Donnerstag, 27. August 2020

Friedhofsmuseen

Sarg in Form eines Hahns, Kassel Sepulkralmuseum, 2015 (Foto Leisner) 

Museen sind die Orte, an denen Vergangenheit und Gegenwart sich treffen. Das gilt auch für Friedhofsmuseen. Wobei hier angemerkt sei: Mit diesem Begriff sind nicht die zahlreichen Grabmalfreilichtmuseen gemeint, also jene Bereiche auf Friedhöfen, in denen historische Grabmale neu aufgestellt worden sind. Solche Grabmalmuseen finden sich auf vielen historischen Friedhöfen. Echte Friedhofsmuseen, in denen es um die Geschichte und Gegenwart der Bestattungskultur und damit auch um unseren Umgang mit Sterben und Tod geht, sind dagegen seltener. In diesem Post sollen die mir bekannten Museen im deutschsprachigen und angrenzendem Raum vorgestellt werden. Eine ausführliche und weltweite Liste solcher Museen findet man auf Wikipedia. (Zur Zeit ist es ja wegen Corona geboten keine unnötigen Reisen zu unternehmen. Zudem sind einige der kleineren Museen sowieso noch geschlossen. Aber immerhin kann man sich im Internet schon einmal ansehen, was diese besonderen Museen ausmacht.)

An erster Stelle sind natürlich das Museum für Sepulkralkultur in Kassel und das Bestattungsmuseum in Wien zu nennen. Über das Erstere habe ich hier vor drei Jahren kurz berichtet. Seitdem hat es unter neuer Leitung schon sehr interessante Ausstellungen gegeben und man darf gespannt sein, wie es weiter geht. Einige Objekte aus der großen Sammlung, die das gesamte Themenspektrum um den Tod umfasst, kann man vor einem Besuch schon mal online anschauen und zum Beispiel über eine Tabakpfeife staunen, die als "memento mori" gestaltet ist. Dazu geht von dem Museum bzw. dem zugehörigen Zentralinstitut eine lebhafte Publikationstätigkeit und Grundlagenforschung aus. 

Särge im Wiener Bestattungsmuseum (Foto Leisner 1996)

Das Wiener Bestattungsmuseum zeigt leider online nicht viel von seinen reichen Beständen, die aus der Geschichte des Wiener Zentralfriedhofs und der Bestattung Wien stammen, die 1907  als Kommunalbetrieb der Stadt Wien gegründet und seit den 1950er Jahren das einzige Bestattungsinstitut der Stadt ist. Unter anderem kann man dort z.B. auch einen josephinischen Klappsarg und ein Herzstichmesser besichtigen.

Daneben gibt es einige wenige kleinere Friedhofsmuseen in Deutschland: Der Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V. verwaltet das Museum des gleichnamigen Friedhofs, in dem die Besucher über die Geschichte und die Grabmalkultur des Ortes informiert werden. Zu ihm gehört ein Außenbereich, in dem ausgewählte Grabmale sowohl chronologisch aufgereiht, als auch in einem - dem Reformstil des zweiten Friedhofsdirektors Linne angepassten - Grabfeld aufgestellt worden sind. 

Blik auf das Museum Ohlsdorf mit Grabmalausstellung,2015 (Foto Leisner)
Auf dem Stadtfriedhof Seelhorst in Hannover ist im ehemaligen Krematorium die Ausstellung „Hannoversche Friedhofs- und Bestattungskultur“ zu sehen, die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Städtischen Friedhöfe gestaltet wurde. Dort ist die tägliche Arbeit der Verwaltung und der Friedhofsbetriebe Thema. 

In Kühndorf im Thüringer Wald wurde die Friedhofskapelle aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts durch das Engagement eines Tischlers zum Museum. Neben den historischen Bänken und Emporen, sind dort seltene Epitaphen und Totenkronen, sowie weitere Ausstellungsstücke zu sehen, wie z.B. eine Totenbahre, gusseiserne Kreuze und besondere Grabsteine. 

Die Kunstschmiede Bergmeister unterhält in seinen alten Werkstatträumen in Ebersberg ein Grabkreuzmuseum mit schmiedeeisernen Kreuzen, die von Werken aus der frühen Renaissance bis zu modernen Entwürfen reichen. 

Einen anderen Hintergrund hat die - ebenfalls private - Sammlung auf dem sogenannten Museumsfriedhof in Kramsach in Tirol, der auch der lustige Friedhof genannt wird. Die von der Familie Guggenberger seit 1965 in der Sagzahn-Kunstschmiede zusammengetragene Sammlung besteht aus historischen Schmiedeeisen- und Eisengußkreuzen, sowie einem Außenterrain, in dem schmiedeeiserne Kreuze mit Marterlsprüchen versehen aufgestellt sind, die als "Zeugnisse des urwüchsigen Volkshumors im Alpenland" gelten. Die Herkunft dieser Kreuze und ihrer Sprüche ist allerdings nicht unbedingt eindeutig nachgewiesen.

In der Schweiz befindet sich auf dem Friedhof Hörnli in Basel im alten Krematorium eine Sammlung zur Schweizer und Basler Bestattungskultur. Das Museum wurde aufgrund der privaten Initiative des ehemaligen Grabmacher-Meisters Peter Galler 1994 gegründet und zeigt Leichenwagen, Särge, Aschenurnen, Friedhofsordnungen, Grabkreuze, Glasperlenkränze und Totenandenken, aber auch Implantate von Verstorbenen, die im Krematorium eingeäschert wurden.

Zum Schluss noch ein kurzer Blick über die Grenzen: Das 2007 eröffnete Amsterdamer Bestattungsmuseum "Tot Zover" (übersetzt: "So weit") sammelt Objekte aus der historischen und zeitgenössischen Bestattungskultur drer Niederlande. Die Sammlung wird in den vier Themenbereichen "Rituale", "Der Körper", "Trauer und Erinnerung" und "Memento Mori" vorgestellt. Dazu finden immer wieder Kunstausstellungen zum gesamten Themenbereich um Tod und Sterben statt. Zudem werden Symposien abgehalten und Publikationen erstellt. In Brüssel existiert in dem ehemaligen Atelier des Bildhauers Salu am Eingang des Friedhofs von Laaken eine Sammlung, deren Kern das Archiv und die Sammlungsgegenstände der Bildhauerfamilie bilden, die zwischen 1872 und 1984 tätig war. Die Sammlung wird heute von dem Verein "Epitaaf vzw - Vereniging voor funeraire archeologie" verwaltet. Und vielleicht sollte man auch das Friedhof Forum Zürich mit in diese Liste hineinnehmen, auch wenn es eigentlich kein Museum mit einer Sammlung sondern eher ein Ausstellungs- und Informationsraum ist. Doch werden dort seit mehreren Jahren immer wieder interessante Ausstellungen zum Themenkreis um Tod und Sterben veranstaltet.