Mittwoch, 30. Oktober 2013

Eine Stiftung zur Erhaltung des Horster Friedhofes in Stade

Im Februar dieses Jahres wurde in Stade die gemeinnützige "Siegel-Stiftung für den Horstfriedhof Stade" ins Leben gerufen. Mit einem Startkapital von 100 000 Euro - die Hälfte des Geldes kommt vom Gesamtverband der evangelisch-lutherischen Kirchen in Stade, die andere stiftet der Ideengeber Dr. Arnd Siegel (75) - soll sie sich um den Erhalt des Stader Horstfriedhofs mit seinen historischen Grabmalen kümmern. Arnd Siegel, ein Hamburger Chirurg im Ruhestand, stammt aus der bekannten Stader Ärzte- und Klavierfabrikanten-Dynastie Siegel, die insgesamt drei Familiengräber auf dem Horstfriedhof besitzt.

Der sieben Hektar große Friedhof mit seinen mehr als 6000 Grabstellen aus unterschiedlichen Epochen der Begräbniskultur wurde 1789 eingeweiht. Mit den Mitteln der neuen Stiftung sollen kulturhistorisch wertvolle Gräber, für die es keine Nachkommen gibt, erhalten und ältere Grabsteine (der älteste Stein ist von 1799) gepflegt werden.

Arnd Siegel selbst hat ein Buch zur Geschichte des Friedhofs mit dem Titel „Der Horstfriedhof
– Ein Spiegel für Stader Bürgerleben“ herausgegeben (Für 9,50 Euro ist es bei der Stader Buchhandlung Schaumburg erhältlich). Zahlreiche Abbildungen zeigen darin den reichen Bestand an alten Kalksandsteinen mit klassizistischen Symbolen, wie der Sanduhr mit Engelsflügeln oder dem Schmetterling. Als erstes will sich die Stiftung voraussichtlich um die zahlreichen verwitterten Sandsteingrabsteine kümmern. 

Man kann die Stiftung mit Zustiftungen und Spenden unterstützen (Einfach den Betrag auf das Konto des Kirchenamtes - Kontonr.: 8094 bei der Sparkasse Stade-Altes Land, Stichwort "Siegelstiftung" - überweisen).

Dienstag, 29. Oktober 2013

Tagung: Vor aller Augen ... Tod im öffentlicher Wahrnehmung und Begegnung


Diese Tagung der zum Deutschen Bestatterverband gehörenden Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur  will vom 5.-7. November in Düsseldorf den Tod in der öffentlichen Wahrnehmung und Begegnung näher beleuchten.

Dabei geht es in den Vorträgen z. B. um die in den letzten Jahren wieder neu
gestellte Frage, wie man dem Tod von Soldaten und mit öffentlichen Begräbnissen würdig umgeht. Aber auch der Wandel der Trauerkultur z.B. der bewusste Umgang mit Trauer bei Polizei und Feuerwehr oder der Ausgleich zwischen individueller Trauer und öffentlichem Respekt z.B. nach dem Amoklauf am Erfurter Gymnasium im Jahr 2002 werden teilweise in eigenen Foren thematisiert.

Damit wird laut Informationstext: "Auf den verschiedenen Ebenen der Kultur, der Politik, des Sportes, der Religion, der Bundeswehr und in Großverbänden ... das Thema Tod neu visualisiert, aufgeworfen, aufgegriffen und in Szene gesetzt."

Das ausführliche Programm der Tagung ist im Internet unter der Seite der Zeitschrift Naturstein veröffentlicht

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Die Trauernde - Weibliche Grabplastik und bürgerliche Trauer um 1900

Titelseite des neuen Buches von Anna Götz
Als in den frühen 1980er Jahren die Grabmale des Ohlsdorfer Friedhofs im Rahmen eines groß angelegten Forschungsprojektes inventarisiert wurden, schwang die Hoffnung mit, dass spätere Generationen von Wissenschaftlern diese – damals grundlegende –„Kärrnerarbeit“ einmal für ihre Forschungen würden nutzen können. Jetzt ist diese Hoffnung mit der in Buchform veröffentlichten Dissertation von Anna-Maria Goetz auf das Schönste erfüllt worden.

Die Sozial- und Wirtschaftshistorikerin hat sich speziell der weiblichen Trauerfigur auf den Friedhöfen des ausgehenden 19. Jahrhunderts angenommen. Aufbauend auf den Ergebnissen der damaligen Inventarisation und unter Hinzuziehung ähnlicher Skulpturen von einer Reihe hauptsächlich deutscher aber auch weiterer europäischer Friedhöfe hat sie die Grabmalplastiken auf ihren Sinngehalt und ihre zeitgenössische Bedeutung hin ausgelotet.

Ausgelotet ist dabei wohl das richtige Wort für den multiperspektivischen Ansatz der Autorin, die wissenschaftliche Werkzeuge aus unterschiedlichen Disziplinen heranzieht, dabei ganz neue Wege beschreitet und ein breites Panorama von Deutungsmustern und Decodierungen der in den Figuren „versteinerten“ Chiffren vor dem Leser auffächert. Ihre logisch aufgebaute Abfolge von Einzelperspektiven beginnt nach der Vorstellung der angewandten wissenschaftlichen Methoden mit der Untersuchung des räumlichen Aspektes, also mit den Orten, für welche die Figuren konzipiert wurden. Mit dem Mittel der Sequenzanalyse nähert sie sich den Plastiken auf elf ausgewählten Begräbnisplätzen – Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg; Cimetière du Père Lachaise in Paris; Wiener Zentralfriedhof; Südwestkirchhof Stahnsdorf bei Berlin; Alter Südfriedhof, Nordfriedhof, Ostfriedhof und Waldfriedhof in München; Städtischer Friedhof Sihlfeld in Zürich, Cimitero di Staglieno Genua; Städtischer Waldfriedhof Traunstein. Sie geht dabei sozusagen von außen nach innen vor und entwirft für jeden Friedhof ein Bild der Gesellschaft, die er repräsentiert. An Einzelbeispielen zeigt sie auf, wie Grabmale in dieses Bild einpasst worden sind. Dabei wird sowohl die Geschichte der jeweiligen Friedhofsentwicklung dargestellt, als auch herausgearbeitet, wie das wohlhabende Bürgertum seine Plastiken an ganz bestimmten Stellen der Friedhöfe so verortet hat, dass sie sich im Blickfeld der Besucher befanden, also einerseits gesehen und bewundert werden konnten, andererseits aber gleichzeitig eine gewisse soziale Distanz zu den Grabfeldern der breiten Masse hielten.

Darauf folgt eine im weitesten Sinne ikonologisch ausgerichtete kunsthistorische Untersuchung, die sich dem Inhalt und der Symbolik der Trauernden unter Berücksichtigung zeitgenössischer Quellen widmet. In einander überlappenden Sequenzen errichtet Götz dabei einen Spannungsbogen, der ausgehend von den männlichen Todesgenien des ausgehenden 18. Jahrhunderts die verschiedenen geflügelten Gestalten
Trauernder Engel auf dem Ohlsdorfer Friedhof (Foto Leisner)
auf Gräbern interpretiert, ihre Nähe zur Frau als Mutter und Mutter Natur aufzeigt, diese mit der Gestalt der trauernden Maria verbindet (Pietá) und die Entwicklung der beiden Trauerfiguren Mansuetudo (Sanftmut) und Temperantia (Mäßigung) an Antonio Canovas Papstgrabmal für Clemens XIV. zu eigenständigen Plastiken der bürgerlichen Friedhofskultur ins Blickfeld rückt. Dabei wird das Ergebnis nicht nur anhand des Textes, sondern auch anhand der – als „Daumenkino“ aufgereihten – Bilder am unteren Rand des jeweiligen Textes augenfällig. Götz prägt dafür den passenden Begriff der Amalgamierung, weil die Bildschöpfungen des 19. Jahrhunderts keine klaren und eindeutigen Bildtraditionen bedienen, sondern programmatisch mehrere Gestaltungselemente miteinander verschränken und überlagern. Damit kann Götz die Plastiken „als Resultate einer Selbstermächtigung“ interpretieren, die über Zeichen stattfindet, „welche ihrer eigentümlichen, standes- oder ideenspezifischen Privilegien enthoben wurden, um sie in den Dienst des Erinnerungskults rund um das bürgerlicher Individuum zu stellen“ (S. 204).

Der dritte Hauptteil weitet den Blickwinkel auf die sozialhistorischen Gegebenheiten aus und nimmt Auftraggeber und Hinterbliebene ebenso ins Visier, wie die zeitgenössischen Geschlechterverhältnisse und den historischen Wandel der christlichen Glaubensvorstellungen , welche nicht nur durch den Darwinismus erschüttert wurden. Über die breit angelegte Erläuterung der sozialhistorischen Hintergründe und die Darstellung der gesellschaftlichen Konventionen, und damit auch der historischen Bedingtheit des Empfindens und des Ausdruck der Trauer, kommt die Autorin schließlich zu dem Fazit, dass der Gestus der Trauernden als „Träger einer Stimmung“ die „zeitgenössische Gefühlswelt zwischen Gedenken, Trauer, Sinnsuche und Verunsicherung trafen“ und damit „sinnstiftend und tröstlich“ wirkten. Dabei scheint nach Götz ihr „gesenkter oder verschleierter Blick … ins Unbestimmte zu führen“ und die Haltung eine „vage, ungewisse Vorstellung vom Jenseits“ zu verkörpern. Diese zu „Pathosformeln“ erstarrte Trauerhaltung schließt sozusagen körperlich fühlbar – mit persönlich fallen dabei die gerade neu entdeckten Spiegelneuronen im Gehirn ein, die dafür sorgen, dass der Betrachter innerlich dieselbe Haltung einnimmt, wie die Person, die er sieht – die „emotionale Bindung zu den Verstorbenen“ ein und ihre „Bildverwandtschaften lassen sie nicht nur die Ehrerbietung gegenüber dem irdischen Lebenswerk bekunden, sondern ebenso bedeutungsvoll bedauern.“ 

Grabmal Rübcke, Ohlsdorfer Friedhof
(Foto Marianne Didier)
So kommt die Autorin zu dem Fazit, dass die Trauernde zwar kein Bild vom Jenseits verkörpert, aber „der Ungewissheit über Tod und Ewigkeit Ausdruck“ gab und damit ein „Bildvakuum“ füllte, in dem sich sowohl „die Angst vor der Endlichkeit angesichts der Bedeutung der historischen Gewordenheit als auch der Wandel von theozentrischen Erklärungsmodellen zum Sinn des Lebens und des Todes hin zu vielschichtigen anthropo-zentrischen bzw. diesseits-zentrischen Deutungsoptionen“. (S. 330)

Mit ihrer Untersuchung, die am Schluss das „Schlagbild“ der Trauernden bis in die Gegenwart verfolgt und darauf hinweist, dass ihre Beliebtheit nach einer Zeit der Ablehnung inzwischen wieder deutlich zunimmt, hat Anna-Maria Götz eine Forschungslücke geschlossen und einen großen Beitrag zum Verständnis der Trauerkultur des ausgehenden 19. Jahrhunderts geleistet, der zudem noch in einem treffsicheren Sprachduktus daherkommt. Ich persönlich habe dieses Werk mit großem Vergnügen und hohem Erkenntnisgewinn gelesen.

Diese Rezension habe ich gerade in der Zeitschrift "Friedhof und Denkmal" 4-2013 veröffentlicht.

Anna-Maria Götz. Die Trauernde - Weibliche Grabplastik und bürgerliche Trauer um 1900. 2013, 418 S. 350 farb. Abb., 24 x 17 cm, Gb. Preis: € 59.90 [D] | € 61.60 [A] ISBN 978-3-412-21028-1

Montag, 21. Oktober 2013

Altonaer Hauptfriedhof wird 90 Jahre alt


Am 1. November feiert der Altonaer Hauptfriedhof in Hamburg den 90. Jahrestag seiner Eröffnung.

Das Amt für Stadtgrün lädt aus diesem Anlass alle Interessierten zu einem historischen Spaziergang. Helga Magdalena Thienel, die seit Jahren zur Geschichte der Altonaer Friedhöfe forscht, wird dabei das Thema:

„'Tutenbergs Gräbergärten' – Friedhofsreformideen der 1920er Jahre und ihre Umsetzung am Beispiel des Altonaer Hauptfriedhofs" in den Mittelpunkt stellen.

Zeit & Ort: Freitag, der 01. November 2013, Beginn um 14.00 Uhr (Dauer etwa 2 Stunden)

Treffpunkt an der Friedhofskapelle in der Nähe des Haupteingangs. Die Teilnahme an der Führung ist kostenfrei!

Dienstag, 15. Oktober 2013

Fachsymposium: Das Gedächtnis einer Stadt pflegen – Denkmal historischer Friedhof

Am 31. Oktober findet in Osnabrück das 2. Fachsymposium statt, in dem das - vom DBU geförderten - Forschungsprojekt zur Erhaltung des Hase- und Johannisfriedhofs vorgestellt wird. (Über das Projekt wurde schon in diesem Blog berichtet.)
Ziel ist die schrittweise Umwandlung von historischen Friedhöfen in Parks mit Friedhofscharakter durch Denkmalpflege, Grünplanung und Naturschutz fachlich zu begleiten und eine langfristige Finanzierung zu sichern. Expertenvorträge und Workshops widmen sich Themen wie der Frage nach der Finanzierung der Anlagen ohne Gebühreneinnahmen; den möglichen Konflikten zwischen Denkmalschutz, Naturschutz und Freiraumplanung; der Nutzung von aufgelassenen Friedhöfen ohne, dass ihr Charakter verändert oder ihre Substanz gefährdet wird; der Entwicklung von erfolgreichen Projekte zur Umsetzung einer solchen Art der Erhaltung, z.B. durch die Gewinnung neuer Nutzergruppen unter Berücksichtung des "Kerngedankens der Kontemplation und der Stille". 

Damit ist die Veranstaltung für alle interessant, die sich mit dem Thema der Erhaltung  und Nutzung historischer Friedhöfe auseinandersetzen. 

Donnerstag, 10. Oktober 2013

"STERBEN, TOD UND TRAUER IM WANDEL" - Öffentliche Vorlesungsreihe in Hamburg

Grabengel auf dem Ohlsdorfer Friedhof (Foto Leisner)
Prof. Dr. Norbert Fischer vom Institut für Volkskunde/Kulturanthropologie und dem Historischen Seminar der Universität Hamburg hat zusammen Holger Wende, Ehrenamtlicher Sterbebegleiter, Hamburg (GBI) für das Winterhalbjahr an der Universität Hamburg eine öffentliche Vorlesungsreihe mit dem obigen Thema organisiert. Darin geht es auch um die Geschichte der bürgerlichen Trauerkultur und damit um historische Friedhöfe und ihre Erscheinungsformen.

Unter dem obigen Link kann man die Liste der Themen und der Vortragenden abrufen. Ich selbst werde am 11.11.2013 "Zur Geschichte der Parkfriedhöfe mit besonderer Hinsicht auf den Ohlsdorfer Friedhof" sprechen.

Die Vorträge finden vom 28.10.2013 bis zum 28.01.2014 montags jeweils von 18:00 bis 20:00 Uhr in der Hamburger Universität (Hörsaal J, Hauptgebäude, Edmund-Siemers-Allee 1) statt.

Dienstag, 8. Oktober 2013

125 Jahre Friedhof Westerveld bei Amsterdam


Der Friedhof Westerveld feiert dieses Jahr nicht nur sein 125jähriges Bestehen, sondern zugleich auch das 100jährige Jubiläum seines Krematoriums, das 1913 als erstes Krematorium der Niederlande errichtet wurde. Dazu ist ein Jubiläumsbuch, mit einer großen Zahl einzigartiger und noch nie publizierter Fotos erschienen, in dem es um die Geschichte, die erste Kremation in den Niederlanden, die Friedhofsarchitektur, bekannte Niederländer und den Friedhof als Location für Fernsehen und Film geht. Ich habe um ein Rezensionsexemplar gebeten und werde das Buch hier vorstellen, wenn ich es bekommen habe. Das Inhaltsverzeichnis des Buches ist im Übrigen ebenso wie eine Seitenvorschau schon im Internet einsehbar.  

Gleichzeitig ist auch eine Jubiläums-CD mit einer Auswahl der in den vergangenen 125 Jahren am häufigsten bei Trauerfeiern gespielten Musik erschienen. Musikstücke daraus wurden auf dem "Concerto in Memoriam" am 2. Juni 2013 vom international bekannten Westlands Mannenkoor unter der Leitung von Hans de Wit, den Talenten des Atheneum Kamerorkest (dem Kammerorchester des königlich niederländischen Konservatoriums) sowie den Solisten Lilian Farahani und Rutger de Vries aufgeführt.