Mittwoch, 6. Dezember 2023

TAGUNGSPROGRAMM: „HISTORISCHE JÜDISCHE FRIEDHÖFE IN NIEDERSACHSEN“

Jüdischer Friedhof Hamburg - Wandsbek (Foto Leisner)
Wie schon angekündigt, kommt hier das Programm:

TAGUNG „HISTORISCHE JÜDISCHE FRIEDHÖFE IN NIEDERSACHSEN“

24. Januar 2024 ▪ 9:30 – ca. 16:00 Uhr
Kulturzentrum Pavillon ▪ Lister Meile 4 ▪ 30161 Hannover

Etwa 230 jüdische Friedhöfe gibt es in Niedersachsen, von denen nur wenige noch belegt werden – der
größte Teil sind sogenannte „verwaiste Friedhöfe“. Vielerorts sind sie die einzigen Zeugnisse des früheren jüdischen Lebens im Ort und so bildeten sich spätestens seit den 1980er Jahren oftmals Initiativen zu ihrem Schutz und Erhalt. Heute sind die meisten dieser Friedhöfe Orte des Gedenkens und der Erinnerung aber auch der engagierten Vermittlungsarbeit, aus der im ersten Panel der Tagung verschiedene Akteure berichten. Das zweite Panel am Nachmittag beschäftigt sich mit dem breiten Spektrum an Gefahren, denen jüdische Friedhöfe zum Teil bis heute ausgesetzt sind – von Vernachlässigung, bis hin zu antisemitischen Angriffen – und dem Umgang der Mehrheitsgesellschaft mit diesen Bedrohungen. Die Tagung richtet sich an Personen, die sich beruflich oder ehrenamtlich mit der Thematik befassen. Die Zusammenstellung des Programms beruht auf einem „Call for Papers“ und gibt Engagierten die Möglichkeit, ihre Forschungen und Projekte vorzustellen.

PROGRAMM
9:30 Uhr Begrüßung, Einführung in das Tagungsprogramm

PANEL 1: HISTORISCHE JÜDISCHE FRIEDHÖFE ALS AUSSERSCHULISCHE LERNORTE

  • Dietrich Banse, Uelzen: Der Jüdische Friedhof Uelzen - Ort der Dokumentation und des Lernens
  • Matthias Reisener und Schüler_innen der Arbeitsgemeinschaft Beth-Shalom in der Robert-Bosch-Gesamtschule Hildesheim: Die Arbeitsgemeinschaft Beth-Shalom und der jüdische Friedhof Peiner Straße in Hildesheim
  • Bernhard Gelderblom, Hameln: Der Hamelner jüdische Friedhof als Teil der Stadtgeschichte und als Lernort
  • Christoph Reichardt, OStR und Stadtheimatpfleger Beverungen: Steine erzählen Geschichte(n). Der Jüdische Friedhof Beverungen als Lern- und Gedenkort
  • Bodo Christiansen und Henning Bendler, Projekt „Juden in Bleckede“: Jüdischer Friedhof Bleckede - ein gewachsenes „Projekt“ ohne Masterplan und Konzept?!
  • Rückfragen und Diskussion

12:15 – 13:15 Uhr Mittagspause

Freitag, 24. November 2023

Diebstahl

Wer kennt diese Figur von einem anderen Friedhof?


Diese bronzene Trauernde (aufgestellt um 1913) stand bis zum Frühjahr 2023 auf den Grabstätte Richard Lohmann dem Friedhof am Hainbuchenweg in Berlin-Frohnau. Sie wurde gestohlen. Gesucht werden jetzt nähere Informationen zu der Figur, besonders zu dem oder der Bildhauerin. 

In Berlin existiert noch eine vergleichbare Statue in Stein - etwas später aufgestellt - auf der Grabstätte von Jules Brunfaut auf dem St.-Hedwig-Friedhof in der Liesenstraße. 




Dienstag, 14. November 2023

Historische jüdische Friedhöfe als Orte des Lernens

Berlin, Jüdischer Friedhof an der Schönhauser Allee (Foto Leisner 2021)
Die Bet Tfila – Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa an der TU Braunschweig und die Abteilung „Gedenkstättenförderung Niedersachsen“ der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten plant für Januar 2024 eine Zusammenkunft zum Thema „Historische jüdische Friedhöfe als Orte des Lernens, im Fokus von Antisemitismus und als Objekte von Gestaltung und Denkmalpflege“. Gedacht ist das Treffen für ehrenamtlich oder beruflich mit der Thematik befasste Interessierte und Akteur_innen. 

Als Veranstaltungsort ist das Kulturzentrum Pavillon in Hannover in Aussicht genommen. Dort soll die Tagung am Mittwoch, den 24. Januar 2024 stattfinden. Im Vorfeld wurde bis zum 6. November um Vorschläge für kurze Referate gebeten und zwar zu folgenden Themenkreisen: 

  • Historische jüdische Friedhöfe als außerschulische Lernorte: Vorstellung von Bildungsprojekten oder/und -materialien, von didaktischen Konzepten, von Projekten zur Bereitstellung von Informationen zur Geschichte der Orte etc. 
  • Antisemitismus/Prävention: Jüdische Friedhöfe in Zusammenhang mit aktuellem Antisemitismus und Antisemitismus im 20. Jahrhundert, z.B. Umnutzungen, Schändungen und insbesondere den Umgang damit   
  • Forschung/Gestaltung/Denkmalpflege: Laufende oder kürzlich abgeschlossene Recherche- und Forschungsprojekte, gestalterische Maßnahmen von Friedhofsanlagen und -memorialen und / oder Maßnahmen des Denkmalschutzes etc.

Regional sollten sich die Vorträge auf Niedersachsen/Bremen (oder nah angrenzend) beziehen. Im Bereich „Bildung“ sind aber auch Vorschläge aus dem gesamten Bundesgebiet willkommen, die überregionalen bemerkenswerten beispielhaften Charakter haben.

Das Tagungsprogramm ist im Post vom 6.12.2023 zu finden oder hier.


Samstag, 4. November 2023

Die Trauerhaltestelle auf dem Ohlsdorfer Friedhof

Die Trauerhaltestelle – Ein Raum für Trauer, Video des Bundesverbandes deutscher Bestatter https://www.youtube.com/watch?v=766wS8s0lLQ; englische Fassung: Mourning Stop – A Space for Mourning

Seit Sommer 2021 steht auf dem Ohlsdorfer Friedhof die sogenannte Trauerhaltestelle; gedacht als Rückzugsort, an dem – obwohl öffentlich zugänglich – Menschen sich geborgen fühlen und in ihrer Trauer aktiv sein können. Zugleich sollen von diesem Ort neue Impulse für die Trauerkultur ausgehen. 

Wie dieser architektonisch offen gestaltete Raum innerhalb des Friedhofs von Menschen angenommen wird, zeigt jetzt ein Kurzfilm des Videokünstlers und Filmemachers Pavel Franzusov. Darin treten Menschen auf, die hier einen Raum für ihr ganz persönliches Gedenken gefunden haben. Durch das Hinterlassen von Botschaften und kleinen Erinnerungsstücken geben sie ihrer Trauer einen persönlichen Ausdruck. Offenbar ist dieser Raum besonders geeignet für Menschen, deren Angehörige fern von ihnen verstorben und begraben worden sind, die also kein Grab in ihrer Nähe haben um sich zu erinnern und zu trauern.

Außer den Trauernden wird auch Prof. Norbert Fischer interviewt, der die Offenheit des Raumes besonders hervorhebt. Dr. Simon J. Walter, Kulturbeauftragter in der Stiftung Deutsche Bestattungskultur, weist zusätzlich auf die Freiheit hin, die es den Besuchern und Trauernden ermöglicht eigene Rituale und Trauerhandlungen zu kreieren, wobei auch der Gegensatz zu den Beschränkungen mit anklingt, die es mancherorts auf Friedhöfen noch gibt.

In der Pressemitteilung zum Film heißt es dazu: „Die Trauerhaltestelle ist ein konkreter, niedrigschwelliger Zugang zu einer neuen und individuellen Trauerkultur. Die Akzeptanz und Selbstverständlichkeit, mit der die Menschen in Hamburg diesen Ort seit der Fertigstellung im Sommer 2021 im besten Sinne vereinnahmt und gestaltet haben, zeigt, wie gut das Konzept funktioniert. Die Trauerhaltestelle steht symbolisch für neue Wege und Möglichkeiten der Friedhofsgestaltung in Deutschland – und weltweit.“

Weitergehende Informationen gibt es auf diesen Seiten:  

https://www.stiftung-deutsche-bestattungskultur.de/projekte/trauerhaltestelle-hamburg/

https://www.friedhof2030.de/trauerhaltestelle/




Dienstag, 31. Oktober 2023

Hungergeister und Obon - Totengeister in Japan

Hungergeister (2. Teil der Hungergeister-Rolle im Kyoto National Museum, Quelle)
Seit den 1990er Jahren verbreiten sich die Bräuche zu Halloween, die in Nordamerika zuhause sind, auch bei uns. Hier im Blog nehme ich das Datum gern zum Anlass für einen Blick auf die Geisterwelt. Vor einiger Zeit bin ich auf das traditionelle buddhistische Fest zur Errettung der Seelen der verstorbenen Ahnen in Japan aufmerksam geworden, das "Obon" (auch "O-bon" oder nur "Bon") heißt und - wie auf Wikipedia zu lesen ist - "neben der spirituellen Zusammenführung der Familienmitglieder zwischen Jenseits und Diesseits, auch als Anlass für Familientreffen" dient.

Das Fest dauert traditionell drei Tage und findet im Juli bzw. August statt. Es ist mit einem Tanz-Festival verbunden. Die Tänze werden von der Vision eines Jüngers von Buddha abgeleitet. 

Dieser sah seine verstorbene Mutter im „Königreich der hungrigen Geister“ und fragte entsetzt seinen Meister, wie er seine Mutter daraus befreien könne. 

Hungergeister (gaki) sind spindeldürre Wesen mit dicken Bäuchen, die der Karma-Theorie zufolge in früheren Leben zu gierig waren. Zur Strafe sind sie beständig hungrig und durstig, doch durch ihren dünnen Hals können sie nicht viel essen. Sie ernähren sich von allem, was Ekel erregt, und werden von anderen Geistern gequält. 

Die Antwort Buddhas war, dass er ein großes Fest für die letzten sieben Generationen der Verstorbenen ausrichten solle. So konnte er seine Mutter befreien und tanzte vor Freude.

Freitag, 13. Oktober 2023

Der Hamburger Portugiesenfriedhof

Michael Studemund-Halévy, der durch seine Forschungen und Publikationen zur Geschichte der Sefarden in Westeuropa und der Karibik bekannt ist, hat in der Reihe "Jüdische Miniaturen" ein neues Buch über den Jüdischen Friedhof an der Königsstraße in Hamburg-Altona herausgebracht. Auf Grund seiner Größe, seines Alters und der großen Zahl erhaltener Grabsteine gilt diese Begräbnisstätte als einer der weltweit bedeutendsten jüdischen Friedhöfe. Tatsächlich gab es schon im Jahr 2015 eine Bewerbung auf die Liste des UNESCO-Welterbes. Doch wurde die Nominierung drei Jahre später wieder zurückgezogen. Es hieß, dass alternativ eine transnationale Bewerbung mehrerer Städte mit sephardischen Friedhöfen angestrebt werde. Doch ist davon in der Öffentlichkeit nichts mehr zu lesen. 

Umso wichtiger ist es also, dass die Geschichte dieses Friedhofs in Buchform der Öffentlichkeit präsentiert und auf die Bedeutung der dort erhaltenen Grabmale hingewiesen wird. Wobei anzumerken ist, dass es mit dem Erhaltungszustand von vielen der kostbaren Steine nicht zum Besten steht. 

Montag, 9. Oktober 2023

transmortale XIII - Call for Papers

Kindergrabfeld auf dem Friedhof Nieuwe Ooster in Amsterdam (Foto Leisner)
Am Samstag, den 23. März 2024, findet die transmortale XIII statt, gemeinsam veranstaltet vom Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Hamburg (Prof. Norbert Fischer) und dem Museum/Zentralinstitut für Sepulkralkultur (Dr. Dirk Pörschmann, Dr. Dagmar Kuhle) in Zusammenarbeit mit dem Organisationsteam Berlin (Moritz Buchner, Jan Möllers, Stephan Hadraschek).

Die Auseinandersetzung mit dem Tod begleitet die Menschheit seit Anbeginn ihrer Tage. Er ist ein Problem der Lebenden, und so weisen alle wissenschaftlichen Forschungsbereiche, die sich mit dem (Zusammen-)Leben der Menschen befassen, auch Berührungspunkte zu Sterben und Tod, zu Abschied und Gedenken, zur Endlichkeit und zu den Versuchen auf, das Unvermeidliche zu bewältigen. Die Themen Sterben, Tod und Trauer sind in den letzten Jahren in den Fokus der fächerübergreifenden Forschung gerückt. Disziplinen wie Archäologie, Ethnologie, Anthropologie oder Kunstgeschichte beschäftigen sich seit jeher mit Gräbern und Begräbnisplätzen. Inzwischen interessieren sich jedoch ganz unterschiedliche Disziplinen für den Wandel der Trauer- und Bestattungskultur, zum Beispiel die Soziologie, Psychologie, Geschichte, Medizin(-Ethik), Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Geschlechterforschung sowie Kultur- und Medienwissenschaften. 

Der Workshop transmortale bietet eine Plattform für das Forschungsfeld Sterben, Tod und Trauer. Er richtet sich an junge Wissenschaftler:innen, die sich in der Abschlussphase einer Qualifikationsschrift befinden, aber auch an Postdocs und andere interessierte Forschende. Ihnen wird die Möglichkeit gegeben, neue Perspektiven zu entwerfen und sie in größerer Runde zu diskutieren. Ziel ist eine interdisziplinäre Auseinandersetzung, die empirische und theoretische Ansätze zusammenführt und einen intensiven Austausch eröffnet. Auf diese Weise können aktuelle Fragen und Ergebnisse interdisziplinär beleuchtet und inhaltliche Gemeinsamkeiten transdisziplinär zusammengeführt werden. 

Die transmortale findet jährlich statt und wird 2024 zum dreizehnten Mal veranstaltet. Veranstaltungsort ist das Museum für Sepulkralkultur in Kassel, Weinbergstraße 25-27, 34117 Kassel. Tagungssprache ist Deutsch, es sind aber auch englischsprachige Beiträge willkommen. Für Referierende werden die Kosten für maximal eine Übernachtung und die Verpflegung während der Tagung übernommen 

Wenn Sie Interesse haben, Ihr Forschungsprojekt in einem Vortrag/einer Präsentation vorzustellen (max. 20 Minuten), senden Sie Ihren Themenvorschlag bitte bis zum 30. November 2023 (mit Abstract von max. einer Seite nebst Curriculum Vitae) an die folgende E-Mail-Adresse: niedermeyer@sepulkralmuseum.de

Freitag, 6. Oktober 2023

Leipziger Spaziergänge - Südfriedhof

Cover des Buches zum Südfriedhof

Über die Grabstätten auf Leipziger Friedhöfen hat seinerzeit Alfred E. Otto Paul eine Reihe von Broschüren veröffentlicht (die auch in diesem Blog besprochen wurden), in denen er die beigesetzten Persönlichkeiten und die künstlerisch gestalteten Grabmale gewürdigt hat. 

Jetzt ist in der handlichen Reihe "Leipziger Spaziergänge" ein 136 Seiten starker Führer von der Autorin und Historikerin Doris Mundus erschienen, die zuletzt stellvertretende Direktorin des Stadtgeschichtlichen Museums in Leipzig war. Darin werden sieben Wege zu den besonders interessanten Grabstätten vor Ort beschrieben. Vorangestellt ist die Geschichte des 1888 eingeweihten Friedhofs und seiner ungewöhnlich großen Trauerhallenanlage. Es folgen die - nach ihrer Lage zusammengefassten - Kurzbeschreibungen von insgesamt 214 Grabstellen, die entweder an herausragende Persönlichkeiten erinnern oder sich durch eine künstlerisch besonders wertvolle Gestaltung auszeichnen. Jeder Text ist mit einem kleinen Bild der entsprechenden Grabstätte verbunden und den Spaziergängen ist jeweils ein nummerierter Plan vorangestellt, so dass man sich anhand der Beschreibungen leicht vor Ort orientieren kann. 

Eine ganze Reihe von Grabmalen werden außerdem ganzseitig abgebildet, so z.B. das große Grabmalrelief der Familien Lodde-Dodel, die zu den bedeutendsten Pelz- und Rauchwarenhändlern der Stadt gehörten. Ein Personenregister und ein Übersichtsplan über alle Spaziergänge schließen das informative Buch ab, das nicht nur als praktischer Friedhofsführer dienen, sondern zugleich eine solide Grundlage für weitergehende stadtgeschichtliche Forschungen bilden kann. 

Doris Mundus, Leipziger Spaziergänge - Südfriedhof, Lehmstedt Verlag, Leipzig 2022, 136 S., 250 Farbfotos, 1 Karte, 10,00 Euro

Mittwoch, 4. Oktober 2023

Der Jüdische Friedhof in Regensburg

Cover des neuen Buches über den jüdischen Friedhof in Regensburg
 "Die Steine zum Sprechen bringen - 200 Jahre Jüdischer Friedhof Regensburg" heißt die Jubiläumsschrift, die im letzten Jahr von der Journalistin und Autorin Waltraud Bierwirth unter Mitarbeit weiterer Autor*innen herausgegeben worden ist. Die wechselvolle Geschichte der jüdischen Gemeinde in Regensburg und die Gestaltungsprinzipien der Anlage und der Grabmale beleuchtet die Judaistin Nathanja Hüttenmeisterin einem längeren Beitrag. Auf ihn folgen fünfunddreißig Kurzbiografien, in denen das Leben von Regensburger Juden und Jüdinnen unter dem Motto  "Was die Grabsteine erzählen" vorgestellt wird. Das umfasst allerdings nur einen Bruchteil der 860 Grabsteine, die noch auf dem unter Denkmalschutz stehenden Friedhof vorhanden und dem fortschreitenden Verfall unterworfen sind. 

Grundlage für diese umfangreiche und in die Tiefe gehende Arbeit ist zum einen das in der Pogromnacht 1938 geraubte jüdische Gemeindearchiv, das auch Unterlagen zu dem Friedhof enthält. Dieses kam nach dem Zweiten Weltkrieg über Umwege in das Jüdische Zentralarchiv in Jerusalem. Seit 2021 gibt es eine online zugängliche Kopie im Regensburger Stadtarchiv, das so für weitere Forschungen zur jüdischen Geschichte der Stadt zur Verfügung steht. Zum anderen konnte auf Vorarbeiten des 2012 verstorbenen Judaisten Andreas Angerstorfer zurückgegriffen werden.

Die seit dem Mittelalter in Regensburg ansässigen Juden wurden 1519 von ihren christlichen Mitbürgern vertrieben. Dabei wurde auch ihre Synagoge zerstört und der damalige Friedhof dem Erdboden gleich gemacht. Seine Grabsteine wurden zum Teil als Baumaterial weiterverwendet. Erst über 300 Jahre später, im Jahr 1822 konnte eine neue jüdische Gemeinde gebildet wieder einen jüdischer Friedhof eröffnen. 

Klaus Himmelstein hat die Geschichte des neuen Friedhofs recherchiert und zeigt auf, wie die Friedhofsfläche im Laufe der Zeit vergrößert und das erste kleine Leichenhaus sich zum klassischen Taharahaus wandelte. Er berichtet aber auch über die antisemitischen Übergriffe, die schon im 19. Jahrhundert stattfanden. 

Freitag, 29. September 2023

Tag des Friedhofs

Grabmale für Phillipine Stühler und ihren Mann, Berlin, Dorotheenstädtischer Friedhof

Eigentlich wollte ich hier im Blog ausführlich auf verschiedene besonders interessante Veranstaltungen zum Tag des Friedhofs in diesem Jahr hinweisen. Aber leider ist mir soviel dazwischen gekommen, dass dieser Post liegen geblieben ist und nun ist der Tag schon wieder vorbei!

Immerhin sollen hier doch noch ein paar Hinweise auf Gedanken und Veranstaltungen folgen, die ich interessant fand. Dazu gehört zum Beispiel der Text von Olaf Ihlefeld, dem langjährigen Verwalter des Stahnsdorfer Friedhofs in Berlin, der die Friedhöfe "gerade wegen der Änderungen, welche der Friedhof erfahren hat und noch erfahren wird," als "getreuen Spiegel unserer Zeit, unseres gesellschaftlichen Lebens" anspricht und dazu erklärt, dass die Gegenwart voller Chancen gerade für die Friedhöfe ist im Hinblick auf die gegenwärtigen Gegebenheiten und Bedürfnisse der Menschen Neues zu erreichen (vollständiger Text siehe hier).  

Aus den Veranstaltungen in diesem Jahr ragt das umfangreiche Programm des Neuen Annenfriedhofs in Dresden heraus. Dorthin kamen die österreichische Bestatterin Verena Brunnbauer und die Kommunikationswissenschaftlerin Nicole Honeck mit ihrem Projekt "Death-positiv". Sie luden mit ihrer "Sargbar", sowie einer Plakatausstellung mit StreetArt-Motien dazu ein neue Sichtweisen auf Leben und Tod zu erkunden. Ein historisches Grab wurde in dem Impuls-Workshop „Nachhaltige Trauer“ mit einer Pflanzaktion gemeinsam neu gestaltet. Und mit der Aktion „Before I Die“ waren Besucher und Besucherinnen eingeladen sich kreativ mit der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen und die Wände des künftigen Friedhofscafés nach dem Konzept der Memento-Mori-Installation der Künstlerin Candy Chang zu beschreiben und zu bemalen. Bilder von der sehr gut besuchten Veranstaltung findet man übrigens auf der Facebookseite des Friedhofs

Ein paar Eindrücke vom Tag des Friedhofs in Berlin gibt es hier und natürlich kann man sich jederzeit über vergangene und kommende Ereignisse zum Tag des Friedhofs auf der Seite der Friedhofsgärtner informieren, die diesen Tag ins Leben gerufen haben.

"Zwischen:Welten"- Kunstausstellung auf dem evangelischen Friedhof Regensburg

Screenshot von der Webseite des ev. Zentralfriedhofs zur Kunstausstellung
Seit dem 11. Mai und noch bis zum 5. November 2023 ist auf dem evangelischen Zentralfriedhof in Regensburg die Kunstausstellung "Zwischen:Welten" von Martin Rosner zu erleben. 

Sie ist ein Teil der Veranstaltungen anlässlich des 125-jährigen Bestehens dieses Friedhofs. Allerdings konnte ich über weitere Veranstaltungen im Internet nur finden, dass es am 27.9.2023 einen Festakt zum Jubiläum und zur Einweihung des Gedenkortes für Sternenkinder auf dem Friedhof und dass eine Broschüre mit ausführlichen Informationen von Frau Bettina Bauer-Spandl mit dem Titel "Der Evangelische Zenralfriedhof in Regensburg" erschienen ist, die sowohl im Kirchengemeindeamt, als auch auf dem Friedhof selbst ausliegt.

Für seine Kunstausstellung hat der Regensburger Künstler über längere Zeit und in verschiedenen Jahreszeiten die Besonderheit dieses Friedhofs fotografisch erkundet. Dabei geht es ihm vor allem um Details, "die man oft übersieht und die mittels fotografischer Abstraktion sichtbar gemacht, verfremdet und in einen neuen Kontext gerückt werden." (aus dem Text der ELKB) Seine Werke sind in Schwarz-Weiß auf Acrylglasplatten gedruckt an zehn ausgewählten Orten auf dem Friedhof ausgestellt und treten dort in einen Dialog mit ihrer Umgebung. Dazu gibt es einen Lageplan der Fotos und einen Überblick über die Bilder.

Montag, 3. Juli 2023

Kunst auf dem Friedhof beim "HinterHalt festival" 2023

Hier ein kurzer Hinweis auf das Festival "HinterHalt" in der Schweiz. Dort ist auf dem Friedhof von Uster, einer Gemeinde in der Nachbarschaft von Zürich, vom 7. bis 9. Juli 2023 die Ausstellung „Kunst in aller Ruhe“ zu sehen. Weitere Veranstaltungen des Festivals finden zur selben Zeit rund um und eben auch auf dem Friedhof veranstaltet wird. 

Ausstellen werden Kunstschaffende, die sich spezifisch mit Themen wie Leben und Sterben, Trauer, Verlust, Erinnern, und Loslassen auseinandersetzen. Auf Matthias Zurbrügg, der riesige Buchstaben aufstellt, wurde in diesem Blog schon hingewiesen (ihm verdanke ich jetzt auch die Nachricht vom Hinterhaltfestival). Sein Werk "Zeit los lassen" besteht auf dem Friedhof in Uster fünf Wortbildern innerhalb und zwei ausserhalb des Friedhofs. Gerda Steiner & Jürg Lenzlinger zeigen zusammen mit René Waldhauser und Peter Conradin Zumthor mit "Flügel für Vögel, 2022" eine Videoinstallation . TONundTON - das Künstlerduo Theres Stämpfli (Keramik) und Peter K Frey (Musik) - machen mit "libera me" Töne hörbar und Ton sichtbar und umgekehrt. Fabiola di Fulvio hängt mit "Beato chi nell’eterno vive" Kohlezeichnungen von scheinbar toten Bäumen und Ästen, als halbtransparenten Vorhang flatternd in den Wind. BERNIE & FRANK zeigen mit "Reise ins Ungewisse" eine Installation aus Koffern voller Erinnerungen und Geschichten. 

Einen weiteren Programmpunkt, der sich auf das Thema Sterben, Tod und Trauer bezieht, steuert das Duo "Arnold & Komarov Wandertheater" mit seiner Veranstaltung "Todeslieder" bei. Es geht um die Auseinandersetzung mit Ritualen des Abschieds und die Funktion der Musik. Dabei soll, ausgehend von Gesprächen mit Trauernden, ein Liederzyklus entstehen. Gleichzeitig können Memorabilia wie Texte, Musik, Gedanken, Bilder und Dinge eingebracht werden, die dann am "Grossen Nachthemd der Erinnerungen" montiert und bei einem gemeinsamen musikalischen Spaziergang herumgetragen werden.

Außerdem gibt es ein buntes Programm, zu dem unter anderem auch Friedhofsführungen gehören.


Donnerstag, 22. Juni 2023

Sonderpreis Friedhöfe beim Fotowettbewerb "Wiki Loves Monuments 2023"


Auf Wikipedia gibt es jedes Jahr mit "Wiki Loves Monuments" einen der größten Fotowettbewerbe der Welt zum gebauten Kulturerbe. In Deutschland ist das Kuratorium Immaterielles Erbe Friedhofskultur dieses Jahr Partner auf Seiten des Friedhofswesens und daher wird es hier dieses Jahr innerhalb des Wettbewerbs einen "Sonderpreis Friedhöfe" geben. Teilnehmen kann jeder. Die Fotos für den Sonderpreis müssen auf Friedhöfen in Deutschland entstanden sein und ein Bau- oder Kulturdenkmal zeigen. Was alles dazu gehören kann, ist auf dieser Wikipedia-Seite zu finden. Die Fotos müssen vom 1. bis 30. September 2023 nach Wikimedia hochgeladen werden - können aber viel früher fotografiert worden sein - und man muss die freie Nachnutzung ermöglichen.

Damit bietet der Sonderpreis den Friedhöfen und den Grabmalen, die als Bau- oder Kulturdenkmale eingestuft worden sind, die Chance auf sich aufmerksam zu machen und ihre kulturelle Bedeutung zu unterstreichen. Dazu erarbeitet das Kuratorium – unterstützt von vielen weiteren Kräften – aktuell Plakate oder Pressevorlagen, mit denen Friedhöfe für die Wettbewerbsteilnahme werben können. 

Nähere Informationen zu dem Wettbewerb finden sich bei Wikipedia unter "Wiki Loves Monuments 2023/Deutschland". Materialien für die Friedhöfe werden auf der Seite des Kuratoriums bereit gestellt. 

Update (Januar 2023): Die Bilder, die den Wettbewerb gewonnen haben, findet man hier.


Mittwoch, 21. Juni 2023

Thanatologie, Thanatorium, sepulkral, taphophil - ein paar Begriffserklärungen

Letztens rief mich eine Freundin an, weil sie im Netz vergeblich den Begriff Thanatorium gesucht und immer auf Sanatorium verwiesen worden war. Von mir wollte sie wissen, um was es sich da wohl handele. Ich habe mir gedacht, dass auch andere mit den fremdartigen Begriffen rund um Tod und Bestattung nicht viel anfangen können. Deshalb folgen hier ein paar Begriffserklärungen:

Generell: Alles was mit "Thana-" beginnt, ist aus dem griechischen Wort "thanatos" für Tod abgeleitet. Das griechische Wort "taphos" steht genauso wie "sepulcrum" im Lateinischen für Grab, Grabmal, Grabstätte. Diese Ableitungsmöglichkeiten erklärt natürlich nicht, in welchem Zusammenhang die Begriffe heute gebraucht werden, also auf zu den Definitionen.

  • Thanatorium - kann man übersetzen als Ort für die Toten, tatsächlich aber gibt es bisher nur ein Bestattungshaus in Deutschland das sein Institut so bezeichnet (und den Begriff rechtlich geschützt hat)
  • Thanatologie - Wissenschaft im Zusammenhang mit Tod, Sterben und Bestattung
  • Thanatologe/in  - Wissenschaftler, der sich mit Tod, Sterben und Bestattung beschäftigt

Aber auch: 

  • Thanatologe/in oder Thanatopraktiker/in -  Bestatter/in mit einer besonderen Ausbildung in der Totenversorgung (z.B. Einbalsamierung)
  • Thanatopraxie - Maßnahmen zur hygienischen und darüber hinaus zur ästhetischen Versorgung verstorbener Menschen 

und weiter:

  • Thanatophobie - Angst vor dem Tod oder dem Sterben
  • sepukral - alles, was mit Bestattung und Grab zu tun hat  
  • Sepulkralkultur - Kultur im Zusammenhang mit Tod und Bestattung
  • Taphophilie, taphophil, Taphophile/r - der Begriff ist im Englischen geläufig und wird inzwischen auch im Deutschen gebraucht, es handelt sich dabei um das ausgeprägte Interesse für Friedhöfe und Grabmale

So, das sind erst mal alle fremdartigen Begriffe, die mir in diesem Zusammenhang einfallen. Wer noch mehr erklärt haben möchte, möge sich melden!

Montag, 5. Juni 2023

Vom Friedhof zum Park

Schwerkpunkt der neuen Ausgabe unserer Ohlsdorfzeitschrift ist die Veränderung, die Friedhöfe durchlaufen,wenn dort nicht mehr bestattet wird. Immer schon wurden sie, auch wenn immer wieder immensem Druck entsteht die Flächen als Bauland zu verkaufen, in Parkanlagen umgestaltet. Wie es dazu kommt, zeigen wir an einzelnen Beispielen. Dabei sind sicher die Arbeiten am Neuen Annenfriedhof in Dresden am interessantesten. Sie werden von der Friedhofsverwalterin Lara Schink persönlich bei uns vorgestellt. 

Natürlich hätten wir auch gern über viele weitere Beispiele berichtet, wie zum Beispiel das Projekt des Evangelischen Friedhofsverbands Berlin Stadtmitte, in dem der Ansatz erprobt wurde, gemeinschaftlich getragene grüne Projekte als zusätzliches Freiraumangebot modellhaft auf Friedhöfen zu entwickeln. Anscheinend ist die Planung für einen Friedhofspark auf dem Alten Luisenstädtischen Friedhof an der Bergmanstraße in Berlin, das Förderung als Maßnahme im Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung (BENE) erhält bzw. erhalten hat, nicht ganz unumstritten. Unerwünschte Nutzungen als Treffpunkt für unterschiedliche Aktivitäten kann auf der anderen Seite große Probleme machen, wie 2018 in München, als ein Toter auf dem Alten Nordfriedhof gefunden wurde. Das sind nur einige weitere Aspekte der Entwicklung von Friedhöfen zu Parkanlagen, die unser Titelbild von Birte Strohmaier als Cartoon auf den Punkt bringt.

Freitag, 2. Juni 2023

Bücher Mausoleum in Berlin

Die Zwölf-Apostel-Kirchhöfe in Berlin laden zur Eröffnung ihres Bücher Mausoleums ein! In der Einladung steht dazu: "Das Tauschen von Büchern liegt voll im Trend! Oftmals werden ehemalige Telefonzellen als Büchertauschstationen genutzt. Auf dem Alten Zwölf-Apostel-Kirchhof in der Kolonnenstraße wird jetzt ein historisches Mausoleum zu einer Bücher-Tauschstation, zu einem Bücher Mausoleum. Das funktioniert ganz einfach: bringen Sie Bücher, die Sie ausgelesen haben mit und stellen Sie sie für andere Menschen in den Bücherschrank im Mausoleum. Nehmen Sie Bücher, die andere mitgebracht haben, aus dem Schrank. Das Gute dabei: der Friedhof mit seinen zahlreichen Sitzmöglichkeiten ist ein idealer Ort, um in andächtiger Ruhe, mitten in einer großartigen Natur gleich mal in die neuen alten Bücher hinein zu schauen oder sich darin zu verlieren."
 
Zur Eröffnung wird die Schauspielerin Silke Jensen spontan aus Büchern, die mitgebracht werden oder im Bücherschrank stehen, vorlesen.
 
Dannach ist das Bücher Mausoleum täglich zu den Öffnungszeiten des Friedhofs geöffnet. 

Und ich merke an, dass die Zwölf-Apostel-Kirchhöfe in Berlin regelmäßig ein attraktives und sehr kreatives Veranstaltungsprogramm anbieten, heute findet z.B. um 17 Uhr ein Vortrag von Nina Kreibig statt, die gerade ihre Dissertation als Buch „Die Berliner Leichenhäuser im 19. Jahrhundert“ veröffentlicht hat. (Ja, ich hab mir schon ein Besprechungsexemplar reserviert!) 

Die Eröffnung des Bücher Mausoleums mit Lesung findet am Samstag 10. Juni 2023, um  15.00 Uhr statt. Die Adresse ist: Alter Zwölf-Apostel-Kirchhof, Kolonnenstraße 24-25, 10781 Berlin
 

Donnerstag, 25. Mai 2023

Zum Tod von Isabel von Papen

Profilbild von Isabel von Papen von der Seite des Sepulkralmuseums
Normalerweise schreibe ich hier über historische Friedhöfe und keine Nachrufe, doch der Name Isabel von Papen gehört zum Thema dieses Blogs einfach mit dazu und deswegen ist es mir wichtig, dass er hier steht: 

Isabel von Papen hat seit 1997 die Bibliothek des Kasseler Museums für Sepulkralkultur geleitet, die aus der Büchersammlung der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal hervorgegangen ist. Vor Kurzem habe ich erfahren, dass sie am 28. April 2023 nach langer, schwerer Krankheit gestorben ist. 

Die Diplom-Bibliothekarin war, wie ein gemeinsamer Freund auf der Seite des Sepulkralmuseums schreibt, "weit mehr als nur die Leiterin der Bibliothek". Unter ihrer Ägide wurde dieser Ort zu einem wichtigen Anlaufpunkt für alle Interessierten und insbesondere für Forscherinnen und Forscher. Sie sammelte die neuen Titel zum Thema Sepulkralkultur, die in dieser Zeit immer häufiger auf den Markt kamen. Und da ihr Etat nicht groß genug war, um alle ihre Wünsche zu erfüllen, fragte sie häufig nach Rezensionsexemplaren, die sie dann in der Zeitschrift "Friedhof und Denkmal" vorstellen und so kostenlos in die Bibliothek intergrieren konnte. Ihre in der Zeitschrift veröffentlichten, ausführlichen und sorgfältigen Analysen der jeweiligen Titel beinhalten noch heute viele nützliche Informationen über die von ihr ausgewählten Bücher.

Montag, 22. Mai 2023

"Jewish cemeteries as visitor destinations across Europe" - Webinar am 24.5.

Jüdischer Friedhof in Krakau (Foto Leisner)
Für ganz schnell Entschlossene gibt es hier diesen Tipp der ASCE (Association of Significant Cemeteries in Europe): Am 24 May 2023 findet um 9:30 ein Webinar in Englisch mit dem Thema "Jüdische Friedhöfe als Besuchsziele in Europa" statt. In der Information dazu heißt es (aus dem Englischen übersetzt):

Das Webinar wird von der Foundation for Jewish Heritage veranstaltet und richtet sich an Verantwortliche für die Arbeit mit jüdischem Kulturerbe, Experten aus der Kulturerbebranche und das interessierte Publikum. Das Webinar untersucht, wie und in welchem Ausmaß jüdische Friedhöfe in sieben osteuropäischen Ländern als Besucherziele genutzt werden und wie aktuelle Initiativen zur Erhaltung und Förderung weiterer historischer jüdischer Friedhöfe beitragen könnten. 

Referenten aus ganz Mittel- und Osteuropa werden über ihre Erfahrungen und Visionen berichten, wie man Besucher für diese Stätten begeistern kann, die ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Erfahrung und des gemeinsamen Erbes aller Europäer sind. Zu den Referenten gehören: Marta Mackowiak, die über ein neues Projekt über Juden aus Niederschlesien und ihre Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Historischen Institut in Warschau sprechen wird, Dušan Vrban von der Association of Significant Cemeteries in Europe, der seine Erkenntnisse darüber mitteilen wird, was Europas Friedhöfe als Kulturerbeziele bieten, und Monika Göttler, die über die Rolle der bayerischen Stadt Regensburg als REDISCOVER-Partner und die Vorteile dieser europäischen Zusammenarbeit für die lokale Arbeit zur Aufwertung des jüdischen Erbes und die Entwicklung von Produkten und touristischen Dienstleistungen auf der Grundlage des jüdischen Kulturerbes sprechen wird, die aus dieser Partnerschaft hervorgegangen sind.

Bei dieser Veranstaltung handelt es sich um den 2. Teil von zwei Webinaren, die von der Foundation for Jewish Heritage veranstaltet werden und in denen untersucht wird, wie und in welchem Umfang jüdische Friedhöfe in ganz Europa als Besucherziele genutzt werden können und derzeit genutzt werden.

Das Webinar beginnt mit einer Einführung durch die Vorsitzende der Foundation for Jewish Heritage, Dame Helen Hyde, gefolgt von einer Grundsatzrede von Dr. Paul Darby, der die Ergebnisse seines Berichts "Jewish Cemeteries as Visitor Destinations - Exploring Current Practices, Current Challenges and sustainable futures in seven European Countries" vorstellt. Für diesen Bericht wurden die wichtigsten Interessengruppen befragt, Marktanalysen durchgeführt, Fallstudien dokumentiert und der Einsatz neuer Produkte und digitaler Technologien untersucht.

Das Programm wird über Zoom durchgeführt, beginnt um 9.30 Uhr MEZ und endet um 17.00 Uhr MEZ. Die Teilnahme ist kostenlos, man muss aber vorher buchen auf: https://www.eventbrite.com/e/jewish-cemeteries-as-visitor-destinations-tickets-607408022747

Hier der Programmflyer:


 

Mittwoch, 3. Mai 2023

500 Jahre Taucherfriedhof Bauten

Buchcover
Der Taucherfriedhof in Bautzen feiert in diesem Jahr sein 500jähriges Bestehen. Schon durch dieses hohe Alter, das in Deutschland nicht allzu viele Friedhöfe erreichen, ist er ungewöhnlich. Dazu kommen aber noch weitere Faktoren, die ihn zu einem echten Kleinod der deutschen Friedhofslandschaft machen.

Zu dem Jubiläum ist ein handliches Buch erschienen, das neben einem Abriss zur Geschichte dieses Friedhofs und des daran angrenzenden Miachelisfriedhofs über 100 historische Grabanlagen und Grabmäler vorstellt. Dabei stehen die Lebensgeschichten der Bestatteten im Vordergrund und die Grabmale erscheinen - leider - in sehr kleinen Bildern. Durch Pläne auf den Innenseiten der beiden Umschläge, in die die Grablagen mit den Nummern der behandelten Orte eingezeichnet sind, eignet sich dieses Buch hervorragend vor Ort als Führer für Friedhofsspaziergänge. 

Aber auch sozusagen von weitem bietet das Jubiläumsbuch einen guten Einstieg in die Besonderheiten dieses Friedhofs, die ihn aus der Menge der historischen Friedhöfe hervorheben. Denn dieser Begräbnisplatz spiegelt die Stadtgeschichte auf ganz besondere Weise wider. Er wurde in reformatorischer Zeit außerhalb der Stadt angelegt; zu einem Zeitpunkt, als  die Anhänger der neuen Religion sich in Bautzen noch nicht vollständig durchgesetzt hatten. 

Mittwoch, 19. April 2023

Digitalisierung im Bestattungswesen - 11. Symposium der FUNUS Stiftung

Das 11. Symposium der FUNUS Stiftung  findet am 4. Mai  im Zentrum für Endlichkeitskultur (ZFE) in Kabelsketal (in der Nähe von Halle) statt. Gesprochen wird dort mit Experten über die Chancen und Risiken, die mit der „digitalen Welt“ und dem Bestattungswesen verbunden sind. Themen sind unter anderem digitale Trauer, digitale Transformationsprozesse im Friedhofs- und Bestattungswesen, Bestatter als Social Media-Stars und der digitale Friedhof. Hier die Referierenden und ihre Themen in Kurzform (zitiert von der Seite der Funus-Stiftung).

Prof. Dr. Stefan Stumpp, Hochschule Anhalt, Bernburg: "Digitalisierung - eine Einführung. ... Wir befinden uns in der tiefgreifendsten gesellschaftlichen Veränderung seit langer Zeit. Der Referent ist ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet und wird uns Chancen und Risiken dieser Entwicklung aufzeigen."

Dienstag, 28. März 2023

Friedhofs-Rallye mithilfe von QR-Codes

Taborfriedhof, Blick aus einem der Arkadengänge zum Torturm am Haupteingang
"Actionbound" ist eine App, mit der jeder und jede eine Smartphone-Rallye selbst ausgestalten kann. Sie ist kostenlos und wurde ursprünglich als medienpädagogisches Projekt gestartet. Diese App hat die Lehramts-Studentin Maria Bergsmann (sie heißt inzwischen Maria Gaisbauer) für ihre Masterarbeit "Friedhofserkundung digital? Veränderung von Schüler*innen-Einstellungen zum Friedhof“ verwendet und eine Schüler-Rallye für den Taborfriedhof im österreichischen Steyr für ihr Lehrfach katholische Religion entwickelt.

Für die Teilnahme muss man die App auf sein Smartphone oder Tablet herunterladen. Für den Fall, dass man unterwegs kein Internet hat, kann man den Inhalt der Rallye auch vorher herunterladen. Auf dem Friedhof sind an dreizehn Stationen QR-Codes angebracht, die man mit der App scant. Audio-Dateien und Texte vermitteln dann Informationen zu den Themen, die vor Orte im jeweils im Mittelpunkt stehen. 

Es gibt insgesamt 13 Stationen, die vom "Ankommen und Wahrnehmen", über die Friedhofsgeschichte, Symbole am Friedhof, eine besondere Gruft, Grabsprüche und die spezielle Lebensgeschichte einer Verstorbenen, zu einer weiteren wichtigen Gruft und der Familie, der sie gehörte, speziellen Symbolen auf Kindergräbern, dem Thema Evangelischer und jüdischer Friedhof - dieses Thema hängt eng mit der Friedhofs- und Stadtgeschichte zusammen -, den Kriegerfriedhöfen, der Grab- und Gedenkstätte der Notschlafstelle des Vereins Wohnen bis zum der Grabstätte für die „Sternenkinder“ reichen. 

Donnerstag, 2. März 2023

Das vergessene Gedenken

Dieses Buch widmet sich intensiv der Geschichte der Gedenkkultur der in der Bundesrepublik Deutschland neu gegründeten Bundeswehr. Dabei zeigt die Autorin auf, wie die Tatsache, dass diese Armee auf den Einstellungen, Erfahrungen und nicht zuletzt auf dem Personal der nationalsozialistischen Wehrmacht aufgebaut wurde, die Gedenkkultur für im Einsatz gestorbene Mitglieder dieses Verbandes während der Nachkriegsjahrzehnte geprägt hat. 

Im Zentrum der Arbeit steht die sich entwickelnde Gedenkkultur seit 1955 im Zusammenhang mit der Frage, "warum es über etwa vier Jahrzehnte hinweg so gut wie keine offiziellen und öffentlichen Formen des Trauern und des Gedenkens für die Toten der Bundeswehr gab." Akribisch zeichnet die Autorin nach, wie sich an Stelle einer offiziellen Gedenkkultur ein bundeswehrinternes Totengedenken entwickelte. Diese Memorialkultur wurde häufig von Veteranen der Wehrmacht geprägt, die im Gedenken an gefallene Kameraden den Mythos vom Heldentod ungebrochen propagierten und "dabei oft von einer Distanzlosigkeit zur NS-Diktatur geprägt" waren. 

Mittwoch, 15. Februar 2023

Unvergessen - mit Hilfe von QR-Codes in Dresden

Grabmalplastik: am Boden Hockender, der zum Himmel blickt
Grabmal Paul Büttner, auf das auch ein QR-Code hinweist (Quelle: Von Paulae - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0)
Auch auf dem Alten und dem Neuen Annenfriedhof in Dresden kann man jetzt über QR-Codes Geschichte erleben. Das neue Projekt heißt "Unvergessen - Dresdner Persönlichkeiten und wo sie begraben liegen". Mit diesem typischen Grabstein-Spruch sollen die Geschichten von Verstorbenen für die Nachwelt festgehalten werden. Auf der Webseite heißt es dazu: "Die meisten Friedhöfe sind durch ihr Alter und die historischen Grabanlagen Fundgruben für Stadtteil- und Stadtgeschichte, manchmal auch darüber hinaus. Aus dem eigentlich persönlichen Grab eines Familienmitgliedes wird im Verlauf der Zeit so teilweise eine öffentliche Stätte, zu der jedoch teilweise immer noch Angehörige gehören."

Deren persönliche Perspektive spiegeln die den QR-Codes zugrunde liegenden Internetseiten wider, auf denen aus den aufgezeichneten Interviews, die der Journalist Henry Berndt und die Friedhofsverwalterin Lara Schink mit Nachfahren bedeutender Persönlichkeiten geführt hat. Über die Codes erreicht man diese Seiten, in denen die auf dieser Grundlage entstandenen Geschichten mit Ton- bzw. Video-Ausschnitten aus den Interviews multimedial verbunden sind.

Dienstag, 7. Februar 2023

transmortale XII in Kassel

Die transmortale ist in ihrer 12. Ausgabe zu einer umfangreichen Veranstaltung herangewachsen, die inzwischen von drei Partnerinstitutionen und weiteren Kooperationspartnern verantwortet wird. 

2023 findet sie am 24. und 25 März im Sepulkralmuseum in Kassel statt. Unter diesem Link findet sich der Flyer mit dem Programm. Man kann sich auch auf der Website des Museums für Sepulkralkultur informieren und gleich anmelden. Wie in jedem Jahr widmen sich die Vortragenden zu einem Teil aktuellen Themen, wie z.B. der Beitrag von Maximiliane Nietzschmann (Heidelberg) zu medialen Vermittlung des Umgangs mit Toten und Sterbenden in Zeiten von Corona (März – April 2020). Aber auch historische Bezüge werden aufgegriffen, wie z.B. in dem Beitrag von Alexander Querengässer (Halle/Saale) mit dem Titel "Vom Massengrab zum Nationaldenkmal. Militärische Begräbniskultur vom Mittelalter bis in die Moderne".

Die Anmeldung ist bis zum 20.3.2023 auch möglich über:  Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e. V., Telefon: 0 561 / 918 93 0; Fax: 0 561 / 918 93 10, Brief: Weinbergstraße 25-27, 34117 Kassel, Mail: info@sepulkralmuseum.de 

Kosten: Teilnahmebeitrag regulär 30,00 EUR; reduziert für Studierende (Nachweis bitte am Veranstaltungstag bereithalten)12,50 EUR; Verpflegung 27,00 EUR   

Donnerstag, 19. Januar 2023

Friedhof als Fokus von Kulturpolitik

Screenshot von der Videoaufzeichung des Salongesprächs vom 17.1.2023
Das Kuratorium immaterielles Erbe Friedhofskultur e.V. lädt monatlich einmal zu einem digitalen Salon ein. Den Link zur Zoomsitzung erhält man, wenn man sich angemeldet hat. Der erste Salon fand vor kurzem am 17. Januar unter dem Titel „Friedhof als Fokus von Kulturpolitik: Geht das?“ statt. Eingeladen war Olaf Zimmermann, der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Herausgeber und Chefredakteur der Zeitung des Kulturrates "Politik & Kultur" und u.a. auch Vorsitzender des Stiftungsbeirates der Kulturstiftung des Bundes und Sprecher der Initiative kulturelle Integration. Der Deutsche Kulturrat ist der Spitzenverband der Bundeskulturverbände. Er ist der Ansprechpartner der Politik und Verwaltung des Bundes, der Länder und der Europäischen Union in allen kulturpolitischen Angelegenheiten. 

Freitag, 6. Januar 2023

Der Alte Niendorfer Friedhof

Cover: Manfred Meyer "Alter Niendorfer Friedhof"
Niendorf ist heute ein Stadtteil von Hamburg, der früher als Dorf weit außerhalb der Stadtgrenze der Hansestadt lag. Die Niendorfer und die Bewohner der umliegenden Dörfer mussten damals ihre Toten in das weit entfernte Eppendorf, das zu Hamburg gehörte, tragen, denn bis zum 18. Jahrhundert waren sie dorthin eingepfarrt. Das änderte sich mit der Gründung eines neuen Kirchspiels und dem Bau einer neuen Kirche in Niendorf, deren Einweihung am 14. November 1770 stattfand. Seitdem konnten die Bewohner des neuen Kirchspiels, zu dem auch umliegende Dörfer gehörten, ihre Toten auf dem neuen Kirchhof um die Kirche herum begraben. Dieser erwies sich, wie so oft, bald als zu klein und musste mehrfach erweitert werden. Später kam noch ein zweiter Friedhof ganz in der Nähe hinzu. Der - nun alte - Friedhof verlor aufgrund von Straßenbauarbeiten im 20. Jahrhundert dann wieder an Größe. 

Mittwoch, 4. Januar 2023

Friedhof 2.0 - Kunstprojekt auf dem Hauptfriedhof Kaiserslautern

Installation "Grablicht" auf dem Hauptfriedhof Kaiserslautern 2022
An 26.11.2022 wurde auf dem Hauptfriedhof in Kaiserslautern offiziell ein Kunstprojekt eröffnet, dessen Konzept auch für andere Friedhöfe interessant sein dürfte. Der Fotograf und Künstler Thomas Brenner hat dafür Ideen entwickelt, die - wie es auf der Website des Projektes heißt - "diesem Raum mehr Bedeutung geben, ihn in das Leben integrieren und über Kunst und Kultur neue Ebenen erschließen" sollen. "Themen der aktuellen Gesellschaft wie Digitalisierung, Globalisierung, Klimaveränderung und interkulturelles Denken werden angesprochen." 

Dafür sind künstlerische Interaktionen geplant, von denen die ersten schon auf dem historischen Friedhof in Kaiserslautern umgesetzt worden sind. Sie sind als "Werke/Eingriffe/Veränderungen" an verschiedenen Stellen auf dem Friedhof zu finden und können unterschiedlich befristet sein. Der Künstler sieht dabei sein Konzept als Pilotprojekt an, das auf fast alle Friedhöfe übertragbar ist, und strebt die Einbindung weiterer Künstler*innen, z.B. in Form von Lesungen, Musik,Tanz oder Theateraufführungen an. 

Bisher sind auf dem Friedhof vier Installationen eingerichtet worden. Am Eingang informiert ein Schild über das Konzept und an den Installationen ermöglichen QR-Codes weitere Informationen. Für besondere Aufmerksamkeit dürfte der Kubus „Grablicht“ sorgen, der in der Morgen- und Abenddämmerung von innen pulsierend beleuchtet wird. Er besteht aus goldfarbenen Metallgittern und ist an die Größe eines Grabes angelehnt. Gefüllt ist er mit "5.800 roten Plastikhülsen und 250 goldfarbenen Deckeln". Es sind die leeren Hülsen der kleinen - auf katholischen Friedhöfen besonders zu Allerseelen auf den Gräbern leuchtenden - Grablichter.

Installation "Gießkanne"
In der Nähe befindet sich die Installation "Gießkanne", die aus einem Feld in Form von zwei asymetrischen Wellen besteht. Zu ihnen sind über 200 graue Gießkannen (aus Recycling-Material) aufgereiht. Drei symbolische Wasserhähne ragen am Anfang aus der Erde. Die Kannen ermöglichen zahlreiche Assoziationen und sollen zugleich den Fluss des Wassers symbolisieren. Am Waldrand verschwinden sie in der Erde. Zur Zeit "schwimmen" sie in braunen Herbstlaub. Im Frühjahr sollen zwischen ihnen einheimische, niedrigwachsende Wildblumen eingesät werden.