Mausoeleum Kretschmer (ehemals Schröder) auf dem Ohlsdorfer Friehof (Foto Marianne Didiér) |
Inzwischen liegt mir das Buch vor und ich habe mich durch diese umfangreiche Arbeit "hindurchgefressen". Allerdings halte ich es nicht für empfehlenswert sie von vorn bis hinten durchzulesen, denn es handelt sich weniger um eine historische Abhandlung als vielmehr um einen umfangreichen Katalog der Grabbauten des 19. Jahrhundert in Mecklenburg-Vorpommern und in einzelnen Städten im Norden Deutschlands.
Als Ziel ihrer Arbeit formuliert die Autorin den Wunsch "die privaten Grabbauten als eigenständigen Architekturtyp innerhalb der Sepulkral- und Baugeschichte" denkmalpflegerisch zu würdigen und damit "innovative Nutzungskonzepte" zu verbinden. Es handelt sich also um eine Untersuchung, die sich vorwiegend mit der Baugeschichte der einzelnen Grabgebäude beschäftigt.
Am Anfang steht eine Begriffsbestimmung, die mit dem Titel "Mausoleum versus Grabkapelle" einen Gegensatz auftut, der so im Grunde nicht besteht. Letztendlich definiert die Autorin, die beiden Begriffe aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft und legt sie auf spezifische stilistische Ausformungen fest. Unter Mausoleen versteht sie die mehr oder weniger klassisch gestalteten Grabbauten, die sich an die Antike anlehnen, und den Terminus Grabkapellen verwendet sie folgerichtig für alle jene Bauten, die sich stilistisch auf das Mittelalter beziehen. Den übrigen Bautypen, wie Gruftarkaden und -hallen, Grufthaus, Hanggruft, Grabgruft, Terrassen- und Reihen- und Portalgruft widmet sie den letzten Abschnitt dieses einleitenden Teils.
Die folgenden Kapitel behandeln allgemein die Begräbnisbauten auf den Stadtfriedhöfen in Mecklenburg-Vorpommern, sowie dann einzeln und im Besonderen die Grabarchitektur in verschiedenen Städten in Mecklenburg (genau gesagt in Parchim, Wismar, Schwerin und Boizenburg), in Vorpommern (Greifswald und Stralsund), sowie auf weiteren architektonisch herausragenden Friedhöfen ebendort (Ludwigslust, Waren, Güstrow Neustrelitz und Rostock). Die Friedhöfe werden jeweils in ihrer Geschichte vorgestellt. Anschließend werden sowohl die nicht mehr existenten wie die vorhandenen Mausoleen mit ihrer Historie und jeweils ausführlicher Bestandsbeschreibung vorgestellt. An diesen Einzeldarstellungen wird deutlich, dass hinter diesem Werk eine umfangreiche Forschungsarbeit steckt, bei der unterschiedliches und teilweise bisher noch unbekanntes Quellenmaterial gesucht und ausgewertet worden ist. Allerdings scheint sich die Autorin dabei nur um die städtischen Friedhöfe gekümmert zu haben. Grabgebäude auf privatem Grund und Boden werden nur am Anfang und eher überblicksweise in der erwähnten Abhandlung zur Begriffsbestimmung dargestellt.
Abschließen werden die Erhaltenszustände sowie typische Schadensbilder thematisiert. Erst danach stellt die Autorin den in Mecklenburg-Vorpommern untersuchten Objekten Vergleichsstudien von Grabbauten auf Friedhöfen in Kiel, Hamburg und Berlin gegenüber.
Mit dem Kapitel "Nutzungskonzepte und Erhaltensmaßnahmen" kommt sie zu dem zweiten Ziel ihrer Untersuchung. Dabei wird der Friedhof als neuer Erlebnisraum vorgestellt und Möglichkeiten aufgezeigt, das Bewusstsein der Bevölkerung in diesem Sinne zu schärfen. Neue und schon bekannte Nutzungsvorschläge für Grabbauten werden beispielhaft vorgeführt und auch der Umgang mit entwidmeten Friedhöfen ist Thema. Bei Letzterem werden Konzepte wie das Grabmalfreilichtmuseum, das Friedhofsmuseum, Lehrpfad, Ausstellungsort und Wiederaufnahme der Bestattungen, Übernahme von Grabmalpatenschaften, Neueinrichtung als Tierfriedhof und Umwandlung zur öffentlichen Parkanlage genannt.
Leider merkt man dieser sehr ambitionierten Untersuchung an, dass sie als Doktorarbeit geschrieben und anscheinend vom Verlag nicht lektoriert wurde. Die sprachliche Qualität bzw. die grammatikalische Genauigkeit ließ mich so manches Mal die Stirn runzeln, da sitzt dann manches Wort ein wenig schief oder ganze Sätze stimmen nicht. Doch insgesamt bringt diese Studie einen wichtigen und positiven Zuwachs an Wissen über die historischen Grabbauten des 19. Jahrhunderts mit sich, die in Deutschland noch lange nicht ausführlich genug dokumentiert und wertgeschätzt sind.
Hier nochmal der Buchtitel: Anja Kretschmer: Häuser der Ewigkeit. Mausoleen und Grabkapellen des 19. Jahrhunderts. Eine Einführung in die Sepulkralarchitektur am Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns. DOBU Verlag, Hamburg 2012.ISBN 3-934632-47-5, 367 S., 29,90 Euro.