Sonntag, 20. Dezember 2009

Patenschaftsgräber - jetzt auch auf dem Alten Friedhof in Gießen

Zwei Grabsteine von Joh.Baptist Scholl d.Ä.
auf dem Alten Friedhof in Gießen (Foto Dagmar Klein)


Jetzt hat auch die Stadtverordnetenversammlung Gießen beschlossen, dass zum Erhalt der historischen Grabmäler auf dem Alten Friedhof künftig Patenschaften - und zwar inklusive dem Nutzungsrecht für Urnenbestattung - erlaubt sein sollen.

Zwar ist der Alte Friedhof Gießen entwidmet. Doch war er seit langem eine Grünanlage mit Ausnahmeregelung für Bestattungen in Grabstätten mit fortbestehendem Nutzungsrecht. Diese Klausel der Ausnahmeregelung, die auch denkmalpflegerische Aspekte einbezog, wurde 1992 gestrichen; Nutzungsrechte sollten nicht mehr verlängert werden. Noch ist nicht ganz sicher, ob die neue Regelung nur eine Rückkehr zum Status vor 1992 bedeutet oder ob sich daraus weitere Schutzmöglichkeiten für die historische Grabmalkultur ergeben werden, denn die Einzelheiten stehen noch aus.

Der Magistrat soll bis Mitte 2010 eine Vorlage dazu erarbeiten. Der Antrag war von der SPD-Fraktion gestellt worden, die damit eine seit langem vertretene Forderung des Freundeskreis Alter Friedhof Gießen (Arbeitsgruppe im Oberhessischen Geschichtsverein Gießen e.V., www.ohg-giessen.de ) aufgegriffen hat. Der Magistrat, bestehend aus VertreterInnen von vier Parteien, verspricht sich einen Beitrag zur Sicherung der Pflege des Kulturdenkmals Alter Friedhof. Die SPD hatte in ihrem Antrag das vorbildliche bürgerschaftliche Engagement des Freundeskreises besonders gewürdigt.

Montag, 14. Dezember 2009

Kunstschätze auf dem Leipziger Friedhöfen

Das ist der Untertitel der - hier schon am 2. November vorab angekündigten - neuen Publikation über die Grabmalkultur in Leipzig. Der erste Band dieser als Reihe geplanten Publikation ist grafisch ansprechend aufgemacht und enthält großformatige Fotos aller vorgestellten Grabmale, von denen manche sogar mit mehreren Detailsfotos dem Betrachter nahe gebracht werden. In diesem ersten Band geht es nur um Werke von dem Leipziger Südfriedhof, von dessen sepulkralem Reichtum die stimmungsvollen Bilder einen guten Eindruck vermitteln. Insgesamt sieht der Autor eine Anzahl von ungefähr 1000 Grabmalen auf den Friedhöfen der Stadt als erhaltenswert an und plant ihre Publikation.

Zu den Abbildungen gesellen sich ausführliche Texte, die über den Zeitpunkt der Grabmalaufstellung, die Besteller und die ausführenden Künstlern informieren. In sie ist manch eine Anekdote eingewoben, so dass - auch für "Nicht-Leipziger" - die Vergangenheit der Stadt lebendig wird. Natürlich geht es bei den Familien, deren aufwändige Grabmalskulpturen und -aufbauten vorgestellt werden, immer um die sogenannten Oberen Zehntausend, denn nur sie konnten sich solche repräsentativen Grabmale leisten. So nimmt es nicht Wunder, das in diesem Band über solche Persönlichkeiten berichtet wird, wie den Maßstabfabrikanten Hermann Leistner - Vater des Künstlers Albrecht Leistner - oder den Kaufmann Richard Konze, der sich um die Unversehrtheit seines kostbaren neubarocken Grabaufbaus sorgte; den Buchhändler Julius Klinkhard, der mit einem vollplastischen Bronzeporträt vertreten ist; Albert Böhme, den Generaldirektor einer Schokoladenfabrik, oder Alma Freifrau von Stolzenberg, um nur einige wenige Namen und unter ihnen auch die einzige Frau zu nennen, die in diesem Band mit einem eigenen Grabmal Erwähnung gefunden hat.

Die ausgewählten Grabmale stammen dabei nicht nur aus der Blütezeit der Sepukralplastik um 1900, sondern reichen zeitlich bis in die 30er Jahre hinein. Zum Schluß werden, nach einer ausführlichen Selbstdarstellung des Autors noch die beiden Bildhauer Prof. Adolf Lehnert und Albrecht Leistner, die besonders viele Grabmale gestaltet haben, mit einem jeweils eigenem Beitrag gewürdigt. Ein letzter Artikel gilt der interessanten Geschichte der Friedhofsglocken: Die ursprünglichen vier Bronzeglocken mussten nämlich 1942 als Metallspende abgegeben werden; 1952 bekam der Friedhof zwei neue Stahlglocken, die aber 1961 aus politischen Gründen entfernt wurden. Im Jahr 1992 fand der Autor auf dem Friedhofsgelände eine Bronzeglocke auf, die inschriftlich 1702 zu datieren ist. Sie ist inzwischen dank seiner Initiative zur neuen Friedhofsglocke geworden.

Insgesamt hat der Autor mit dieser Broschüre den verdienstvollen, ersten Abschnitt eines ausführlichen Grabmalkatalogs der Leipziger Friedhofskultur vorgelegt. Sein Buch ergänzt den umfassenderen Führer über diesen Begräbnisplatz, den Katrin Löffler, Iris Schöpa und Heidrun Sprinz im Jahr 2000 veröffentlicht haben. Denn als Friedhofsführer ist die neue Publikation nicht zu verstehen, informiert sie doch weder über die Lage der einzelnen Grabmale noch verrät sie über die Friedhofsanlage mehr als das Datum der Einweihung. Für diese Informationen muss man auf die ältere Publikation zurückgreifen. Bei den geplanten Folgebänden der Reihe wäre eine Einführung in die jeweilige Friedhofsgeschichte und ein Lageplan zur Abrundung sicher wünschenswert.


Alfred E. Otto Paul, Die Kunst im Stillen. Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen. No. 1. Leipzig 2009, 95 Seiten, zahlr. farbige Abbildungen. Die Broschüre hat leider keine ISBN-Nummer bekommen undkann zur Zeit nicht über den Buchhandel bezogen werden, sondern nur über die Paul-Benndorf-Gesellschaft zu Leipzig unter info@paul-benndorf-gesellschaft.de
oder telefonisch unter 034297 –12305 zum Preis von ca. 9 Euro + Versandkosten.

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Greifswalder Friedhofskalender für 2010

Titelseite Fotokalender (Foto Anja Kretschmer)
Auch für das kommende Jahr hat der "Förderverein der Alte Friedhof Greifswald e.V." wieder einen Fotokalender über seinen Friedhof erstellt. Er enthält viele Informationen zu den einzelnen abgebildeten Gräbern sowie zur Friedhofsgeschichte. die besonders deswegen interessant ist, weil sich in ihr das Vorbild des Dessauer Gottesackers mit seiner Vier-Felder-Anlage wiederspiegelt. Außerdem werden den aktuellen Aufnahmen historische Fotos gegenüber gestellt.

Der gesamte Erlös soll diesmal in die Sanierung einer der ältesten Grabgruften Vorpommerns, die Gruft der Familie Haselberg, fließen. Sie ist immer noch das besondere Sorgenkind des Vereins, der braucht dringend finanzielle Eigenmittel benötigt, damit auch die Stadt und das Land Mecklenburg-Vorpommern diese äußerst wichtige Sanierung unterstützen. Auch überregionale Hilfe ist hier sehr willkommen!



Der Kalender ist über die email-Adresse: kretschmeranja@hotmail.com zu bestellen und koste 10,- Euro zzgl. Versand.

Sonntag, 6. Dezember 2009

Johan Thorn Prikker - Ein Mausoleum auf dem Düssseldorfer Nordfriedhof

Buchcover (Foto Leisner, mit fr. Genehmigung Grupello Verlag Düsseldorf)
Mit dieser schmalen Neuerscheinung aus dem Grupello-Verlag in Düsseldorf wird ein Bauwerk vorgestellt, das wahrscheinlich auf keinem anderen Friedhofs seinesgleichen findet: Das Mausoleum des Textilkaufmann Gustav Nahrhaft, das 1983 von Elke und Heinrich Riemenschneider in Patenschaft übernommen und sorgfältig restauriert wurde, ist ein Kleinod der Kunst der Zwanziger Jahre.

Sein zweigeschossiger Innenraum wurde von dem niederländischen Künstler Johann Thorm Prikker mit Malereien, Glasfenstern und Mosaiken ausgestaltet, durch die der Innenraum zu einem ungewöhnlichen Gesamtkunstwerk geworden ist.

Ihm sind die meisten der exzellenten Fotos von Walter Klein gewidmet, die den größten Teil des Buches ausmachen. Der Text von Melanie Florin gibt dazu kompetent und in gebotener Kürze einen Überblick über den Künslter und Lehrer an verschiedenen Kunsthochschulen Thorn Prikker und sein Gesamtwerk, über das Bauwerk und seine Ausstattung sowie über seine ehemaligen und seine heutigen Besitzer.

Das gebunde Buch mit seiner ansprechenden äußeren Aufmachung - auf der Vorderseite des Einbands ist die Front des Mausoleums, auf der Rückseite ein Mosaikausschnitt abgebildet - und seiner aufwendigen Gestaltung publiziert dieses besondere sepulkrale Gesamtkunstwerk in einer wunderbar angemessenen Form.


Info zum Buch: Johann Thorn Prikker. Ein Mausoleum auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof. Mit Fotos von Walter Klein und einem Text von Melanie Florin. Grupello Verlag Düsseldorf. ISBN 978-3-89978-082-6   

Freitag, 4. Dezember 2009

Verfall und Restaurierung - das ehemalige Mausoleum Schröder (heute Kretschmer)

Mausoeleum Kretschmer, nachdem die Bäume gefällt wurden (Foto Leisner)
Das ehemalige Mausoleum der Bankiersfamilie Schröder auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg ist jahrzehntelang vernachlässigt worden. Die Friedhofsverwaltung hatte kaum Möglichkeiten zur Erhaltung, solange es sich noch in Besitz der Familie befand, die an ihrem Erbe keinerlei Interesse hatte.

In diesem Jahr aber ist die Ruhezeit abgelaufen und das Mausoleum - es gilt als der größte Bau seiner Art in Nordeuropa - fiel in das Eigentum der Verwaltung zurück. Die Hoffnung, dass jemand für diesen großen und maroden Bau die Patenschaft übernehmen würde, war äußerst gering.

Mausoleum Kretschmer
(Foto Peter Wachsmann)
Doch das Unglaubliche geschah: In dem Hamburger Investor Klausmartin Kretschmer fand sich ein Pate, der das historische Gebäude sanieren will und eine kulturelle Nutzung plant.

Mausoleum Kretschmer
(Foto Peter Wachsmann)
Inzwischen wurden die Bäume gefällt, die in langen Jahren auf den Zellengruften an der Außenmauer hochgewachsen waren. Die in diesen Gruften Bestatteten wurden pietätvoll in der Nähe des Mausoleum in der Erde wiederbeigesetzt. Danach konnte das Gebäude dem neuen Nutzer übergeben werden. Am Totensonntag lud er nun einen Kreis von Freunden und Interessierten zu einer ersten Besichtigung ein.

Mausoleum Kretschmer
(Foto Peter Wachsmann)
Noch muss viel getan werden: Die Mauern und Wände sind durch die lange Vernachlässigung feucht geworden; der Putz ist von der Eisenbetonkuppel gefallen und darunter rosten die Eisenträger; der feuchte Putz hat während seiner langen Liegezeit auf dem farbigen Marmorboden seine Spuren hinterlassen und die bunten Glasfenster sind wenigstens zur Hälfte zerstört. 


Zu erfahren war, dass in den nächsten Monaten (und Jahren?) als erstes die Wände mit einer besonderen Methode trocken gelegt werden sollen. Das heißt, dass es sicher noch einige Zeit dauern wird, bis das renovierte "Mausoleum Kretschmer" seiner Bestimmung als Ort für kulturelle Veranstaltungen in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten wird.