Cover des neuen Handbuchs über den Riensberger Friedhof in Bremen |
Deshalb ist es also umso mehr zu begrüßen, dass jetzt wenigstens über den Riensberger Friedhof ein Taschenbuch erschienen ist, das die Grabmalkultur und Friedhofsgeschichte in Form eines Handbuches von A-Z lexikalisch aufbereitet. (Ich kann mir den Hinweis nicht verkneifen, dass dafür wohl das zur Zeit vergriffene Ohlsdorfbuch von Helmut Schoenfeld Vorbild war. An einer Neuauflage wird übrigens gerade gearbeitet.)
Zwei Kulturwissenschaftlerinnen - Gerda Engelbracht M.A. und Dr, Andrea Hauser - stellen in diesem Buch ungefähr 200 Kurzbiografien von in Riensberg bestatteten Persönlichkeiten der Bremer Geschichte vor,vermischt mit ungefähr 170 Stichworten zum Thema Friedhof und Sepulkralkultur. Die Stichworte thematisieren zum Beispiel bestimmte Symbole auf Grabmalen, Besatttungsarten, Pflanzen oder auch die Hochbauten des Friedhofs.
Das Buch ist mit über zweihundert farbigen und zum Teil phantastisch fotografierten Abbildungen optisch hervorragend ausgestattet und bietet mit seinen Einzelbeiträgen einen umfassenden und in seiner Kurzform sehr interessanten Überblick über die Persönlichkeiten und Geschichte der Stadt Bremen.
Und doch haben mich die Texte immer mal wieder etwas ratlos zurückgelassen. Normalerweise liest man so ein Lexikon ja nicht gerade von vorn bis hinten und auch ich habe mich gern von einem Stichwort zum anderen leiten lassen. Nur bin ich dabei für meinen Geschmack zu oft mehr oder weniger daran gescheitert in den Stichwörtern, auf die die Pfeile im Text hinweisen, auch weitere Informationen zu finden. Ein kleines Beispiel ist das Stichwort "Aeskulapstab" (S. 16). Dort steht ein Pfeil zum Stichwort "Symbole". Unter Symbole finde ich dann zwar (leider ohne entsprechenden Hinweispfeil) irgendwann im Text auch den Aeskulapstab, aber mehr als dass er berufsbezogen für die Mediziner steht, ist nicht zu lesen. Weiß heute noch jeder, wie ein Aeskulapstab aussieht? Oder das Stichwort "Fritz Behn": Dort lese ich (S. 21), der Bildhauer habe u.a. auf dem Riensberger Friedhof das Grabmal Blendermann gestaltet. Doch unter Blendermann erfahre ich dann nur, dass Fritz Behn das ehemalige Bremer Reichskolonial-Ehrendenkmal - in Form eines Elefanten - entworfen habe. Das hat mit dem Architekten Blendermann zu tun. Er war an der Errichtung des Denkmals beteiligt. Aber wie sieht denn nun das Grabmal der Familie Blendermann von Fritz Behn aus? Das Internet hilft weiter, die Grabstätte Blendermann besteht aus einer Reihe von Kissensteinen ohne Hauptdenkmal ,,,
Oder es heißt, (S. 38) das Symbol Adler stehe für die Wiedergeburt. Das war mir bisher nicht bekannt; aber nun gut: Symbole werden sehr unterschiedlich gebraucht. Dann aber lese ich (S. 140), dass die Adler auf den Dachecken des Mausoleums Schmiedell/Buhlmann als Symbol für die Himmelfahrt Christi anzusehen sind. Da fährt Christus auf diesem Dach also gleich viermal zum Himmel auf, wobei die vier Adler auch noch durch Girlanden untereinander verbunden sind? Mir scheint es eher, dass die Adler dort als Symbol für Stärke und Kraft eingesetzt werden. Oder es wird (S. 38) bei dem Architekten Carl Eeg auf die von ihm geschaffenen Grabmäler auf dem Friedhof verwiesen, die er u.a. für Gustav Pauli, Clifford Phillips und Adolf Vinnen (im Text stimmt leider auch die alphabetische Reihenfolge nicht) geschaffen hat. Schaut man unter den genannten Namen nach, wie diese Werke wohl aussehen mögen, findet man leider nichts darüber. Und das ist nicht nur bei diesem Künstler so. Ich könnte noch eine ganze Reihe ähnlicher Unschärfen nennen: Mich hat u.a. auch sehr erstaunt zu lesen, dass "der geflügelte Schutzgeist des Todesgenius, der >Thanatos und der Chronos" (warum Chronos ohne Pfeil?) als Vorläufer der Engel anzusehen sind. Wer ist der geflügelte Schutzgeist des Todesgenius?
Das soll an Beispielen genügen. Ich will das Buch nicht schlecht machen. Ich weiß, dass es eine umfangreiche Arbeit ist, so viele Kurzbiografien inklusive der Grablagen und noch weitere Informationen darüber hinaus zusammenzutragen. Und für Besucher des Friedhofes ist es bestimmt sehr nützlich, diesen Führer in der Tasche zu tragen und bei einzelnen Gräbern nachzuschauen, was die Menschen gemacht haben, die dort bestattet sind.
Trotzdem denke ich, wenn man etwas über die Bestattungsorte berühmter Persönlichkeiten erzählt, sollte man auch die damit verbundenen Grabmale beschreiben. Immerhin werden über 70 Grabmale auf dem Riensberger Friedof vom Amt für Denkmalpflege als schutzwürdig eingestuft. Ich hätte gern aus dem Text erfahren, welche das sind. Dafür hätte ich auch auf den unmotivierten Abdruck eines oft gelesenen Rilkegedichtes verzichten können (S. 17).
Gerda Engelbracht/Andrea Hauser: Der Friedhof Riensberg. Ein Handbuch von A-Z.Bremen 2016, Edition Falkenberg, 176 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen, 15,.90 Euro