Mittwoch, 4. Januar 2023

Friedhof 2.0 - Kunstprojekt auf dem Hauptfriedhof Kaiserslautern

Installation "Grablicht" auf dem Hauptfriedhof Kaiserslautern 2022
An 26.11.2022 wurde auf dem Hauptfriedhof in Kaiserslautern offiziell ein Kunstprojekt eröffnet, dessen Konzept auch für andere Friedhöfe interessant sein dürfte. Der Fotograf und Künstler Thomas Brenner hat dafür Ideen entwickelt, die - wie es auf der Website des Projektes heißt - "diesem Raum mehr Bedeutung geben, ihn in das Leben integrieren und über Kunst und Kultur neue Ebenen erschließen" sollen. "Themen der aktuellen Gesellschaft wie Digitalisierung, Globalisierung, Klimaveränderung und interkulturelles Denken werden angesprochen." 

Dafür sind künstlerische Interaktionen geplant, von denen die ersten schon auf dem historischen Friedhof in Kaiserslautern umgesetzt worden sind. Sie sind als "Werke/Eingriffe/Veränderungen" an verschiedenen Stellen auf dem Friedhof zu finden und können unterschiedlich befristet sein. Der Künstler sieht dabei sein Konzept als Pilotprojekt an, das auf fast alle Friedhöfe übertragbar ist, und strebt die Einbindung weiterer Künstler*innen, z.B. in Form von Lesungen, Musik,Tanz oder Theateraufführungen an. 

Bisher sind auf dem Friedhof vier Installationen eingerichtet worden. Am Eingang informiert ein Schild über das Konzept und an den Installationen ermöglichen QR-Codes weitere Informationen. Für besondere Aufmerksamkeit dürfte der Kubus „Grablicht“ sorgen, der in der Morgen- und Abenddämmerung von innen pulsierend beleuchtet wird. Er besteht aus goldfarbenen Metallgittern und ist an die Größe eines Grabes angelehnt. Gefüllt ist er mit "5.800 roten Plastikhülsen und 250 goldfarbenen Deckeln". Es sind die leeren Hülsen der kleinen - auf katholischen Friedhöfen besonders zu Allerseelen auf den Gräbern leuchtenden - Grablichter.

Installation "Gießkanne"
In der Nähe befindet sich die Installation "Gießkanne", die aus einem Feld in Form von zwei asymetrischen Wellen besteht. Zu ihnen sind über 200 graue Gießkannen (aus Recycling-Material) aufgereiht. Drei symbolische Wasserhähne ragen am Anfang aus der Erde. Die Kannen ermöglichen zahlreiche Assoziationen und sollen zugleich den Fluss des Wassers symbolisieren. Am Waldrand verschwinden sie in der Erde. Zur Zeit "schwimmen" sie in braunen Herbstlaub. Im Frühjahr sollen zwischen ihnen einheimische, niedrigwachsende Wildblumen eingesät werden.

"Pflanzen gegen das Vergessen"
Aus achtzehn hölzernen Grabumfassungen sollen im Frühjar die "Pflanzen gegen das Vergessen" herauswachsen. Es sind alte Kulturpflanzen, die resistenter und wiederstandfähiger sind "als unser 'Konsum-Gemüse' ". Sie "werden nicht mehr angebaut und geraten in Vergessenheit. Trotz gutem Geschmack passen Ertrag oder Form nicht in unsere Hochleistungsgesellschaft… Dieser Zustand mindert die Biodiversität und wird langfristig zu einer Verarmung des Angebotes führen", heißt es dazu in der Erklärung. Die verschiedenen Sorten bekommen nun auf dem Friedhof einen Platz der Erinnerung und des Gedenken und gleichzeitig soll ihnen das Überleben ermöglicht  und mit den Saatfeldern in Grabform sozusagen wieder eine Bühne gegeben werden. Jede Fläche soll mehrmals im Jahr kultiviert werden, so dass es immer einige Flächen gibt, die das pflanzliche Leben im Entstehen, Blühen und Vergehen zeigen. Wie auf einer Grabstätte steht am Kopfende jeder Fläche eine schwarze Tafel mit dem botanischen Namen und der Herkunft der Pflanzen in goldener Schrift. Besucher sollen mit der Möglichkeit zum Gießen und Ernten aktiv in das Projekt integriert werden.

"Letzte Inszenierung"
Die "Letze Inszenierung" besteht aus acht großen Bannern mit den Bildern einer Fotoserie mit demselben Titel, die hintereinander in einer alten Alleen des Friedhofs oben zwischen den hohen Bäumen hängen. Die Bilder, die mit Texten verbunden sind, reflektieren Leben und Tod.

Weitere Informationen, viele Bilder und regelmäpige Updates zu den Installationen findet man auf der Website des Projektes Friedhof 2.0

(Alle Bilder in diesem Post stammen von der hier genannten Website des Künstlers Thomas Brenner, dem ich für die Erlaubnis zur Veröffentlichung danke.)