Sonntag, 31. Juli 2011

Der Altstadtfriedhof in Aschaffenburg

Für den Altstadtfriedhof in Aschaffenburg gibt es zwar bisher keinen Freundeskreis, doch es gibt die engagierte Aschaffenburger Grundschullehrerin und Stadtführerin Monika Spatz, die diesem Begräbnisplatz 2009 zu seinem zweihundertjährigen Jubiläum ein Buch gewidmet hat. Dessen Inhalt ist jetzt auch in ihre übersichtlich gestaltete und informative Internetseite eingeflossen.

Am Beginn steht ein kurzer Abriss der Friedhofgeschichte. Interessant ist daran, dass in den 70er Jahren des letzten Jahrhundert beschlossen wurde, den Friedhof zur Jahrhundertwende zu schließen und nur noch als Park weiter zu führen. Sicher hätte das zu starken Einbußen in der Grabmalkultur geführt. Doch hob man diesen Beschluss später wieder auf, so dass heute immer noch dort bestatt werden kann.

Insgesamt zweiunddreißig Familiengrabstätten werden auf der Website zur Zeit in alphabetischer Reihenfolge mit Bildern und Texten vorgestellt. Darunter ist - nicht nur alphabetisch - an erster Stelle die Grabstätte der Familie Brentano zu nennen, auf der auch der bekannte Dichters Clemens Brentano (1778-1842) bestattet ist.

Zusätzlich wird auf die Grabstätte der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen aus dem Zweiten Weltkrieg ebenso aufmerksam gemacht wie auf die Soldatengräber beider Weltkriege. Leider erfährt man von den anderen Soldatengräbern des Friedhofes nur, dass es sie gibt, und sieht die interessanten Bilder einer barocken Christusplastik auf einem Sarkophag, sowie eines Obelisken und einer abgebrochenen Säule. Vielleicht findet die Autorin darüber ja noch mehr heraus, so dass man später auf ihrer Website erfährt, an wen diese Grabmale genau erinnern sollen. Auch die Seite, die den Grabmalen gewidmet ist, wirkt noch ein wenig leer, denn man sieht dort unter dem Titel "Impressionen" nur sechs Grabmalfotos. Auch wenn man über den verwaisten jüdischen Teil des Friedhofs  gern noch etwas erfahren würde, so erhält man insgesamt einen guten Überblick über diesen interessanten Friedhof, für den es übrigens auch bei der Stadt Aschaffenburg einen Flyer mit einem Friedhofsplan und einem - allerdings kleineren - Rundgang von 2009 gibt. Übrigens gibt es zur Zeit auf den Aschaffenburger Friedhöfen und dabei vorwiegend auf dem Altstadtfriedhof über 400 Grabmale, die von der Stadt Aschaffenburg erhalten und gepflegt werden.

Monika Spatz: Steine erzählen Geschichte. 
Ein Rundgang über den Altstadtfriedhof in Aschaffenburg
Verlag RegioKom, 1. Auflage, Aschaffenburg 2009.
88 Seiten, durchgehend farbig. 
ISBN 978-3-9810660-7-4. 
Preis: 12,95 EUR (D)

   

I

Montag, 25. Juli 2011

Ohlsdorfer Friedensfest

Vom 23. Juli bis 3. August finden auf dem Ohlsdorfer Friedhof an den Sammelgräbern der Bombenop‐
fer zahlreiche kulturelle Veranstaltungen statt, um der Opfer des Zweiten Weltkrieges und des Nationalsozialismus zu gedenken. Im Flyer der Veranstaltungsreihe ist der Grund für diese Veranstaltungsreihe genannt: Man will die Anlage für die Toten des Hamburger Feuersturms vom Juli und August 1943 davor schützen dazu missbraucht zu werden, die Ursachen des Zweiten Weltkrieges
umzudeuten und die Verbrechen des Nationalsozialismus zu relativieren, wie es Neonazis in der Vergangenheit durch Kundgebungen auf dem Friedhof immer wieder versucht haben.

Das Ohlsdorfer Friedensfest wird von einem Bündnis verschiedener Organisationen gestaltet, deren  Botschaft lautet „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“ ‐ für die heutigen und die kommenden Generationen. Da inzwischen die Tradition der mündlichen Überlieferung des grausamen Geschehens zu Ende geht, versucht man neue Formen der Erinnerung zu finden und weiterhin der Trauer um die Opfer Raum zu geben.

Dabei werden solche Fragen im Mittelpunkt stehen wie: Wer waren die Opfer des Bombenkrieges? Wie konnte es so weit kommen? Mitten im Krieg gab es Verfolgung und Widerstand, welche Opfer waren hier zu beklagen? In welchem Zusammenhang stehen Nazidiktatur, Verfolgung und Krieg?

Zu der Veranstaltungsreihe gibt es einen ausführlichen Flyer. Ich selbst bin eingeladen an der Podiumsdiskussion zum Thema: "Denkmäler erklären nichts. Lebendiges Erinnern heute" am 30.7. um 15.30 Uhr teilzunehmen. Die Veranstaltungen finden am Denkmal für die Bombenopfer in der Nähe der Mittelallee des Ohlsdorfer Friedhofs statt.

Dienstag, 19. Juli 2011

100 Jahre Krematorium und Urnenhain Dresden-Tolkewitz - Die Ausstellung

Zu dem Jubiläum in Tolkewitz gibt es nicht nur das im vorigen Post besprochene Buch, sondern auch eine gleichnahmige Ausstellung, die noch bis zum 19. August 2011 im Stadtarchiv in Dresden gezeigt wird. Danach wird sie ab dem 14. Oktober im Sepulkralmuseum in Kassel zu sehen sein. Wer im Internet etwas darüber erfahren will, sei auf diesen Link verwiesen.

100 Jahre Krematorium und Urnenhain Dresden-Tolkewitz

Buchcover (Foto Leisner, mit fr. Genehmigung des
Sax Verlag )
Das hier schon im Frühjahr (Post vom 2.5.2011) angekündigte Buch zum Jubiläum des Krematoriums und des Urnenhain Dresden-Tolkewitz liegt inzwischen seit knapp drei Wochen auf meinem Schreibtisch.

Diese Zeit habe ich auch gebraucht, um mir diesen 219 Seiten starken, großformatigen, gebundenen Sammelband genauer anzusehen, und mein Eindruck ist: Dem "Jubilar" wurde mit diesem Buch ein prall gefüllter Präsentkorb überreicht, der lange vorhalten wird.

Insgesamt sind an diesem Band achtundzwanzig namhafte Autoren - zum Teil mit mehr als nur einem Beitrag - beteiligt. Auf alle einzeln einzugehen, scheint mir hier nicht sinnvoll. Das Inhaltsverzeichnis lässt aber hoffentlich nachvollziehen, wie weitgehend die Beiträge alle denkbaren Bezüge zur Geschichte von Feuerbestattung, Krematoriumsbau und der Aufstellung von Urnen in Dresden-Tolkewitz abdecken.


Marion Stein führt nach einer Reihe von Geleitworten mit einer Darstellung der ersten modernen Feuerbestattung Europas, die in Dresden stattfand, in das Thema ein und macht dabei deutlich, wie ungewöhnlich die technische Neuerung der Kremation im 19. Jahrhundert war; so ungewöhnlich nämlich, dass eine englische Lady nach ihrem Tod nach Deutschland überführt werden musste, um ihren dringenden Wunsch eingeäschert zu werden zu erfüllen.

Ulrich Hübner geht danach ausführlich auf den Bau und die möglichen Vorbilder des Krematoriums ein und skizziert Fritz Schumachers Ideen zu dieser vor hundert Jahren noch seltenen Bauaufgabe, die nicht nur in modernen sondern auch mit zahlreichen historischen Abbildungen dargestellt wird, während Ulricke Hübner-Grötzsch den angrenzenden Urnenhain und mit seinen Einflüssen durch die Friedhofsreformbewegung vorstellt. An dieser Stelle wäre es für Interessierte, die diese Anlage nicht persönlich kennen, angenehm gewesen, wenn dem eigentlichen Thema des Beitrages eine Entwicklungsgeschichte des Tolkewitzer Urnenhaines mit der entsprechenden Plangrundlage vorausgegangen wäre. Dadurch hätte man - nicht nur verbal sondern auch bildlich - einen Eindruck davon bekommen, welche Bereiche ab wann in die Gestaltung und Belegung einbezogen worden sind.

Doch soll diese kritische Anmerkung keineswegs die Bedeutung der einzelnen Beiträge schmälern, die nun mit statistischen Anmerkungen zu den ersten Betriebsjahren des Krematoriums, den folgenden Krematoriumsbauten in Tolkewitz und einem Blick auf die heutige umweltfreundliche Technik die Entwicklungsgeschichte fortfahren. Auch das Thema Trauern wird in den Blick genommen, wobei Peter Neumann seinen Beitrag zu den Tolkewitzer Trauerfeiern für meinen Geschmack gern noch breiter hätte  ausarbeiten können, während der Hinweis auf die "Trauerarbeit"  den Rahmen dieses doch eher auf historischen Sammelbandes  vielleicht  ein wenig sprengt und auch der Beitrag von Reiner Sörries über Bestattungskultur im Wandel über diesen Rahmen hinausweist.

Sozusagen die zweite Hälfte des Buches ist weitgehend den verstorbenen Persönlichkeiten und ihren Grabmalen gewidmet, die in Tolkewitz feuerbestattet bzw. aufgestellt worden sind. Mit Staunen lernt der Betrachter, welche Vielfalt und Pracht anfangs für die Beisetzung der Urnen entwickelt wurde. Eindrucksvoll sind dabei die Beiträge von Ferdinand Heinz, Martin Kaden und Jan-Michael Lange, die sich mit den Gesteinsanwendungen am Krematorium und auf dem Urnenhain befassen. Sie stellen nicht nur die wichtigsten Gesteine und dazu auch die Steinbrüche vor, aus denen sie gewonnen wurden, sondern dokumentieren sie auch ausführlich im Bild und weisen ihre Standorte nach. Zusätzlich werden diese interessanten Informationen in das Spannungsfeld der Friedhofsreformbewegung eingebunden. Gerade dieser Beitrag von Ferdinand Heinz verdeutlicht die Geschichte der Reformbewegung von einer bisher unbekannten Seite und führt damit die Forschung einen weiteren Schritt voran.

Zwischen dem letzten umfangreichen Beitrag "100 Jahre Urnenhain - 100 Persönlichkeiten", der die stadtgeschichtliche Seite der Anlage eindrücklich beleuchtet, gehen die kleineren Aufsätze zur Vogelwelt und Fauna des Urnenhaines ebenso wie das "Plädoyer für eine Re-Vision der Friedhofskultur" fast unter. Gerade dieser Beitrag hätte meiner Meinung gut am Ende dieses umfangreichen Sammelbandes stehen können, denn hier werden sozusagen alle Argumente gebündelt, die in den historischen Darstellungen aufscheinen und dafür sprechen, die Friedhofskultur mit neuen Augen zu betrachten und dabei besonders jene Werte herauszustellen, für die sie auch in unserer mobilen Welt immer noch stehen kann, nämlich ein Ort der Trauer, der Erinnerung und der Rückbesinnung zu sein, und das nicht nur auf der persönlichen Ebene, sondern viel breiter als Erinnerungs- und Ruheort für alle, die sich für die Geschichte und die Menschen interessieren, die das Leben an dieser Stelle einst geprägt haben und damit z.T. noch in die Gegenwart hinein wirken.

100 Jahre Krematorium und Urnenhain Dresden-Tolkewitz. Unter den Flügeln des Phönix. ISBN: 978-3-86729-080-7, Sax Verlag 2011. Format: 21 x 29,7 cm, 224 Seiten,130 einfarbige Abbildungen, 310 farbige Abbildungen. Gebundene Ausgabe. Preis: 29,80 €

Samstag, 2. Juli 2011

Der russische Garnisonsfriedhof in Dresden

Vielleicht ist hier einmal ein Hinweis angebracht auf die Friedhöfe, die von den russischen Truppen im Osten Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt wurden. Sie sind wichtige Erinnerungsstätten, in denen sich die Geschichte der Besatzungszeit und der DDR widerspiegelt, die oft anderswo vor Ort schon spurlos verschwunden ist, bzw. nach der Wende so schnell wie möglich weggeräumt wurde.


Schwerin, Grabstätten russischer Besatzungssoldaten
 (Foto Leisner)
Ich selbst kenne den russischen Bestattungsplatz neben dem Schweriner Hauptfriedhof, auf dem die Grabmäler noch an die Vergangenheit erinnern, auch wenn die Fläche im Stadtbild kaum als Friedhof wahrnehmbar ist.


Aufmerksam wurde ich jetzt auf den Garnisonfriedhof in der Dresdener Neustadt, für den sich letztes Jahr eine Dresdener Journalistin vor Ort und in ihrem Blog eingesetzt hat. Gerade haben ihn die Mitglieder des russischen Motorradclubs "Schtraftat" den Friedhof zu einer Andacht besucht. 


Seit dem 14. Februar 2011 gibt es auch einen "Freundeskreis Sowjetischer Garnisonfriedhof in Dresden". Seine Mitglieder, dazu gehört auch die Bloggerin Jane, haben es inzwischen geschafft, dass der Nordflügel der Anlage als Kulturdenkmal anerkannt worden ist. Auch ein  Subbotnik”, also ein freiwilliger Arbeitseinsatz, wurde in diesem Jahr schon durchgeführt. Vor dem 8. Mai kamen dazu etwa 20 Personen, um den Nordflügel für die Feierlichkeiten zum Tag des Kriegsendes in Europa herzurichten.

Sicher gibt es noch zahlreiche solcher Anlagen in den Städten der ehemaligen DDR und es ist ganz sicher Zeit ihre Erhaltung zu sichern!