann, Letzte Dinge
Normalerweise berichte ich hier über historische Friedhöfe und Bestattungskultur in Deutschland. Aber manchmal kommen auch Titel mit anderen Themen auf meinen Schreibtisch, die meine Neugier erwecken. So war es mit dem Buch der Sinologin Maja Linnemann, das einen Blick in eine fremde Friedhofs- und Bestattungswelt ermöglicht. 

Sie schreibt in ihrem Vorwort: " Ich nehme Sie in diesem Buch mit auf die Erkundungsreisen, die ich unternommen habe, um einige Antworten auf die folgenden Fragen zu finden: Was geschieht mit den rund zehn Millionen Menschen, die jedes Jahr in der VR China sterben? Wo kommen die vielen Toten hin, auf dem Land, in den Kleinstädten und Metropolen? Welche Formen der Bestattung gibt es? Welche Entscheidungen treffen die Angehörigen? Wie sind die Einstellungen zum Tod? Und wie läuft eine „normale“ Trauerfeier ab? Was sind die neuen Trends? Was beinhaltet die Bestattungsreform? Welche gesetzlichen Regelungen bestimmen den Umgang mit den Toten, welche traditionellen Rituale, die zu zerschlagen sich die Bestattungsreform zum Ziel gesetzt hat, haben 'überlebt', sich angepasst oder wurden durch welche neuen Rituale ersetzt? Wie sehen die Friedhöfe aus?" 

Mit allen diesen Themen setzt die Autorin sich in den folgenden neun Kapiteln auseinander. Sie lässt uns - auch bildlich - an einer Bestattungsfeier auf dem Lande teilnehmen und berichtet von der Kremierung ihres Schwiegervaters in der Großstadt Yinchuan und der Bestattung seiner Asche in seinem Heimatdorf. In einem Exkurs gibt sie einen Überblick über die lange Bestattungsgeschichte des riesigen Landes und zeigt, in wieweit die von der Partei propagierte Reform der Bestattungstraditionen Wirkung gehabt hat und welche traditionellen Formen - wie das Verbrennen von Papiergeld und -figuren - noch heute üblich sind. Sie nimmt den Leser/die Leserin mit auf unterschiedliche Friedhöfe angefangen mit den traditionellen Familiengräbern in Südchina, die in Form eines liegenden Omegas noch heute viel Platz einnehmen, bis hin zu einem gemeinnützigen Friedhof im Pekinger Stadtgebiet, auf dem die Grabstellen als kleine Erdhügel hervortreten. Dabei erfährt man unter anderem auch, dass die Umbettung von Gräbern und damit die Aufhebung von Friedhöfen in China "im Zuge des immensen Wirtschaftsbooms in den vergangenen zwei Jahrzehnten gigantische Ausmaße angenommen" hat (S. 121). Besondere Aufmerksamkeit erhalten in China offensichtlich die sogenannten Märtyrerfriedhöfe, die es beinahe in jeder Stadt gibt und die nach Ansicht der Autorin mehr oder weniger mit unseren Soldatenfriedhöfen vergleichbar sind. Sie wurden für jene Menschen errichtet, die in den revolutionären Kämpfen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für den neuen Staat, der 1949 gegründet wurde, gekämpft hatten. 

Die letzten drei Kapitel führen dann zu einzelnen Gräbern berühmter Persönlichkeiten, zeigen, wie, wann und warum Ausländer in diesem Land ihre eigenen Friedhöfe erhielten und berichten von der Entwicklung der Bestattungsbranche und ihren teilweise von den europäischen Gepflogenheiten doch deutlich abweichenden Angeboten - gezeigt wird z.B. die Ausstattung der Kategorie „Gehobenes Brandopfer“ für die Dame, ein quietschbuntes Set mit Kamm und Spiegel, aber auch Sonnenbrille, Lippenstift, Uhr und Handy aus Papier. Der Hinweis auf Quellen und weiterführende Literatur runden das Werk ab, das ich als Einführung in die chinesische Welt der Toten unbedingt empfehle, denn es liest sich abwechslungsreich, ist interessant bebildert und belehrt die Leserin nicht von oben herab, sondern nimmt sie mit auf eine ganz spezielle Reise durch das Land der Mitte. 

Wer übrigens schon einmal einen Einblick in das Buch bekommen will, sei auf den Beitrag hingewiesen, den Maja Linnemann sozusagen vorab in zwei Teilen in unserer Zeitschrift "Ohlsdorf - Zeitschrift für Trauerkultur" veröffentlicht hat (Teil I, Teil II)

Maja Linnemann, LETZTE DINGE - Tod und Bestattungskultur in China. Drachenhaus Verlag,ca. 300 Seiten, zahlr. farbige Abb. € 24,00

 


Samstag, 14. November 2020

Friedhof Riensberg in Bremen - Feldforschung von Michael Weisser

Grab Familie Lohmann, Bremen Riensberg
Grab Lohmann, Bremen Riensberger Friedhof Quelle
Der Fotograf und Medienkünstler Michael Weisser hat mich angeschrieben, weil er den Riensberger Friedhof in Bremen-Schwachhausen für sich entdeckt und diesen Teil der Bremer Geschichte und Gegenwart zu seiner Sache gemacht hat. Er betreibt schon seit längerem ein übergeordnetes Projekt mit dem Titel „Bremen-Ansichten'', in dessen Rahmen er sich nun ausführlich mit dem historischen Friedhof beschäftigen will. Für seine bisherige Arbeit hat er 2018 von der Bremer Wittheit den Preis für Heimatforschung erhalten. 

Um die Grabmäler und Besonderheiten des Riensberger Friedhof genauer erforschen und dokumentieren zu können, hat er im Sommer im Bremer Weser Kurier einen Aufruf zur Mithilfe gestartet. Er versucht so in Kontakt zu Bremer Familien zu kommen, die Grabstätten auf dem Friedhof haben. 

Die Literatur- und Quellenlage zu diesem Beerdigungsplatz ist tatsächlich noch relativ dürftig. Es gibt einen alphabetischen Führer und ein Heft der Friedhofsverwaltung. Immerhin ist eine weitere Quelle für seine Forschungen vorhanden: Der Maler Arthur Fitger (1840-1909), der ebenfalls auf dem Riensberger Friedhof begraben liegt, hat nämlich die Namen der Künstler einzelner Grabmale auf dem Friedhof aufgeschrieben.

Weil aber immer noch Vieles unbekannt ist und auch Angaben in den Medien nicht immer stimmen, bittet Michael Weisser die Bremer Bürger darum ihm Bilder, Postkarten, Fotografien von Gräbern und Grabstellen zu überlassen. Er sucht auch nach Geschichten und Dokumenten zu den Architekten der Gräber, zu den Künstlern, sowie zum Grabschmuck wie z.B. Blumen. Wichtig ist dabei auch, dass diese Unterlagen möglichst genau datiert werden können. Mit diesen Informationen wird er die eigenen Studien erweitern, die ihn schon zu den historischen Quellen im Staatsarchiv und in anderen Bremer Archiven geführt haben. Seine Sammlung zum Riensberger Friedhof soll später dem Staatsarchiv zukommen. Außerdem plant Weisser eine Ausstellung sowie eine Buchveröffentlichung.

Aber man kann auch auf seine Internetseite gehen, um in seinem Projekt zu stöbern und sich von der Vielfalt der historischen Grabmale und Ansichten auf diesem Friedhof gefangen nehmen zu lassen. Dort kann man auch schon die Struktur der Dokumentation erkennen, die Weisser auch über die kom-
menden Jahreszeiten hin fortführen möchte. 

Wer über Material verfügt, wird gebeten, per E-Mail Kontakt zu Michael Weisser aufzunehmen: MikeWeisser@yahoo.de. In Bremen und Umland besteht die Möglichkeit, dass Weisser bei einem Hausbesuch die Bilder persönlich sichtet und dokumentiert. Dokumente können auch beim Staatsarchiv Bremen, Am Staatsarchiv 1. Telefon 361 62 21. abgegeben werden.

Freitag, 13. November 2020

Aktualisierte Neuauflage: Der Ohlsdorfer Friedhof - Ein Handbuch von A-Z

Cover Ohlsdorf Handbuch von A-Z
Cover des neuen Ohlsdorf-Handbuchs 
Im Temmen-Verlag ist gerade das neue Ohlsdorf Handbuch herausgekommen. Heute habe ich meine Belegexemplare erhalten!

Wir drei Autoren - Norbert Fischer, Lutz Rehkopf und ich - haben in den letzten Monaten intensiv daran gearbeitet, das lange vergriffene Handbuch zu verbessern und auf den neuesten Stand zu bringen (selbst die Schranke, die den Autoverkehr verringern soll, ist schon drin!) 

Es sind eine ganze Menge neue Stichworte hinzugekommen, denn in den letzten zehn Jahren hat sich auf dem Friedhof viel verändert. Das reicht von dem Projekt Ohlsdorf 2050 bis zu den Stichworten Konzept- bzw. Themengrabstätten. Grundlage aber bildet immer noch das von Helmut Schoenfeld vor zwanzig Jahren erstmals herausgegebene Buch, denn natürlich ist auch vieles auf dem Friedhof so geblieben, wie es früher war. 

Besonders gefreut haben wir uns, dass der vom Hamburger Abendblatt her bekannte Autor Matthias Gretzschel für das Buch eine Einführung geschrieben hat.

Wer sich also über den Friedhof gründlich und zuweilen durchaus kurzweilig informieren will: Das ist das Buch dazu!

Schoenfeld, Helmut/Fischer Norbert/Leisner, Barbara/Rehkopf, Lutz, Der Ohlsdorfer Friedhof : ein Handbuch von A-Z. 3. Aufl. - Bremen : Edition Temmen, 2021, 205 S. mehr als 200 Abb., 17,90 Euro

 

 

Samstag, 31. Oktober 2020

Halloween

Im Museum für Sepulkralkultur ist unter vielen anderen interessanten Dingen auch ein Ausschnitt aus einer der Silly Symphonies von Walt Disney zu sehen - natürlich der "skeleton dance"! Ich kannte bisher nur diesen kurzen Ausschnitt. Deshalb hier zu Halloween der "skeleton dance", der natürlich auf einem Friedhof spielt und hoffentlich den Friedhofsfreunden gefällt:_

Sonntag, 25. Oktober 2020

Dinge, die bleiben - Reliquien im interdisziplinären Diskurs

Buchcover
Seit acht Jahren findet an der Theologischen Fakultät Rostock (Praktische Theologie) die "funerale" statt, die sich mit Themen der Bestattungskultur im religiösen Kontext auseinandersetzt und über die hier auch schon berichtet wurde. 

Im Tagungsband der 8. funerale geht es um die Vermessung des Begriffs Reliquie oder anders gesagt, um die Frage, was von einem Menschenleben - sei es nun profan oder heilig - bleibt. Dabei ist der Bogen dessen, was in diesem Band thematisiert wird, weit gespannt. Interdisziplinarität ist in Rostock Programm, auch wenn naturgemäß ein theologischer Schwerpunkt vorhanden ist.

Zusammengefasst werden die unterschiedlichen Beiträge unter den Oberbegriffen Theorietraditionen, Theologie im Dingdiskurs, Phänomene und Funerale Praxis. Eine ausführliche Einleitung der beiden Herausgeber skizziert die Bandbreite der "Dinge, die bleiben". Sie reicht von Fotos, Erbstücken, anderen Hinterlassenschaften und auch Gräbern auf dem Friedhof, die alle jeweils die Verstorbenen gegenwärtig werden lassen, über Reliquien, also im katholischen Glauben als wirkmächtig angesehene Überreste von Heiligen, zu sozusagen säkularen Privatreliquien, z.B. in Form von aus der Kleidung Verstorbener hergestellten Puppen als Seelentröstern oder Erinnerungsdiamanten aus dem Kohlenstoff der Kremierungsasche. Letztere betreten nach Einschätzung der Herausgeber "die religionskulturelle Bühne gewissermaßen in der Mitte zwischen katholischem Kult und privaten Lieblingsdingen" (S. 11). 

Donnerstag, 15. Oktober 2020

"Totenhemd & Leichenschmaus" - eine Ausstellung in Ditzingen

Im Stadmuseum am Laien in Ditzingen ist die Ausstellung "Totenhemd & Leichenschmaus - Eine Ausstellung zur Bestattungs- und Trauerkultur" zu sehen. Das Konzept ist so ausgerichtet, dass die Besucher einen Eindruck von den Bestattungs- und Trauerbräuchen der Vergangenheit bis heute erhält, also sozusagen vom Ankleiden des Toten über Trauerfeier und Bestattung, bis Hinwendung zu einem neuen Lebensabschnitt ohne den oder die Verstorbene.

Für die Ausstellung haben viele Menschen aus Ditzingen und der Region ihre Erinnerungen geteilt, Objekte geschenkt und geliehen. Initiert wurde sie von den Mitgliedern des Projekts „Ewig anders Ditzingen“, das die Stuttgarter Trauerbegleiterin Maike Sander in Ditzingen etablierte.

"Ewig anders Ditzingen“ ist ein Projekt des bürgerschaftlichen Engagements, das sich mit der Trauerkultur beschäftigt. Hintergrund sind Veränderungen in der Gesellschaft, die einen Einfluss auf Friedhöfe und Trauerkultur haben. So führt zum Beispiel der Trend zu Urnengräbern und Baumbestattungen zu mehr freien Friedhofsflächen, die zunehmende Mobilität in der Arbeitswelt bringt die räumliche Trennung von den Gräbern der Angehörigen mit sich. Gleichzeitig ist der Friedhof auch ein Ort der Erholung und ein Biotop geworden. Im Rahmen des Projektes wurde bereits eine Fläche auf dem Friedhof gestaltet und weitere Aktionen angestoßen.

Die Ausstellung läuft vom 16. September 2020 bis 31. Januar 2021. Dazu gibt es ein Begleitprogramm, in dem es auch um die Ditzinger Friedhöfe geht. Zudem ist für den November eine Ausstellung über die Friedhöfe im Projektraum (Marktstraße 24) geplant. 

Leben und Tod - Freiburg

Website Leben und Tod Freiburg
Die bisher in Bremen beheimatete Messe "Leben und Tod" hat jetzt einen Ableger in Freiburg bekommen, der am 23. und 24. Oktober mit einer Ausstellung und einem Kongress vor Ort, sowie virtuell stattfinden sollte. Bedingt durch die augenblickliche Entwicklung der Pandemie wurde die Messe jetzt aber wie im Mai ganz in's Internet verlegt. Weitere Informationen und das Programm, das sich stark mit dem Thema Trauer beschäftigt, zu dem aber auch ein Vortrag des Betriebsleiters des Eigenbetrieb Friedhöfe der Stadt Freiburg, Martin Leser, gehört kann man hier einsehen. Martin Leser spricht am 22. Okt., 14:15-14:45 zum Thema "Wohin entwickeln sich die Friedhöfe Freiburgs?"



Montag, 5. Oktober 2020

Friedhofskultur in Sachsen

Dieses Video auf und über drei Friedhöfe in Sachsen (Parkfriedhof Plagwitz in Leipzig, Annenfriedhof in Dresden, Friedhof in Zwickau) zeigt unter anderem, wie Kunstwerke an der Friedhofsmauer interessierte Besucher anziehen können. Zugleich wird die Friedhofskultur und die Gestaltung von Friedhöfen im Gespräch weiter thematisiert:

Sonntag, 20. September 2020

Friedhof der Zukunft

 

 Zum Tag des Friedhofs 2020 ruft die Stiftung Deutsche Bestattungskultur zur Diskussion auf. Zu diesem Datum hat sie ihre Projektseite www.friedhof2030.de "relauncht" (also auf Deutsch neu gestaltet). Dort können Interessierte, ihre ganz persönlichen Gedanken zum Friedhof mit anderen teilen.

Sie können aber auch Fachbeiträge herunterladen und sich über das Projekt "Trauerhaltestelle" informieren. Es soll auch auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg eingerichtet werden.

Außerdem soll die Seite langfristig eine breitere Öffentlichkeit auf Fragen rund um die Friedhofskultur aufmerksam machen und grundlegende Informationen geben.

Mittwoch, 9. September 2020

Friedhöfe als immaterielles Kulturerbe auszeichnen!

Informationstafel des Kuratoriums für die Friedhöfe



Zum Tag des Friedhofs am 20.9. ruft das Kuratorium immaterielles Kulturerbe Friedhofskultur zur bundesweiten Aktion auf!

Nachdem die Aufnahme in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes im März dieses Jahres in der Corona-Krise medial unterging (ich habe merfach dazu im Blog berichtet, Label Kulturerbe), soll es einen Neustart am Tag des Friedhofs geben, um auf den neuen Titel der Friedhofskultur aufmerksam zu machen. In Abstimmung mit der Deutschen UNESCO-Kommission bzw. in Zusammenarbeit mit dem Friedhofswesen sowie in enger Verzahnung mit der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal und dem Museum für Sepulkralkultur wird dafür die Aktion "Friedhöfe auszeichnen" gestartet. Indem Friedhöfe durch hochwertige Informationstafeln als Kulturraum dieses immateriellen Kulturerbes ausgewiesen werden, sollen sie eindeutig mit dem immateriellen Kulturerbe verbunden werden. Im Rahmen dieser Aktion sollen zum Tag des Friedhofs an den wichtigsten Friedhöfen die ersten Informationstafeln „Immaterielles Erbe Friedhofskultur“ angebracht werden.

Konkret sollen am Freitag, dem 18.9.2020, die teilnehmenden Friedhofsverwaltungen zeitgleich um 11 Uhr zu einem Pressetermin einladen, um dann medienwirksam eine Informationstafel am Friedhofseingang anzubringen. Damit soll der Wert der Friedhofskultur für die Gesellschaft deutlich sichtbar gemacht werden. Gleichzeitig soll aber auch die Gemeinsamkeit im deutschen Friedhofswesen demonstriert und ein öffentliches Bild vom Friedhof von der kulturellen Warte aus präsentiert werden.

Friedhöfe/-verwaltungen können sich hier noch online anmelden.

Samstag, 5. September 2020

Sieben Schubkarren - Sind wir nicht alle Sternenstaub? - Ausstellung Nordfriedhof Dresden

Ausstellungsflyer und -plakat
 Gestern wurde in der Kapelle des Nordfriedhofes in Dresden die Ausstellung von Gerhard Rossmann mit dem obigen Titel eröffnet, die noch bis zum 4.10. dort zu sehen ist. In der - nicht mehr für Trauerfeiern genutzten - Kapelle werden schon seit ein paar Jahren immer wieder Ausstellungen aktueller Kunst gezeigt. Die Installation des Wuppertaler Künstlers Gerhard Rossmann bezieht sich dabei direkt auf den Tod, wenn die Seibenzahl genutzt wird um ganz verschiedene Lebensräume symbolisch miteinander zu verbinden, sozusagen zu einem “Crossover zwischen Wohnzimmer, Friedhof und Grabkammer”, wie der Künstler seine Installation beschreibt. 

Zu sehen sind sieben Schubkarren, dazu sieben chemische Verbindungen, sieben Stehlampen, sieben mehr oder weniger bequeme Sessel, sieben golden gerahmte Wandspiegel, Grabsteinfragmente von aufgelassenen Gräbern, ein 777 Liter Aquarium mit einem Meteoriten, das Feuchtpräparat eines Gehirns, ein Bettgestell, 33 Totenhemden und sieben Tonnen Erde.

Dazu ist im Flyer zu lesen: „Sind wir nicht alle Sternenstaub, Überreste längst erloschener Himmelskörper? Elemente entstehen in den Sternen durch Kernfusion aus Wasserstoff und Helium. Circa zwanzig Elemente sind in Säugetierorganismen, wie dem Menschen von Bedeutung. Und das meiste im Körper ist Wasser. Wasser bedeutet Leben, Wasser kann den Tod bedeuten. Das Gedenken bekommt einen Ort Leichenhemden flattern im Wind. Totengräber verrichten ihre Arbeit: Erde zu Erde, Stein zu Stein. Das Grab und vor allem der Gedenkstein materialisieren über Jahrzehnte den Nachhall eines Menschenlebens. Der Stein selbst und die in ihn gemeißelten Inschriften bergen die Hoffnung auf Ewigkeit. Eine Hoffnung, die für die trauernden Hinterbliebenen, in der Gewissheit der eigenen Endlichkeit, tröstlich wirken kann. Die Lebenden besuchen ihre Toten. Die Gemeinschaft der Toten trifft die Gemeinschaft der Lebenden. Die Besuchszeit ist vorbei. Sieben Schubkarren warten auf den kommenden Tag. Sie sind außer Dienst."

Die Ausstellung organisiert hat der Verein Denk Mal Fort e.V. - Die Erinnerungswerkstatt Dresden , auf dessen Facebookseite es auch ein paar Bilder von der Eröffnung gibt, zusammen mit der Künstlerin Susan Donath.

Zu der Ausstellung läuft ein Begleitprogramm mit Friedhofsführungen. Die Ausstellung ist geöffnet: Mi, Fr-So 14-18 Uhr, Nordfriedhof Dresden, Kannenhenkelweg 1, 01099 Dresden. Feierhalle.

Dienstag, 1. September 2020

ASCHE - und was vom Ende bleibt

Im Friedhof F'orum am Züricher Sihlfeld-Friedhof wird am 3. September eine Foto-Ausstellung mit dem oben genannten Titel eröffnet. Gezeigt werden Bilder der Fotografin Tina Ruisinger. Sie befragt mit ihnen das, was vom Menschen nach der Kremation übrigbleibt. 

Neben Asche und Knochenresten bleiben ja auch jene Teile nach der Kremation zurück, die im Leben als Ersatz und Unterstützung gedient haben. In der Ankündigung heißt es dazu: "Als Archäologin der Gegenwart sucht Tina Ruisinger in der Asche nach Überbleibseln von Biografien, und ihre Funde erblühen vor dem Objektiv zu Kleinoden von rätselhafter Schönheit." Die Ausstellung "Asche" ist die Fortsetzung der Arbeit "Spuren", bei der es der Fotografin um die Dinge geht, die zurückbleiben, wenn eine Person stirbt, also Spuren des Verstorbenen, als tröstliche Erinnerungen für die Hinterbliebenen. Während aber das Interesse dort an den Dingen liegt, die die die Lebenden zurückbehalten, geht es bei Asche speziell um die Verstorbenen. Was bleibt von einem menschlichen Körper übrig, wenn er tot ist? Welche unmittelbaren Spuren hinterlässt er? Die Fotografin hat dafür die Asche von 50 Verstorbenen im Krematorium Nordheim fotografiert.

Daneben gibt es Antworten auf handfeste Fragen wie diese: Wie fein kann Asche gemahlen werden? Darf mein Lieblings-Rum mit auf die letzte Reise? Und was passiert mit meinem künstlichen Hüftgelenk?" Zu den Bildern gibt es eigens zu diesem Thema verfasste Texte von verschiedenen schweizerischen Journalistinnen und Dichtern.






Donnerstag, 27. August 2020

Friedhofsmuseen

Sarg in Form eines Hahns, Kassel Sepulkralmuseum, 2015 (Foto Leisner) 

Museen sind die Orte, an denen Vergangenheit und Gegenwart sich treffen. Das gilt auch für Friedhofsmuseen. Wobei hier angemerkt sei: Mit diesem Begriff sind nicht die zahlreichen Grabmalfreilichtmuseen gemeint, also jene Bereiche auf Friedhöfen, in denen historische Grabmale neu aufgestellt worden sind. Solche Grabmalmuseen finden sich auf vielen historischen Friedhöfen. Echte Friedhofsmuseen, in denen es um die Geschichte und Gegenwart der Bestattungskultur und damit auch um unseren Umgang mit Sterben und Tod geht, sind dagegen seltener. In diesem Post sollen die mir bekannten Museen im deutschsprachigen und angrenzendem Raum vorgestellt werden. Eine ausführliche und weltweite Liste solcher Museen findet man auf Wikipedia. (Zur Zeit ist es ja wegen Corona geboten keine unnötigen Reisen zu unternehmen. Zudem sind einige der kleineren Museen sowieso noch geschlossen. Aber immerhin kann man sich im Internet schon einmal ansehen, was diese besonderen Museen ausmacht.)

An erster Stelle sind natürlich das Museum für Sepulkralkultur in Kassel und das Bestattungsmuseum in Wien zu nennen. Über das Erstere habe ich hier vor drei Jahren kurz berichtet. Seitdem hat es unter neuer Leitung schon sehr interessante Ausstellungen gegeben und man darf gespannt sein, wie es weiter geht. Einige Objekte aus der großen Sammlung, die das gesamte Themenspektrum um den Tod umfasst, kann man vor einem Besuch schon mal online anschauen und zum Beispiel über eine Tabakpfeife staunen, die als "memento mori" gestaltet ist. Dazu geht von dem Museum bzw. dem zugehörigen Zentralinstitut eine lebhafte Publikationstätigkeit und Grundlagenforschung aus. 

Särge im Wiener Bestattungsmuseum (Foto Leisner 1996)

Das Wiener Bestattungsmuseum zeigt leider online nicht viel von seinen reichen Beständen, die aus der Geschichte des Wiener Zentralfriedhofs und der Bestattung Wien stammen, die 1907  als Kommunalbetrieb der Stadt Wien gegründet und seit den 1950er Jahren das einzige Bestattungsinstitut der Stadt ist. Unter anderem kann man dort z.B. auch einen josephinischen Klappsarg und ein Herzstichmesser besichtigen.

Daneben gibt es einige wenige kleinere Friedhofsmuseen in Deutschland: Der Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V. verwaltet das Museum des gleichnamigen Friedhofs, in dem die Besucher über die Geschichte und die Grabmalkultur des Ortes informiert werden. Zu ihm gehört ein Außenbereich, in dem ausgewählte Grabmale sowohl chronologisch aufgereiht, als auch in einem - dem Reformstil des zweiten Friedhofsdirektors Linne angepassten - Grabfeld aufgestellt worden sind. 

Mittwoch, 19. August 2020

Ewige Ruhe? Concession à perpétuité?

Cover "Ewige Ruhe", Inhalt und Leseprobe

"Ewige Ruhe? Concession à perpétuité? -  Cultures funéraires au Luxembourg et dans les régions voisines" ist ein inhaltlich und physisch schwergewichtiges Buch, in dem in insgesamt neunundvierzig Beiträgen der Themenkomplex um Sterben und Tod, Bestatten und Erinnern im Großherzogtum Luxemburg beleuchtet wird. Schon der Blick in das Inhaltsverzeichnis erinnert dabei an die besondere Lage dieses kleinen europäischen Landes im Dreieck zwischen Frankreich, Belgien und Deutschland. Die Beiträge sind überwiegend auf Deutsch und Französisch verfasst, aber auch– allerdings nur mit einem auch ins Französische übersetzten Text – die eigene Luxemburgische Sprachvariante des Deutschen und das Englische sind vertreten. 

Die Gliederung folgt vier übergeordneten Stichpunkten. Auf den mit zwanzig Texten umfangreichsten ersten Abschnitt über die „Grabkunst“ folgt mit insgesamt neun Texten „Der Tod im Bild“ und „Der Tod in der Literatur“. Danach wird dem Thema „Glaube und Recht“ mit vierzehn Beiträgen wieder mehr Platz eingeräumt, während der abschließende Bereich „Tote unterwegs“ mit sechs Texten deutlich kürzer ausgefallen ist. Gesamtbibliografie, Orts- und Personenregister sowie Autorennotizen schließen den reich bebilderten Beitragsteil ab.