Sonntag, 11. August 2019

Der Kieler Südfriedhof - Bestattungskultur und Gartenkunst seit 1869

Cover "Der Kieler Südfriedhof"
Unter diesem Titel ist das neue Buch über den Kieler Südfriedhof von Walter Arnold mit den Fotografien von Bettina Fischer erschienen. Damit ist diesem Friedhof - endlich - ein ausführliches Werk gewidmet, mit dem sowohl die Friedhofsgeschichte wie die Grabkultur dieser für die Friedhofsgeschichte im Norden Deutschlands wichtigen Anlage ausführlich in Text und Bild dargestellt wird. Das gebundene Buch begrüßt seine Leser mit einer mehrseitigen Bildfolge, deren stimmungsvolle Friedhofsfotografien teilweise über eine Doppelseite gehen, und stimmt sie damit gleich am Anfang auf die Idee des Parkfriedhofes ein, die nach einem einleitenden Text ausführlich vorgestellt wird. Darin geht es zuerst um die Entwicklung der Gartenkunst vom Barockgarten zum Englischen Landschaftsgarten und um die Ideen dieser Gartenkunst, die in Kiel erstmals die Friedhofsgestaltung von Grund auf bestimmt haben.

Als zweiter Aspekt wird die Kieler Stadt- und damit auch die Friedhofsgeschichte dargestellt, wobei natürlich die Erhebung der Stadt zum Reichskriegshafen im Jahr 1871 und ihr sprunghaftes Anwachsen von besonderer Bedeutung sind. Eine Doppelseite widmet der Autor dem Gartengestalter und Journalisten Wilhelm Benque und seinem bewegten Lebenslauf, dessen - teilweise aus Amerika stammende Ideen - für den Friedhof maßgebend waren, bevor er sich ausführlich mit diesen Ideen auseinandersetzt.

Plan des Südfriedhofs von Wilhelm Benque, 1866
Die damals neuartige Gestaltung der Bestattungsanlage als Park mit künstlichen Aufschüttungen von Hügeln, geschwungener Wegeführung und der Anlage einer kleinen Wasserfläche ging nicht ohne heftige Auseinandersetzungen von statten, die in einer öffentlichen Zeitungsfehde gipfelten. Der Autor kann durch seine Quellenforschung erstmals genauer darstellen, wie kontrovers diese - für die Zeitgenossen gewöhnungsbedürftige - Gestaltungsideen in der Fachwelt und bei den zuständigen Verwaltern der Friedhofsangelegenheiten in Kiel diskutiert wurde.

Dass der historische Friedhofplan von Wilhelm Benque von 1866 und ein historischer Stadtplan von Kiel von 1869, auf dem die im Westen der Stadt bestehenden Friedhöfe eingezeichnet sind, auf den Innenseiten der Buchdeckel abgedruckt sind, rundet dabei das Bild ab, wobei im Text nach der Einweihung des Friedhofs am 30. April 1869 ein weiteres Kapitel der späteren Friedhofserweiterung und Nutzung gewidmet ist.

Bild- und Textseite: Kapellenberg und Grabmalkultur
(Alle Fotos Leisner 2019)
Der zweite Teil des Buches geht auf den heutigen Charakter des Friedhofs und besonders auf die noch vorhandenen historischen Grabmale ein, die sozusagen von unten nach oben abgehandelt werden, denn neben der Bepflanzung  geht es zuerst allgemein um Grabmäler, dann um verschiedene Grabformen und zuletzt um die Besonderheit des Südfriedhofs, den Kapellenberg mit seinen Mausoleen und Grüften. Dabei erfahren Leser viel über die Persönlichkeiten, die das Leben in Kiel einst prägten, und zugleich gibt der Autor umfangreiche Informationen zur Grabmalkultur und Grabmalkunst des 19. und 20. Jahrhunderts in der Fördestadt. Kongenial werden diese Texte ergänzt durch die opulenten Farbfotos von Bettina Fischer, in denen die unterschiedliche Friedhofsstimmung durch den Wechsel der Jahreszeiten ebenso festgehalten ist, wie einzelne Grabmale und Grabmaldetails. Insgesamt haben die Autoren damit ein Buch vorgelegt, das einerseits die Erforschung der Friedhofsgeschichte in Deutschland bereichert, andererseits für Liebhaber von Friedhöfen und Grabmalen eine Augenweide ist und zugleich einen guten Einstieg in die Grabmalkultur der beiden letzten Jahrhunderte bietet.

Walter Arnold, Bettina Fischer, Der Kieler Südfriedhof. Bestattungskultur und Gartenkunst seit 1869. Sonderveröffentlichung der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 90, Husum Verlag 2019, 159 Seiten, zahlr. farb. Abb., geb., € 17,95