Sonntag, 20. Dezember 2009

Patenschaftsgräber - jetzt auch auf dem Alten Friedhof in Gießen

Zwei Grabsteine von Joh.Baptist Scholl d.Ä.
auf dem Alten Friedhof in Gießen (Foto Dagmar Klein)


Jetzt hat auch die Stadtverordnetenversammlung Gießen beschlossen, dass zum Erhalt der historischen Grabmäler auf dem Alten Friedhof künftig Patenschaften - und zwar inklusive dem Nutzungsrecht für Urnenbestattung - erlaubt sein sollen.

Zwar ist der Alte Friedhof Gießen entwidmet. Doch war er seit langem eine Grünanlage mit Ausnahmeregelung für Bestattungen in Grabstätten mit fortbestehendem Nutzungsrecht. Diese Klausel der Ausnahmeregelung, die auch denkmalpflegerische Aspekte einbezog, wurde 1992 gestrichen; Nutzungsrechte sollten nicht mehr verlängert werden. Noch ist nicht ganz sicher, ob die neue Regelung nur eine Rückkehr zum Status vor 1992 bedeutet oder ob sich daraus weitere Schutzmöglichkeiten für die historische Grabmalkultur ergeben werden, denn die Einzelheiten stehen noch aus.

Der Magistrat soll bis Mitte 2010 eine Vorlage dazu erarbeiten. Der Antrag war von der SPD-Fraktion gestellt worden, die damit eine seit langem vertretene Forderung des Freundeskreis Alter Friedhof Gießen (Arbeitsgruppe im Oberhessischen Geschichtsverein Gießen e.V., www.ohg-giessen.de ) aufgegriffen hat. Der Magistrat, bestehend aus VertreterInnen von vier Parteien, verspricht sich einen Beitrag zur Sicherung der Pflege des Kulturdenkmals Alter Friedhof. Die SPD hatte in ihrem Antrag das vorbildliche bürgerschaftliche Engagement des Freundeskreises besonders gewürdigt.

Montag, 14. Dezember 2009

Kunstschätze auf dem Leipziger Friedhöfen

Das ist der Untertitel der - hier schon am 2. November vorab angekündigten - neuen Publikation über die Grabmalkultur in Leipzig. Der erste Band dieser als Reihe geplanten Publikation ist grafisch ansprechend aufgemacht und enthält großformatige Fotos aller vorgestellten Grabmale, von denen manche sogar mit mehreren Detailsfotos dem Betrachter nahe gebracht werden. In diesem ersten Band geht es nur um Werke von dem Leipziger Südfriedhof, von dessen sepulkralem Reichtum die stimmungsvollen Bilder einen guten Eindruck vermitteln. Insgesamt sieht der Autor eine Anzahl von ungefähr 1000 Grabmalen auf den Friedhöfen der Stadt als erhaltenswert an und plant ihre Publikation.

Zu den Abbildungen gesellen sich ausführliche Texte, die über den Zeitpunkt der Grabmalaufstellung, die Besteller und die ausführenden Künstlern informieren. In sie ist manch eine Anekdote eingewoben, so dass - auch für "Nicht-Leipziger" - die Vergangenheit der Stadt lebendig wird. Natürlich geht es bei den Familien, deren aufwändige Grabmalskulpturen und -aufbauten vorgestellt werden, immer um die sogenannten Oberen Zehntausend, denn nur sie konnten sich solche repräsentativen Grabmale leisten. So nimmt es nicht Wunder, das in diesem Band über solche Persönlichkeiten berichtet wird, wie den Maßstabfabrikanten Hermann Leistner - Vater des Künstlers Albrecht Leistner - oder den Kaufmann Richard Konze, der sich um die Unversehrtheit seines kostbaren neubarocken Grabaufbaus sorgte; den Buchhändler Julius Klinkhard, der mit einem vollplastischen Bronzeporträt vertreten ist; Albert Böhme, den Generaldirektor einer Schokoladenfabrik, oder Alma Freifrau von Stolzenberg, um nur einige wenige Namen und unter ihnen auch die einzige Frau zu nennen, die in diesem Band mit einem eigenen Grabmal Erwähnung gefunden hat.

Die ausgewählten Grabmale stammen dabei nicht nur aus der Blütezeit der Sepukralplastik um 1900, sondern reichen zeitlich bis in die 30er Jahre hinein. Zum Schluß werden, nach einer ausführlichen Selbstdarstellung des Autors noch die beiden Bildhauer Prof. Adolf Lehnert und Albrecht Leistner, die besonders viele Grabmale gestaltet haben, mit einem jeweils eigenem Beitrag gewürdigt. Ein letzter Artikel gilt der interessanten Geschichte der Friedhofsglocken: Die ursprünglichen vier Bronzeglocken mussten nämlich 1942 als Metallspende abgegeben werden; 1952 bekam der Friedhof zwei neue Stahlglocken, die aber 1961 aus politischen Gründen entfernt wurden. Im Jahr 1992 fand der Autor auf dem Friedhofsgelände eine Bronzeglocke auf, die inschriftlich 1702 zu datieren ist. Sie ist inzwischen dank seiner Initiative zur neuen Friedhofsglocke geworden.

Insgesamt hat der Autor mit dieser Broschüre den verdienstvollen, ersten Abschnitt eines ausführlichen Grabmalkatalogs der Leipziger Friedhofskultur vorgelegt. Sein Buch ergänzt den umfassenderen Führer über diesen Begräbnisplatz, den Katrin Löffler, Iris Schöpa und Heidrun Sprinz im Jahr 2000 veröffentlicht haben. Denn als Friedhofsführer ist die neue Publikation nicht zu verstehen, informiert sie doch weder über die Lage der einzelnen Grabmale noch verrät sie über die Friedhofsanlage mehr als das Datum der Einweihung. Für diese Informationen muss man auf die ältere Publikation zurückgreifen. Bei den geplanten Folgebänden der Reihe wäre eine Einführung in die jeweilige Friedhofsgeschichte und ein Lageplan zur Abrundung sicher wünschenswert.


Alfred E. Otto Paul, Die Kunst im Stillen. Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen. No. 1. Leipzig 2009, 95 Seiten, zahlr. farbige Abbildungen. Die Broschüre hat leider keine ISBN-Nummer bekommen undkann zur Zeit nicht über den Buchhandel bezogen werden, sondern nur über die Paul-Benndorf-Gesellschaft zu Leipzig unter info@paul-benndorf-gesellschaft.de
oder telefonisch unter 034297 –12305 zum Preis von ca. 9 Euro + Versandkosten.

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Greifswalder Friedhofskalender für 2010

Titelseite Fotokalender (Foto Anja Kretschmer)
Auch für das kommende Jahr hat der "Förderverein der Alte Friedhof Greifswald e.V." wieder einen Fotokalender über seinen Friedhof erstellt. Er enthält viele Informationen zu den einzelnen abgebildeten Gräbern sowie zur Friedhofsgeschichte. die besonders deswegen interessant ist, weil sich in ihr das Vorbild des Dessauer Gottesackers mit seiner Vier-Felder-Anlage wiederspiegelt. Außerdem werden den aktuellen Aufnahmen historische Fotos gegenüber gestellt.

Der gesamte Erlös soll diesmal in die Sanierung einer der ältesten Grabgruften Vorpommerns, die Gruft der Familie Haselberg, fließen. Sie ist immer noch das besondere Sorgenkind des Vereins, der braucht dringend finanzielle Eigenmittel benötigt, damit auch die Stadt und das Land Mecklenburg-Vorpommern diese äußerst wichtige Sanierung unterstützen. Auch überregionale Hilfe ist hier sehr willkommen!



Der Kalender ist über die email-Adresse: kretschmeranja@hotmail.com zu bestellen und koste 10,- Euro zzgl. Versand.

Sonntag, 6. Dezember 2009

Johan Thorn Prikker - Ein Mausoleum auf dem Düssseldorfer Nordfriedhof

Buchcover (Foto Leisner, mit fr. Genehmigung Grupello Verlag Düsseldorf)
Mit dieser schmalen Neuerscheinung aus dem Grupello-Verlag in Düsseldorf wird ein Bauwerk vorgestellt, das wahrscheinlich auf keinem anderen Friedhofs seinesgleichen findet: Das Mausoleum des Textilkaufmann Gustav Nahrhaft, das 1983 von Elke und Heinrich Riemenschneider in Patenschaft übernommen und sorgfältig restauriert wurde, ist ein Kleinod der Kunst der Zwanziger Jahre.

Sein zweigeschossiger Innenraum wurde von dem niederländischen Künstler Johann Thorm Prikker mit Malereien, Glasfenstern und Mosaiken ausgestaltet, durch die der Innenraum zu einem ungewöhnlichen Gesamtkunstwerk geworden ist.

Ihm sind die meisten der exzellenten Fotos von Walter Klein gewidmet, die den größten Teil des Buches ausmachen. Der Text von Melanie Florin gibt dazu kompetent und in gebotener Kürze einen Überblick über den Künslter und Lehrer an verschiedenen Kunsthochschulen Thorn Prikker und sein Gesamtwerk, über das Bauwerk und seine Ausstattung sowie über seine ehemaligen und seine heutigen Besitzer.

Das gebunde Buch mit seiner ansprechenden äußeren Aufmachung - auf der Vorderseite des Einbands ist die Front des Mausoleums, auf der Rückseite ein Mosaikausschnitt abgebildet - und seiner aufwendigen Gestaltung publiziert dieses besondere sepulkrale Gesamtkunstwerk in einer wunderbar angemessenen Form.


Info zum Buch: Johann Thorn Prikker. Ein Mausoleum auf dem Düsseldorfer Nordfriedhof. Mit Fotos von Walter Klein und einem Text von Melanie Florin. Grupello Verlag Düsseldorf. ISBN 978-3-89978-082-6   

Freitag, 4. Dezember 2009

Verfall und Restaurierung - das ehemalige Mausoleum Schröder (heute Kretschmer)

Mausoeleum Kretschmer, nachdem die Bäume gefällt wurden (Foto Leisner)
Das ehemalige Mausoleum der Bankiersfamilie Schröder auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg ist jahrzehntelang vernachlässigt worden. Die Friedhofsverwaltung hatte kaum Möglichkeiten zur Erhaltung, solange es sich noch in Besitz der Familie befand, die an ihrem Erbe keinerlei Interesse hatte.

In diesem Jahr aber ist die Ruhezeit abgelaufen und das Mausoleum - es gilt als der größte Bau seiner Art in Nordeuropa - fiel in das Eigentum der Verwaltung zurück. Die Hoffnung, dass jemand für diesen großen und maroden Bau die Patenschaft übernehmen würde, war äußerst gering.

Mausoleum Kretschmer
(Foto Peter Wachsmann)
Doch das Unglaubliche geschah: In dem Hamburger Investor Klausmartin Kretschmer fand sich ein Pate, der das historische Gebäude sanieren will und eine kulturelle Nutzung plant.

Mausoleum Kretschmer
(Foto Peter Wachsmann)
Inzwischen wurden die Bäume gefällt, die in langen Jahren auf den Zellengruften an der Außenmauer hochgewachsen waren. Die in diesen Gruften Bestatteten wurden pietätvoll in der Nähe des Mausoleum in der Erde wiederbeigesetzt. Danach konnte das Gebäude dem neuen Nutzer übergeben werden. Am Totensonntag lud er nun einen Kreis von Freunden und Interessierten zu einer ersten Besichtigung ein.

Mausoleum Kretschmer
(Foto Peter Wachsmann)
Noch muss viel getan werden: Die Mauern und Wände sind durch die lange Vernachlässigung feucht geworden; der Putz ist von der Eisenbetonkuppel gefallen und darunter rosten die Eisenträger; der feuchte Putz hat während seiner langen Liegezeit auf dem farbigen Marmorboden seine Spuren hinterlassen und die bunten Glasfenster sind wenigstens zur Hälfte zerstört. 


Zu erfahren war, dass in den nächsten Monaten (und Jahren?) als erstes die Wände mit einer besonderen Methode trocken gelegt werden sollen. Das heißt, dass es sicher noch einige Zeit dauern wird, bis das renovierte "Mausoleum Kretschmer" seiner Bestimmung als Ort für kulturelle Veranstaltungen in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten wird.

Freitag, 20. November 2009

Dresden - Restaurierung abgeschlossen

Die Initiative Innerer Neustädter Friedhof in Dresden hat ihr erstes großes Restaurierungsprojekt abgeschlossen und weist darauf auf ihrer Internetseite hin, die man hier aufrufen kann. Es handelt sich um das Epitaph des Kaiserlich-Russischen Staatsrats und Ritters Wassili von Armstrong, dessen großes Segelschiff jetzt wieder farbig erstrahlt.

Dienstag, 10. November 2009

Friedhofskultur ist Lebenskultur

Blaskapelle in Ohlsdorf (Foto Günter Lindemann)
Unter dem diesem Titel hat Helge Adolphsen, Haupt- pastor em. der Hamburger St. Micha- eliskirche, den Festvortrag zum 20. Jubiläum des Förderkreises Ohlsdorfer Friedhof e.V. gestellt.

Wie schon berichtet, war diese Feier in die Veranstaltungen zum Tag des Friedhofes in Ohlsdorf integriert.

(Foto Günter Lindemann)
Die Verwaltung hatte ein großes Aufgebot an Aktivitäten für die Besucher aufgebaut: Sie reichten von Kutschfahrten über eine Beerdigungskapelle, die New Orleans Jazz spielte, bis zum Hubkran, von dem man den Friedhof aus der "Perspektive der Engel" sehen konnte.

(Foto Günter Lindemann)
Da der Vortrag des Festredners grundsätzliche Gedanken zum Thema Friedhofskultur anspricht, danke ich Hauptpastor em. Helge Adolphsen sehr herzlich, dass er mir erlaubt hat, ihn hier zu veröffentlichen.


Die Bilder von dem Tag des Friedhofs und dem Jubiläum hat das langjährige Förderkreismitglied Günter Lindemann zur Verfügung gestellt

Helge Adolphsen

Friedhofskultur ist Lebenskultur

Festvortrag anlässlich 20 Jahre Förderkreis Ohlsdorf
Verein für Kultur und Denkmalpflege


Von Herzen gratuliere ich allen, die zum Förderkreis Ohlsdorf gehören: dem Vorstand, den Friedhofsführern und allen Mitgliedern. Was Sie tun, ist wichtig, es strahlt aus, es ist Kulturpflege. Am liebsten würde ich jetzt sofort mein Glas mit dem Wein „Ewig Leben“ erheben und Prosit zu Ihnen sagen – was ja übersetzt heißt: Es möge weiter vielen Menschen auch in den nächsten Jahren nützen, was Sie so engagiert tun. Aber erstens gibt es ein Glas dieses Weines später, in dem ja immer Lebensfreude ist – in der Bibel steht der wunderbare Satz: „Der Wein erfreut des Menschen Herz“ (also nicht nur die Sinne und den Magen!). Und zweitens will ich erst reden und dann mit Ihnen anstoßen.

Zwanzig Jahre arbeiten für den weltgrößten Parkfriedhof. Zwanzig Jahre Anteil nehmen an ihm und das landschaftliche und kulturelle Gesamtkunstwerk mitgestalten. Tun, was der Friedhof nicht kann. Und das mit großem ehrenamtlichem Einsatz, mit Freude und Kompetenz. Mit wissenschaftlichen Beiträgen, mit nicht zu zählenden Führungen. Mit der Restaurierung von kulturhistorisch bedeutsamen Grabmalen. Mit Exkursionen nach Berlin und Wien, wertvollen Beiträgen zur Kultur und Denkmalpflege. Kultur heißt Pflege, meint Pflege auch des denkwürdigen Erbes derer, die vor uns gelebt und uns sichtbare Zeugnisse ihres Lebens, ihres Denkens und ihrer inneren Auseinandersetzung mit Sterben und Tod, mit Trauer und einer langen Bestattungskultur hinterlassen haben. Was Sie getan haben und tun, ist nicht rückwärtsgewandt.
Es ist keine Form nostalgischer Traditionsverklärung. Das ist kein Hobby von Sonderlingen.

Der Verein hat vor einigen Jahren die Patenschaftsaktion für bedeutende Grabmale initiiert. Die Stadt hat das übernommen. Wir vom Hamburger Michel haben ein Grabmal von der Familie Döhner erhalten. Wir haben ganz in der Nähe von Kapelle 1 eine Gemeinschaftsgrabstätte eingerichtet. Das Motto lautet: „Im Leben, im Sterben und im Tod zusammenbleiben.“ 75 Michaeliten haben sich gefunden, ihr Grab gekauft, pflegen den Kontakt miteinander, sind zu jeder Beisetzung eingeladen. Ein Zeichen im Widerstand gegen die wachsende Anonymität in unserer Gesellschaft, gegen den kalten „einfachen Abtrag“, gegen die Veränderung von Sterben und Tod in guter christlicher Tradition.

Und das verdanken wir dem Förderkreis Ohlsdorf. Und dem Friedhof, mit dem der Verein so hervorragend zusammenarbeitet. So wirkt der Verein in der Öffentlichkeit. So erfolgreich nimmt er seinen Beitrag für die Bildungsarbeit und die Sepulkralkultur wahr.

Im Jahr 2006 hat der Förderkreis eine Auszeichnung für sein Wirken durch die bundesweite Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal erhalten. In der Urkunde steht als Begründung dafür: „für besondere Leistungen und Haltungen im Bereich der Sterbe-, Bestattungs-, Friedhofs- und Trauerkultur“.

So umfassend sehen Sie als Mitglieder ihren selbstgewählten Antrag. Vierfache Kultur: Sterbe-, Bestattungs-, Friedhofs- und Trauerkultur. Aber ein Auftrag und eine kulturelle Dimension fehlen. Die füge ich hinzu: die Erinnerungskultur. Ich betone:

Pastor Helge Adolphsen
(Foto Günter Lindemann)
1. Friedhofskultur als Lebenskultur ist Erinnerungskultur
Ich bin in Schleswig aufgewachsen. Unweit des Domes gibt es den Holm, eine alte Fischersiedlung. Im Rund um den Friedhof mit einer Kapelle eine Straße mit alten Häusern und „Klöndören“. Auf der Straße spielen Kinder Fußball. Wenn der Ball über den Zaun auf die Gräber des Friedhofs fällt, klettern die Buttjes rüber und holen ihn sich wieder. Findet eine Beisetzung statt, nehmen alle Holmer und Mitglieder der „Holmer Beliebung“ daran teil. Der Verkehr ruht. Wer nicht mehr gehen kann, schaut aus den „Klöndören“ und nimmt Anteil. Wenig später spielen die Kinder wieder Fußball. Tod und Bestattung – mittendrin. Das ist eine traditionelle städtebauliche Form der Erinnerungskultur: Sterben und Tod mitten im Leben. Nicht ausgegrenzt aus dem Alltag, der Tod nicht an die Ränder verdrängt. Sinnenfällige Lehre nach dem biblischen Satz aus Psalm 90: „Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden.“

Klug, sinnvoll, bewusstseins- und lebensfördernd ist es, nicht zu sagen „Lasst uns essen und trinken, arbeiten und viel Geld verdienen, konsumieren und vegetieren, morgen sind wir tot.“

Ich finde den Satz der Nonne Coretta hilfreich für ein bewusstes Leben im Blick auf die letzte Grenze des Lebens: „Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens.“ Darin steckt weder Todessehnsucht noch Weltflucht. So leben wir bewusst. So sind wir Realisten.

Max Frisch beschreibt diese realistische und kluge Sicht so: „Wir leben und sterben jeden Augenblick, beides zugleich… Und da wir nur leben, indem wir zugleich sterben, verbrauchen wir das Leben wie eine Sonne ihre Glut verbraucht.“

Wenn ich hier auf Ohlsdorf bin, dann denke ich oft: Die Toten hier, die mit bekannten Namen und die Unbekannten, sind nicht meine Toten. Ich kenne ihr Leben nicht. Aber sie können zu meinen Toten werden. Nicht erst, wenn auch ich auf der Gemeinschaftsgrabstätte St. Michaelis liege. Ich lerne z.B. an den Gräbern für die Widerstandskämpfer, was Menschen nie angetan werden sollte. Ich sehe Bilder des Schreckens, des Schmerzes und der Trauer vor mir. Ich sehe auch Bilder geglückten und erfüllten Lebens. Die Toten gehören zu mir. Heimat ist auch da, wo die Toten einen sichtbaren Platz haben. Und auch einen Platz in unseren Herzen. Es ist wichtig, ihr Geschick dem Vergessen zu entreißen. Die Erinnerung ist ein Akt des Erbarmens. Das Vergessen der Toten macht unsere Welt kalt und unwirtlich. Man lernt von ihnen, woher man kommt. Und Zukunft haben kann nur der, der eine Herkunft hat. Die Erinnerung macht den Tod der Menschen vor uns zu einem Erbe und zu einer Verpflichtung.

Friedhofskultur ist als Lebenskultur Erinnerungskultur

2. Friedhofskultur als Lebenskultur ist Besinnungskultur
Ich genieße es geradezu, wenn ich einen Trauerzug anführe und wir eine der vielen Straßen auf Ohlsdorf überqueren müssen. Autos bleiben stehen. Die Autofahrenden werden gezwungen, zu warten und - hoffentlich - den Motor abzustellen. Ich ahne, dass bei manchen Stress und Termindruck entsteht und wie der Adrenalinspiegel steigt. Schnelligkeit wird heute zur Schnelllebigkeit. Zeit zur Ware. Viele sind dauernd auf der Überholspur, atemlos, gehetzt und als Dauerläufer.Der Tod gebietet, zu schweigen, den Lärm abzuschalten, Oasen der Ruhe und der Stille zu entdecken. Manche brauchen den Zwang dazu, brauchen Entschleunigung und Besinnung.

Den Autofahrenden möchte ich dann einen Text von Jewgeni Jewtuschenko über den Zeitnotstand in die Hand geben:
„In Zeitnot geraten wie in ein Netz ist der Mensch.
Atemlos hetzt er durch sein Leben und wischt sich den Schweiß.
Ein Fluch des Jahrhunderts ist diese Eile.
Es wird ganz eilig gezecht und ganz eilig geliebt,
ganz tief sinkt die Seele dabei.
Man mordet ganz eilig, vernichtet ganz eilig.
Ganz eilig sind später Reue und Buße vorbei.
Halt an, bleib’ doch stehen,
der du wie auf fallendem Laub über Gesichter stampfst
und sie nicht ansiehst.
Halt an, bleib’ doch stehen;
(Foto Günter Lindemann)
du hast Gott vergessen und schreitest über dich selbst hinweg.“

Friedhofskultur als Lebenskultur ist Besinnungskultur

3. Friedhofskultur als Lebenskultur ist Kultur des Respekts

Ich war früher als Dozent im Hamburger Predigerseminar Jahr für Jahr mit 12 Vikaren im Rahmen ihrer Ausbildung auf Ohlsdorf. Die schweigende Anwesenheit bei Trauerfeiern mit Geistlichen und mit Rednern, Gespräche mit dem Friedhofspastor – so etwas gibt es nur auf Ohlsdorf…! -, Besichtigung der Verbrennungsöfen und Gespräche mit Mitarbeitern des Friedhofs gehörten zum Tagesprogramm. Aus dem Mund eines langjährigen Mitarbeiters sprudelte es nur so heraus: „Da kam neulich doch ein junger Mann zu mir und fragte: "Wann entsorgen Sie denn nun endlich meinen Alten?"

Jeder Mensch ist ein Original, keine Kopie, keine Nummer und kein Fall. Nicht nur die Würde der Lebenden ist unantastbar, auch die jedes Toten.

In meiner Sprache: Jeder Mensch ist ein einmaliger Liebesgedanke Gottes aus Fleisch und Blut. Und jeder Tote fällt nie aus der Liebe Gottes heraus. Und darf darum nicht aus der Liebe der Menschen herausfallen. Ein respekt- und würdeloser Umgang mit Toten ist Zeichen einer Unkultur.

Es gibt in Hamburg ein historisches Beispiel für eine solche Unkultur:Die Nazis ließen einen großen Teil der Dammtorfriedhöfe mit den unwiederbringlichen Grabmalen, den Zeichen einer Gedenk- und Erinnerungskultur, einebnen. Sie gestalteten dann den Friedhof zum Aufmarschplatz für militärische Propagandademonstrationen. Und dann wehten dort Hakenkreuzfahnen, wo früher Gräber und Grabsteine waren. Marschlieder gegen Trauerlieder, Trost- und Mutmachgesänge. Kaum zu glauben heute, diese Grabschändung, dieses Kulturbanausentum! Und das im Namen des angeblich unsterblichen großen Führers. Und schon mit der Absicht, vielen Menschen und Völkern millionenfach Tod zu bringen.

Zwei Gegenbeispiele:
Frau Susanne Schniering hatte eine Totgeburt. Sie hatte es abgelehnt, das tote Kind zu sehen. Damit wurde sie nicht fertig. Sie beschloss, einen Gedenkplatz für totgeborene Kinder auf Ohlsdorf zu schaffen. Mit einem Kunstwerk als Grabmal. Jährlich finden im September Gedenkstunden dort statt. Ich habe vor zehn Jahren ihren Plan unterstützt.

Am 2. Juli dieses Jahres wurde hier im Garten der Frauen der Grabstein für Domenica Niehoff enthüllt. Ich kannte sie: Nicht von der Herbertstraße, sondern als Streetworkerin und Betreuerin für drogenabhängige Mädchen auf dem Straßenstrich. Im NDR habe ich mit ihr eine Woche lang täglich eine Sendung mit ihren liebsten biblischen Geschichten gemacht. Eine schillernde Persönlichkeit und eine umstrittene Frau. Aber eine mit Herz.

Der Grabstein zeigt das Portrait, Vor- und Nachnamen, Geburts- und Todesdatum. Auf der Oberfläche liegt ein aus Stein geformtes Akanthusblatt – ein altes Symbol dafür, dass eine schwere Arbeit geleistet wurde. Nachzulesen in der Zeitschrift des Förderkreises aus diesem Jahr mit dem Thema „Friedhofsführer“. Die Gestaltung dieses Grabsteins hat der Künstler und Steinmetz Bert Ulrich Beppler übernommen. Er ist auch Mitglied des Förderkreises. Dazu hat er noch den Stein gestiftet.

Das sind zwei von vielen Beispielen für einen respektvollen Umgang mit der Gedenk- und Erinnerungskultur. Und ein Beleg für die stilsichere Arbeit des Künstlers und des Vereins für Kultur- und Denkmalpflege.

So wird der Tod nicht unsichtbar. So werden unsere Toten nicht einfach entsorgt. So fallen sie nicht dem Vergessen anheim. So bleiben sie gegenwärtig.Anders ist es bei Kreuzfahrtschiffen. Angesichts des Durchschnittsalters der Passagiere bringt man vor dem Ablegen Särge vorsichtshalber nachts an Bord, möglichst unauffällig.

Die Zahl der anonymen Bestattungen steigt. In Berlin wird fast jeder Zweite anonym beigesetzt, doppelt so viel wie vor fünfzehn Jahren. In westdeutschen Großstädten 60 – 70 %. Beisetzungen in Friedwäldern werden immer beliebter. Die traditionelle Friedhofskultur wird erweitert um vielfältige neue Formen.

Ich habe immer dafür plädiert, die Toten lesbar und sichtbar zu halten. Ihre Namen sind wichtig für die Kultur des Gedenkens. Wir sind nicht namenlose und gleich-gültige Wesen. Wir sind, weil wir im Leben, im Sterben und im Tod nicht vergessen sind. Wir sind, weil jemand uns ansieht, uns bemerkt und nicht übersieht. Wir sind, weil jemand sich an uns erinnert. Im Leben und im Tod.

In der Bibel findet sich ein schönes Bild. Nach ihm sind unsere Namen eingeschrieben in das Buch des Lebens. Unsere Toten sind und bleiben so im Gedächtnis Gottes, aufgeschrieben im Buch des Lebens.

Für mich sind darum alle Grabsteine auf diesem großen Friedhof Ohlsdorf mit ihren Namen und Lebensdaten Hinweise auf das Buch des Lebens. Ohlsdorf ist kein Ort der Toten, sondern des Lebens. Der weltgrößte Parkfriedhof liest sich wie ein Buch des Lebens. Friedhofskultur als Lebenskultur ist eine Kultur des Respekts.

Darum sage ich zum Schluss:
Was der Förderkreis Ohlsdorf mit seinen Bemühungen im Bereich der Sterbe-, Bestattungs-, Friedhofs-, Trauer- und Erinnerungskultur leistet, ist Kulturarbeit. Sie dient dem Leben. Denn nach wie vor gilt der Satz:

„Sage mir, wie du mit den Toten umgehst. Und ich sage dir, wie du mit den Lebenden umgehst.“

Montag, 2. November 2009

Die Kunst im Stillen – Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen

Buchcover (Foto Leisner, mit fr. Genehmigung von Alfred
E.Otto Paul)
Diese Presse-Information erhielt ich gerade; ein ausführlicherer Bericht folgt, wenn das Buch erschienen ist:

Am 21. November 2009 kommt die erste Folge der Schriftenreihe „Die Kunst im Stillen“ als erste Ausgabe eines Kompendiums der Kunstschätze auf Leipziger Friedhöfen heraus.

Autor ist der Leipziger Sepulkralforscher Alfred E.Otto Paul, der sich seit über zwei Jahrzehnten der Kunst – und Kulturgeschichte der Leipziger Friedhöfe widmet und vor einem Jahr die Paul-Benndorf-Gesellschaft zur Erhaltung und Pflege historischer Friedhofsanlagen in Leipzig gegründet hat.

In dieser ersten Nummer werden auf 92 Seiten fünfundzwanzig Meisterwerke der Grabmalkunst des Leipziger Südfriedhofes vorgestellt. Damit wird zugleich an die bedeutenden Leipziger Familien erinnert, die Auftraggeber dieser künstlerisch herausragenden Grabmäler waren und die Umstände ihrer Entstehung beleuchtet.

Die Gestaltung und Gesamtherstellung der „ Kunst im Stillen “ stammt von der Leipziger Verlagsagentur „Texturama“. Verkauft wird die erste Ausgabe (Preis ca. 9 Euro) ab dem 21. November 2009 auf den bedeutenden Leipziger Friedhöfen. Bestellungen von eigenhändig vom Autor signierten Exemplaren können ab sofort über die Paul-Benndorf-Gesellschaft zu Leipzig unter info@paul-benndorf-gesellschaft.de oder telefonisch unter 034297 –12305 aufgegeben werden.

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Himmlische Herbstgedanken und ein neues Faltblatt in Gießen

Auf dem Alten Friedhof in Gießen haben am 3. Oktober drei Künstlerinnen zusammen mit einer Historikerin zu einer ersten Benefizveranstaltung unter dem Titel "Herbstgedanken" eingeladen.

Nach einer Führung zu beschädigten Skulpturen und traf man sich in der Alten Kapelle, wo drei Engel in menschlicher Gestalt die Besucher in die Welt der Engel entführten und Lieder und Gedichte zu den Themen Liebe, Tod und Vergängliochkeit vortrugen. Eeingebettet war diese Performance in eine audiovisuelle Darstellung mit begleitender Klaviermusik.

Der Freundeskreis des Friedhofs hatte dazu zusammen mit dem Gartenamt und der unteren Denkmalbehörde eingeladen. Der Eintritt war frei, aber natürlich wurde um Spenden zur Erhaltung der Grabmale gebeten.

Zusammen mit dem Gartenamt hat der Freundeskreis auch ein neues Faltblatt über den Friedhof herausgegeben, den man sich hier von der Internetseite des Freundeskreises herunterladen kann.

Freitag, 2. Oktober 2009

Erinnerungsstelen in Bad Nauheim

Auf Initiative des Fördervereins Alter Friedhof/Historischer Bürgerpark ist in diesem Sommer der Alte Friedhof in Bad Nauheim zu einer Gedenkanlage umgestaltet worden. Damit kommt der Förderverein einer schon vor 40 Jahren erhobenen Forderung nach, die Erinnerung an jene Menschen zu bewahren, die für die Entwicklung Nauheims vom Söderdorf (Dorf der Salzsieder) zum Weltbad gesorgt haben und zwischen 1802 und 1902 auf dem ehemaligen Friedhof beerdigt worden sind. Denn die meisten Grabmale des ehemaligen Kirchhofs sind schon lange abgeräumt und nur noch sieben historische Grabsteine überhaupt vor Ort erhalten.

Das Gelände selbst wurde und wird teilweise immer noch im Zusammenhang mit der „Kerb“, der Bad Nauheimer Kirmes, genutzt.

Jetzt hat der Förderverein Gedenkstelen errichtet, mit denen eine Reihe von historischen Persönlichkeiten erinnert wird, und die Stadt hat im Gegenzug die gärtnerische Neugestaltung der Anlage übernommen. Am 3. September der Friedhof der Öffentlichkeit übergeben.
Die Feier der Übergabe ist in drei Videos auf youtube festgehalten:
Teil 1
Teil 2
Teil 3

Samstag, 5. September 2009

Diebstahl und Kunstausstellung auf dem Alten St. Mattähus-Kirchhof in Berlin

Ich lese gerade jetzt erst bei Efeu e.V., dass vom Alten St. Matthäusfriedhof in Berlin am 5.5.2009 die Plastik "Der Faun" von der Grabstätte Scherer gestohlen wurde!
Wer Hinweise geben kann oder die Figur evtl. angeboten bekommt: Bitte melden bei EFEU e.V., Großgörschenstraße 12-14, 10829 Berlin Schöneberg oder Kirchhofsverwaltung, Kolonnenstr. 24-25, 10 829 Berlin, kirchhoefe@zwoelf-apostel-berlin.de, Tel.: 030 / 781 1850, Mo-Fr 8-14 Uhr

Dabei wollte ich eigentlich auf die Ausstellung "Kunstraum Mausoleum" hinweisen, für die sechs denkmalgeschützte Gründerzeit-Mausoleen und die 100 Jahre alte Friedhofskapelle den Schauplatz bilden. Zu sehen sind Arbeiten von acht zeitgenössischen Künstlern, die sich auf ganz unterschiedliche Art und Weisen mit Erinnerungskultur, Trauer und Tod beschäftigten. Die Ausstellung wurde schon am 2. August eröffnet, aber sie läuft noch bis zum 20.9.2009, demTag des Friedhofs. Ihr Abschluss wird dann mit einer Finissage gefeiert. An den Wochenenden gibt es geführte Besichtigungen. Näheres findet sich auf der Website von Efeu e.V. (siehe die Links auf der rechten Seite)

Freitag, 4. September 2009

Friedhofsführer

Cover des ersten
Friedhofsführers (Foto Leisner)
Zum Jubiläum des Ohlsdorfer Förderkreises haben die Mitglieder und die Abonennten der Ohlsdorf-Zeitschrift gerade ein ganz besonderes Geschenk erhalten:

Der Förderkreis hat den ersten Friedhofsführer von 1897 als Faksimilie nachdrucken lassen und zusammen mit der neuen Ausgabe seiner Zeitschrift verschickt. Diesen Führer (links im Bild) hat der erste Friedhofsdirektor Wilhelm Cordes anläßlich der internationalen Gartenbauaustellung in Hamburg im Jahr 1897 herausgegeben.
Der Südteich (Foto im ersten Friedhofsführer)
Zwar sieht das Heft auf den ersten Blick eher unscheinbar aus, doch ist es ein kostbarer Zeuge der Hamburger Friedhofs-geschichte: Der erste Friedhofsdirektor hat in dieser Publikation seine Ideen für die Friedhofsanlage allgemeinverständlich beschrieben und mit einer Reihe von Fotografien den damaligen Zustand des Friedhofes und seiner speziellen Anlagen illustriert. Im Bild ist hier der Südteich mit seiner niedrig bewachsenen Insel und der noch heute vorhandenen schmiedeeisernen Brücke zu sehen.
Cover der Ohlsdorfzeitschrift

Passend dazu hat die Redaktion der Ohlsdorf-Zeitschrift das Thema "Friedhofsführer" in den Mittelpunkt gestellt und berichtet sowohl über die "Geschichte der Ohlsdorfer Friedhofsführungen", wie über seine umfangreiche Sammlung von publizierten Führern und anderen Büchern über den Ohlsdorfer Friedhof wie in verschiedenen Beiträgen auch über das Handwerk der Führungen und eine unvergessliche Führung in Berlin. Natürlich sind auch die Rubriken "Aktuelles", "Kultur und Geschichte", "Neue Bücher" und "Aus dem Verein" wieder gut gefüllt. Besonder interessant ist dabei der Beitrag von Christine Behrens über den "Tod in Venedig" (und damit sind natürlich die Bestattungsplätze der Stadt gemeint!).

Wie immer kann man alle Artikel der Zeitschrift im Netz unter http://www.fof-ohlsdorf.de/zeitschriftindex.php nachlesen.

Wer allerdings das Faksimilie des Friedhofsführers gern selbst besitzen möchte, sollte ihn rasch beim Förderkreis bestellen. Für Außenstehende kostet er 5 Euro + Versandkosten.

Die Adresse ist: Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V., Fuhlsbüttler Strasse 756, 22337 Hamburg Telefon: 040 / 50 05 33 87 | E-Mail: info@fof-ohlsdorf.de

Samstag, 1. August 2009

Neu aufgelegt: Führer über den Melatenfriedhof in Köln

Cover Friedhofsführer (Foto Leisner, mit fr.
Genehmigung J.P.Bachem Verlag)
Friedhofsfreunde, die Köln besuchen, werden wahrscheinlich kaum "Melaten", den wichtigsten historichen Friedhof der Stadt, auslassen. Gut beraten sind sie, wenn sie sich dafür den schmalen aber gehaltvollen Führer von Ilona Priebe aus dem J.P.Bachem Verlag anschaffen.

Er enthält drei umfangreiche Führungen: zu den Prominenten und ihren Grabstätten, zu Musikern, Malern und Mäzenen und zu Grabstätten von Frauen und solchen Grabmalen, auf denen Frauen dargestellt sind. Dazu wird in einem vorangestellten Text die Geschichte des Friedhofes erzählt.

Gerade ist eine überarbeitete Neuauflage erschienen, die auch die jüngsten Grabstätten mit einbezieht. Mit 6,00 Euro ist die reich und farbig bebilderte Broschüre eine preiswerte Möglichkeit sich einen ersten Eindruck von der Kölner Geschichte und ihren deutschlandweit bekannten Persönlichkeiten zu verschaffen: zum Beispiel von Schwester Anna Maria Clementine Martin - jener Nonne, die das Produkt "Klosterfrau Melissengeist" auf den Markt brachte, oder dem ItalienerJohann Maira Farina, der das Eau de Cologne erfand.

125 Jahre Nordfriedhof Düsseldorf

Der Düsseldorfer Nordfriedhof ist in diesem Jahr 125 Jahre alt geworden. Die Friedhofsverwaltung hat aus diesem Anlaß neue Informationstafeln aufgestellt. Die Anlage steht unter Garten-Denkmalschutz, ein Parkpflegewerk wurde erarbeitet und inzwischen wird nach seinen Vorgaben die historische Substanz erhalten und in Teilen auch reaktiviert.

Das Jubiläums bildete auch den Anlaß den Friedhof in diesem Jahr zum Veranstaltungsort für den bundesweiten "Tag des Friedhofes" auszuwählen. Die Besucher ein informatives Programm, das am 12. September um 11 Uhr
mit der Übergabe einer Mustergrabausstellung beginnt. Es folgen in buntem Wechsel verschiedenene Friedhofsführungen, Musik- und Informationsveranstaltungen. Am Sonntag, den 13. September, endet das Programm um 17 Uhr mit einer ökumenischen Andacht zum Gedenken an die Verstorbenen, deren Gräber niemand besucht.

Wer mehr über das Programm und den Friedhof erfahren will, kann die Seiten des Stadtgrüns der Stadt Düsseldorf besuchen: Friedhofsgeschichte; Programm zum Tag des Friedhofs

Donnerstag, 30. Juli 2009

Grabkultur in Deutschland

Für den Frühling angekündigt und jetzt erschienen:
Das neue Buch des Reimer Verlages

"Grabkultur in Deutschland"
herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal in Kassel liegt frisch aus der Druckerpresse auf meinem Schreibtisch.

Da ich darin mit drei eigenen Beiträgen vertreten bin, will ich hier keine Rezension schreiben. Aber natürlich möchte ich das Buch allen Friedhofsfreunden wärmstens ans Herz legen. Ich halte es für das aktuellste und umfassendste Standardwerk zur Grabmalgeschichte der Neuzeit, das zur Zeit auf dem Markt ist. Das Inhaltsverzeichnis und die Autorennamen können hier für sich sprechen:

Inhalt
Vorwort
Zu diesem Buch

Zur Grabmalgeschichte
Reiner Sörries: Zu den Anfängen und zur Geschichte des gekennzeichneten Grabes auf dem Friedhof
Sascha Winter: Grabmalkultur und Gartenkunst um 1800
Sylvina Zander:
Das figürliche Grabmal vom Barock bis zum II. Weltkrieg
Barbara Leisner: Grabmalformen im 19. Jahrhundert
Grabmal Ree, Ohlsdorfer Friedhof Hamburg (Foto Leisner)


Gerold Eppler:
Die Auswirkungen der Industrialisierung auf die Grabmalkultur
Norbert Fischer:
Aschengrabmäler und Aschenanlagen der modernen Feuerbestattung im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert
Helmut Schoenfeld:
Reformgrabmale des frühen 20. Jahrhunderts
Barbara Happe:
Die Typisierung der Grabmäler im Zuge der Reformbewegung
Barbara Happe: Grabmalgestaltung in der DDR – Der erzwungene Abschied vom persönlichen Grabmal Barbara Happe: Vom zeichenlosen Rasenfeld zur zeichenhaften Gemeinschaftsanlage

Themen

Reiner Sörries
: Inschriften und Symbole auf Grabzeichen
Barbara Leisner: Das Gemeinschaftsgrabmal

Grabstätte für die Primusopfer auf dem Ohlsdorfer Friedhof in
Hamburg, historische Postkarte (Foto Leisner)

Helmut Schoenfeld:Grabzeichen für Soldaten
Kinderkopf mit Totenkrone, Detail von dem Grabmal des kleinen Gustav Matthiesen
in der Kirche Bruch-Aschwarden bei Bremen (Foto Leisner)
Stephan Hadraschek:: Politische Grabzeichen
Barbara Leisner:
Grabmale für Kinder


Dagmar Kuhle:
Gedenkzeichen auf Gräberfeldern und auf Gedenkstätten für totgeborene, nicht der Bestattungspflicht unterliegende Kinder
Norbert Fischer/Helmut Schoenfeld:
Regionale Grabmalkultur am Beispiel der Nordseeküste Gerhard Seib: Vorlagen für Grabmale – Muster- und Vorlagenbücher seit dem frühen 19. Jahrhundert
Gerhard Seib: Grabmale aus Holz und Metall - Materialikonografie und Materialikonologie

Schlussbetrachtung

Norbert Fischer
: Glasgrabmal – Urnenpyramide – Baumbestattung/Über neue Grabstättenkultur zu Beginn des 21. Jahrhunderts

Anhang

Ausgewählte Literatur

Das Autorenteam

Ortsregister


Das neue Buch hat 421 Seiten und kostet 39,00 Euro. Es ist reich illustriert, allerdings sind die Fotos nur in schwarz-weiß abgedruckt und meist klein gehalten ( :-( ).

Dienstag, 28. Juli 2009

Zwanzig Jahre Förderkreis Ohlsdorf

Am 29. August jährt sich zum zwanzigsten Mal jener Tag, an dem eine Handvoll Ohlsdorf-Enthusiasten einen Verein gründete, der die "Erhaltung und Pflege historischer Friedhofsanlagen mit ihren Grabmalen in Hamburg fördern und unterstützen sollte", wie es in seiner Satzung noch heute heißt.

Der Satzungstext schließt dabei "sowohl die Park- und Gartenanlagen, als auch die Werke der Grabmalkunst und solche Grabmale ein, die beispielhaft das Schaffen der Bildhauer und Steinmetze der Vergangenheit widerspiegeln. Gemäß seiner Bedeutung für die Geschichte Hamburgs soll das Hauptaugenmerk auf der Erhaltung des Gesamtkunstwerkes Hauptfriedhof Ohlsdorf liegen."

Außerdem setzte sich der Verein zum Ziel "im Rahmen dieser Aufgabe der Verdrängung des Todes aus dem Bewußtsein der Bewohner der Hansestadt" entgegen zu wirken und auf die "Geschichte der Hamburger Sepulkralkultur aufmerksam" zu machen.

In den zwanzig Jahren seines Bestehens hat unser Verein auf vielfältige Weise versucht diese selbstgestellten Ziele zu verwirklichen: Friedhofsführungen, Ausstellungen, Grabmalrestaurierungen und die Mitarbeit bei der Vermittlung von Grabmalpatenschaften,

Grabmal Lehmkuhl (Foto Leisner)

sowie Publikationen und auch Veranstaltungen wie Lesungen und Konzerte haben den Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V. zu einer feststehenden Größe im kulturellen Leben der Hansestadt Hamburg gemacht.

Feiern werden die Vereinsmitglieder und ihre Freunde das Jubiläum im Rahmen des Tages des Friedhofes am Sonntag, 20. September 2009 in einem Zelt am Friedhofseingang. Dort hält um 13.00 Uhr der in Hamburg bekannte ehemalige Hauptpastor von St. Michaelis, Helge Adolphsen, den Festvortrag zu dem Thema "Friedhofskultur ist Lebenskultur".

Auch das Friedhofsmuseum wird geöffnet sein und passend zum Thema der aktuellen Ausgabe von "Ohlsdorf - Zeitschrift für Trauerkultur" alte und neue Friedhofsführer vorstellen.

Samstag, 11. Juli 2009

Ein Fliegergrab in Böblingen

Gräber erzählen Geschichten und Geschichte. Dafür ist diese gemeinschaftliche Grabstätte auf dem Friedhof in Stuttgarts Vorort Böblingen ein gutes Beispiel: Auf ihr steht ein Pfeiler mit einen plastischen Adler und den Worten "stirb und werde". Daneben liegen vier schlichte Grabplatten, die alle dasselbe Todesdatum tragen, den 18. September 1930.

Fliegergrab in Böblingen (Foto Reinhard Knoblich) 
An diesem Tag war ein großer Flugtag auf dem Flugplatz in Böblingen geplant, auf dem erstmals luftakrobatische Darbietungen gezeigt werden sollten. Der damals bekannte Flugkünstler Fritz Schindler aus Freiburg/Brsg. wollte in etwa 300 bis 400 Meter Höhe von einem Flugzeug zum anderen übersteigen. Die beiden dazu nötigen Maschinen befanden sich schon eine halbe Stunde in der Luft und hatten mehrfach versuchtin die geeignetste Lage zueinander zu kommen. Es schien alles gut zu gehen. Der Luftakrobat Schindler hatte die von oben herabkommende Leiter schon bestiegen. Da stürzten die beiden Maschinen ab. Alle vier Insassen waren sofort tot. Sie wurden in Böblingen beerdigt und der Württembergische Luftfahrtverband ließ das oben beschriebene Denkmal aufstellen, dessen Adler als Symbol für die damals neue Fliegerei steht.

Jetzt hat ein rühriger Böblinger Bürger einen Film aufgefunden, der von dem Unglück gedreht wurde. In seinem Blog kann man die ganze Geschichte ausführlich nachlesen und dazu die historischen Fotos ansehen. Den Film wird er am 20. Juli 2009 in Böblingen in einem öffentlichen Vortrag zeigen.

Er und seine Freunde haben sich auch darum gekümmert, dass die Grabstätte in diesem Sommer vom Friedhofsamt renoviert wird. Grabsteine und Denkmal wurden schon sandgestrahlt; die Inschriften müßten noch nachbearbeitet werden und eine neue Bepflanzung ist vorgesehen.

Der Link dazu: Fliegergrabstätte Böblingen

Samstag, 4. Juli 2009

Seminar für Friedhofsführer/innen

Friedhofsführung in Verden an der Aller (Foto Leisner)
Die AFD (Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V.) in Kassel lädt Friedhofsfreunde ein zu einem Tagesseminar für alle die Menschen, die auf Friedhöfen Führungen anbieten. Im Wechsel von Impulsreferat, gemeinsamer Besichtigung des Kasseler Museums für Sepulkralkultur und des Kasslerer Hauptfriedhofes sollen Anregungen gegeben werden die eigene Führung noch interessanter und lebendiger zu gestalten.

Seminardaten: Samstag 19. September 2009, 10:00 bis 17:30 im Museum für Sepulkralkultur in Kassel. Kostenbeitrag 40 Euro für Mitglieder der AFD, 60 Euro für Nichtmitglieder. Weitere Infos und Anmeldung bei Dagmar Kuhle, E-Mail: kuhle@sepulkralmuseum.de.

Donnerstag, 25. Juni 2009

Besuch auf dem neuen Domherrenkirchhof in Hamburg

Der neue Domherrenfriedhof (Foto Leisner) 
Die Aktiven des Förderkreises Ohlsdorfer Friedhof e.V. waren im Juni zu einem ungewöhnlichen Besuch eingeladen: Sie haben zur Abwechslung einmal einen ganz neu eingerichteten Begräbnisplatz besichtigt, dessen gartenarchitektonische Gestaltung der Garten- und Landschaftsarchitekt Horst Lange - ein langjähriges Vereinsmitglied - entwickelt hat.


Es handelt sich dabei um den Domherrenfriedhof auf der Nordseite des St. Mariendomes in Hamburg, der Kathedralkirche des katholischen Erzbistums Hamburg. Die interessierten und natürlich in Sachen Friedhof auch fachkundigen Besucher wurden von dem Dompfarrer Georg von Oppenkowski persönlich durch die frisch renovierte Kirche geführt und besichtigten neben dem neuen Friedhof, der für sechszehn Grabstellen angelegt ist, auch die weitgehend unbekannte Krypta, die über Schlitze am Rand einer künstlerisch ausgestalteten Steinplatte mit dem darüber liegenden Altarraum verbunden ist.

Samstag, 30. Mai 2009

100 Jahre Südwestkirchof in Stahnsdorf - Berlin

Dieses Jahr feiert der Südwestkirchhof in Stahnsdorf sein hundertjähriges Bestehen. Schon im März gab es dazu eine Festgottesdienst und im Anschluss wurde eine Ausstellung zu Geschichte und Gegenwart des zweitgrößten Friedhofes der Bundesrepublik in der kleinen Trauerhalle auf dem Gelände eröffnet.

Aber das Jubiläumsjahr ist noch nicht zu Ende. Bis zum Dezember stehen noch zahlreiche Konzerte und Führungen auf dem Festprogramm. Auch weitere Ausstellungen sind zu sehen. So wird heute am Pfingstsonnabend das Künstlerprojekt „100 Jahre – 100 Tage“ eröffnet und schon seit dem 17. Mai sind Fotos des Südwestkirchhofes von Siegmar Brüggenthies unter dem Titel „Der Welt abhanden gekommen“ ausgestellt.

Das vollständige Jubiläumsprogramm ist hier zu finden.

Auch ein neues Buch ist dazu erschienen. Unter dem Titel "Ruheplatz im Grünen" werden - herausgegeben vonThomas Marin - Pflanzenwelt und Gartengestaltung und Naturforscher auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf vorgestellt. Das Buch ist in der Verwaltung oder in der Gärtnerei am Haupteingang erhältlich.

Außerdem ist am Freitag, 16. Oktober 2009 ab 10.00 Uhr ein Symposium zur Friedhofs- und Bestattungskultur in Berlin, Deutschland und Europa mit dem Titel: „Tod in der Großstadt“ geplant.

Mittwoch, 27. Mai 2009

Engel in neuem Glanz auf dem Alten Friedhof in Giessen


Galvanoengel auf Friedhöfen sind eine aussterbende Spezies. Da sie aus einem Gipskörper bestehen, der mit einer dünnen Bronzeschicht ummantelt ist - sie lagerte sich im Galvanobad auf dem Körper ab -, sind sie sehr gefährdet. Wenn sie in die Jahre kommen, können feine Risse in der Bronzeschicht entstehen, durch die Wasser eindringt. Dieses bringt den Gips zum Aufquellen, wodurch sich die Risse vergrössern. Oft entstehen diese Schäden an den empfindlichen Stellen, wo die Flügel ansetzen.

So war es auch auf dem Alten Friedhof in Giessen. Zum Glück fiel den Mitgliedern des Freundeskreises die noch leichte Beschädigung auf. Sie
informierten den zuständigen Denkmalpfleger Joachim Rauch und
dieser setzte daraufhin alle Hebel in Bewegung, damit die Sanierung innerhalb kürzester Zeit vorgenommen wurde. So entschwebte der Engel Ende November 2008 dem Friedhof. Eine Regensburger Spezialfirma holte ihn ab.
Beide Fotos des Engels
stammen von Dagmar Klein Friedhofsfreunde Giessen

Jetzt ist er in frischem Glanz auf den Friedhof zurückgekehrt. Die Bronzehaut wird zur Zeit noch durch eine Wachsschicht geschützt. Bald werden Sonne und Regen allerdings dafür sorgen, dass sich wieder neue Patina bildet und er wieder in der gewohnten grünliche Färbung leuchtet.

Die Rückkehr des Engels passte zufällig auch zu der Friedhofsführung, die für den Himmelfahrtstag geplant war. Engel und die weiblichen Trauerfiguren auf dem Friedhof waren das Thema. .

Bilder von weiteren historischen Grabmalen des Alten Friedhofes in Giessen finden sich übrigens auch auf Antonies Picasa-Website. Dort sind sie vermischt mit Fotos von der heute parkartigen Anlage des Friedhofes, der nur noch selten für Beerdigungen genutzt wird. Die Giessener Friedhoffreunde setzen sich allerdings dafür ein, dass historische Grabmale als Patenschaftsgräber mit neuem Nutzungsrecht ausgewiesen werden.

Grabmal von Konrad Roentgen
(Foto Antonie Dell)

Donnerstag, 16. April 2009

Erfolg einer Bürgerinitiative

Im November 2007 berichtete ich in diesem Blog über die Bürgerinitiative "Friedhof an der Heinrich-Roller-Straße" in Berlin. Dieser Friedhof gehört zu den historischen Friedhöfen am Prenzlauer Berg und die Kirchengemeinde, in deren Besitz er sich befand, plante eine Teilfläche davon zu verkaufen. Die Anwohner wehrten sich phantasievoll dagegen.

Wesentlich früher hatte sich eine kirchliche Arbeitsgruppe Friedhof gebildet. Eine Bestandsaufnahme der historischen Friedhöfe wurde durchgeführt. Dabei wurden sowohl die Investitionen für Baumaßnahmen, wie die wirtschaftliche Lage und die in Zukunft benötigten Friedhofsflächen untersucht. Das Ergebnis war am 1. Februar 2009 die Bildung des evangelischen Friedhofsverbandes Berlin Stadtmitte. Er ist jetzt auch für die Verwaltung des Friedhofes an der Rollerstraße - der offizielle Name lautet: Neuer Friedhof St. Nikolai und St. Marien - verantwortlich.

Nach den Bürgerprotesten hatte der zuständige Bezirk Pankow ein Bauleitplanverfahren eingeleitet. Es sieht vor die umstrittene Fläche als Grünfläche auszuweisen, so dass sie auf keinen Fall bebaut werden kann und damit nicht mehr lukrativ als Bauland zu verkaufen wäre.

Jetzt sollen die sehr vernachlässigten und verwilderten Friedhofsflächen saniert und restauriert und neue Ideen umgesetzt werden wie zum Beispiel ein Friedhofscafé. Pfarrer Jürgen Quandt - der Geschäftsführer des neuen Verbandes - will, dass die Friedhöfe wieder zu Orten christlicher Begräbniskultur werden und eine Alternative zur anonymen Urnenbestattung bieten.

Diese Informationen sind zum größten Teil einem längeren Artikel über die Zukunft der historischen Friedhöfe am Prenzlauer Berg entnommen, der in diesem Monat in der Zeitschrift Friedhofskultur erschienen ist. Die BI - Rollerfriedhof hat sich seit dem letzten Jahr wieder aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Dienstag, 3. März 2009

Historische Friedhöfe in Thüringen



Im letzten Jahr habe ich hier auf das Kulturjournal Mittelthüringen hingewiesen, dessen Juni-Ausgabe den historischen Friedhöfen gewidmet war.

Jetzt trage ich einen Hinweis nach: Schon 1996 ist in der Zeitschrift des Heimatbundes ein Heft mit dem Schwerpunkt "Historische Friedhöfe Thüringen" erschienen. Davon sind nur noch einige wenige Restexemplare vorhanden.

Aber: 1999 ist dazu eine CD mit dem Titel "Präsentation Historishe Friedhöfe in Thüringen" erschienen, die man beim Heimatbund bestellen kann. Sie enthält Beiträge der Zeitschrift und dazu - und das ist das eigentliche Verdienst - eine Liste aller Orte in Thüringen, deren Friedhöfe älter als hundert Jahre sind. Man kann ihre kurzen Beschreibungen einzeln abrufen. Viele sind außerdem mit einem Foto illustriert, wie das hier abgebildete Beispiel des Benshausener Friedhofes mit seinem "Weinhändlerfriedhof" mit schmiedeeisernen Grabmalen.

Zu erhalten ist die CD beim Heimatbund Thüringen e.V., Hinter dem Bahnhof 12, 99427 Weimar. Info(bei)heimatbund-thüringen.de

Grabkultur in Deutschland


Der Reimer Verlag kündigt für das Frühjahr einen neuen Sammelband über die Geschichte der Grabmalkultur an, das von der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal herausgegeben wird. Auch ich habe dafür Beiträge geschrieben. Wenn es erschienen ist. Werde ich an dieser Stelle mehr darüber berichten.

Sonntag, 22. Februar 2009

Grabmalmuseen


Die neue Ausgabe von "Ohlsdorf - Zeitschrift für Trauerkultur" befasst sich mit einem speziellen Aspekt der Denkmalpflege auf historischen Friedhöfen: den Freilichtmuseen, in denen historische Grabmale gesammelt aufgestellt werden.

Prinzipiell ist dazu anzumerken, dass es stehts vorzuziehen ist, wenn die kulturell oder künstlerisch bedeutsame Grabmale am Ort ihrer Aufstellung, also über dem wirklichen Grab der erinnerten Persönlichkeit erhalten bleiben können. Die Sammelaufstellung zerstört diesen wichtigen historischen Zusammenhang und erstellt anstatt dessen eine neue künstliche Verbindung der Grabmale.

Trotzdem ist es natürlich manchmal nur durch eine solche Musealisierung überhaupt möglich Grabmale zu erhalten und dann ist diese Aufstellung immer noch besser, als wenn die steinernen Zeugnisse der Geschichte zerschlagen werden und im Straßenbau landen.

Überrascht hat bei dem Thema die große Zahl von Orten in Hamburg - sowohl in Museen, Parkanlagen und auf Restgrün am Straßenrand als auch auf Friedhöfen, die noch in Nutzung sind -, an denen musealisierte Grabmale zu finden sind. Hamburg ist dabei sicher nur ein Beispiel, so dass wahrscheinlich auch anderswo Grabmalmuseen vorhanden sind, von denen kaum jemand etwas weiß.

Auch wenn es schöner ist, die Druckausgabe der Ohlsdorfzeitschrift in den Händen zu halten, so sind die Beiträge doch wie immer auch im Internet zu lesen unter: http://www.fof-ohlsdorf.de/zeitschriftindex.php

Freitag, 20. Februar 2009

Freunde der Friedhöfe in Leipzig


Am 1. April 2008 wurde die Paul-Benndorf-Gesellschaft zu Leipzig e.V. gegründet, die inzwischen schon hundert Mitglieder hat. Der junge Verein hat das Ziel historische Friedhofsanlagen mit ihren Grabmälern zu fördern, wobei der Erhalt des Leipziger Südfriedhofes als Flächendenkmal im Mittelpunkt steht. Inzwischen hat der Verein im ehemaligen Pförtnergebäude am Osteingang des Südfriedhofes sogar eigene Räume bekommen. Dort sind künftig auch Ausstellungen geplant. Zur Zeit kann man schon die unten abgebildete Spendenpostkarte dort erwerben. Eine weitere Postkarte mit dem Eintrittsformular in den Verein zeigt die historische Ansicht des Feierhallenkomplexes vom Südfriedhof.

Vor kurzem hat sich dem Verein auch eine schon vorher bestehende Arbeitsgruppe Trauerkultur angeschlossen, so dass man sich nicht nur um Erhaltung und Pflege der Leipziger Friedhöfe mit ihren Grabmalen kümmert, sondern auch individuelle Beratungsgespräche über Bestattung, Grabstättenerwerb und -gestaltung, sowie Trauerbewältigung anbieten kann.

Außerdem wurde eine Arbeitsgruppe Medien gegründet, um die stadtgeschichtlich und kunsthistorisch bedeutsamen Grabmäler und Kunstwerke auf den Leipziger Friedhöfen zu dokumentieren, zu hervorragenden Persönlichkeiten der Leipziger Stadtgeschichte Publikationen zu erarbeiten und neue Forschungsergebnisse zur Geschichte des Leipziger Begräbniswesens zu veröffentlichen. Zugleich werden die eigenen Restaurierungsprojekte dokumentiert und Materialien für das Internet , Vorträge und Friedhofsführungen aufgearbeitet.

Am 8. März 2009 plant der Verein eine Vortragsveranstaltung zu Ehren seines Namensgebers Paul Benndorf, dessen 150. Geburtstag auf den 9. März fällt. Paul Benndorf war Lehrer und arbeitete auf den Gebieten der Volkskunde, Heimatkunde und Urgeschichte wissenschaftlich. Er unternahm zahlreiche Reisen und arbeitete die Leipziger Stadtgeschichte auf. 1922 veröffentlichte er seine Forschungsergebnisse in dem Buch „Der Alte Johannisfriedhof in Leipzig“, das noch heute als Standardwerk gilt. Da der 150. Geburtstag des ersten Direktors des Südfriedhofes auf den 10.März fällt, soll dieser gleichzeitig mit Benndorf gewürdigt werden.







Freitag, 23. Januar 2009

Denkmalschutzpreis für Arolser Friedhofsfreunde

Wie in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Friedhofskultur zu lesen ist, erhielten die "Freunde des Arolser Alten Friedhofs" im letzten Monat den Denkmalschutzpreis des Landkreises Waldeck-Frankenberg. der zum ersten Mal verliehen und auf drei unterschiedliche Förderkreise aufgeteilt wurde. Die 1500 Euro, die die Friedhofsfreunde von dem Preisgeld von insgesamt 5000 Euro zuerkannt wurden, können die Arolser sicher gut brauchen. Sie kümmern sich unter dem Vorsitz von Elisabeth Hüttig darum, für die gefährdeten historischen Grabmale Paten zu finden. Der Friedhof war schon aufgelassen und zum Park umgestaltet worden, doch wurde er aufgrund der Aktivitäten des Fördervereins wieder für Urnenbeisetzungen geöffnet und im Mai 2004 wieder in Betrieb genommen.

Mehr über den Alten Friedhof in Bad Arolsen lässt sich in der Zeitschrift Friedhofskultur April/2004 nachlesen.

Montag, 12. Januar 2009

Sensenmann und Engelsflügel


Buchcover (Foto veröffentlicht mit fr.
Genehmigung Mitteldeutscher Verlag)

"Sensenmann und Engelsflügel. Die Grabmalkunst des Merseburger Stadtfriedhofs St. Maximi" lautet der Titel eines neuen Buches von Maria Nühlen, das im Mitteldeutschen Verlag in Halle (Saale) erschienen ist. Der Autorin, die als Professorin an der Fachhochschule Merseburg lehrt, kommt das Verdienst zu diesen historischen Friedhof und seine ungewöhnlichen und seltenen Grabmale, die zum Teil aus dem Barock stammen, erstmals wieder in das Licht der Öffentlichkeit zu stellen.

Schade ist allerdings, dass es sich um einen kleinen Band handelt, in dem die Fotos in relativ geringer Größe wiedergegeben sind, selbst wenn eine Reihe von Detailaufnahmen ein wenig entschädigen. Schön wäre es auch gewesen, wenn wirklich alle Grabmäler im Bild vorgestellt worden wären. Die Texte zu den einzelnen Grabmalen bestehen häufig aus Zitaten aus älteren Abhandlungen. Dabei stellt die Autorin auch einmal zwei gegensätzliche Beschreibungen unkommentiert nebeneinander. So bei dem eindruckvollen Grabdenkmal Herzog, dessen Plastik der eine Autor „als auffahrenden Christus“ und der andere als Allegorie des Freimaurerordens ausmacht (S. 74f.). Auch die Zuweisung der großen Frucht, die der Jüngling auf dem Grabmal Maudrich trägt – es ist auch auf dem Buchtitel zu sehen – als Mohnkapsel übernimmt die Autorin unbesehen, obwohl weder die Frucht noch ihre Blätter dem Mohn ähneln.
Detail vom Grabmal Herzog (Foto Maria Nühlen)

Granatapfel. Ausschnitt aus dem Emblem-
buch von Daniel de la Feuille, Devises et
emblemes (1691), Beschriftung: Ein offener
Granatapfel - Ich trage meinen Reichtum
mit mir.
Wie die beiden Bilder zeigen handelt es sich um einen Granatapfel, der in der antiken Mythologie mit dem Hades verbunden wurde und auch als Symbol bei den Freimaurern zu finden ist. So merkt man an manchen Stellen, dass die Autorin sich anscheinend noch nicht allzu lange mit der Grabmal- und Kunstgeschichte befasst hat.
Trotz solcher kleinen Mängel ist das Buch von Maria Nühlen sehr verdienstvoll, trägt es doch nicht nur zur Kenntnis der großartigen Grabmale des St. Maximi-Friedhofes in Merseburg und ihrer Bildhauer bei, sondern erzählt auch von der Friedhofseinweihung, gibt eine Trauerpredigt von 1664 sowie die Schilderung eines Begräbnisses aus dem 18. Jahrhundert wieder.