Mittwoch, 11. Juli 2018

Türkischer Mokka am Grab


Alle Bilder in diesem Post zeigen die Grabstätte von Julius Eutin (Bildquelle
Manchmal stößt man im Internet auf ganz spezielle Grabgeschichten. Diese hier handelt von Prof. Dr. Julius Euting (* 11. Juli 1839 in Stuttgart; † 2. Januar 1913 in Straßburg). Aufgrund seiner umfassenden Sprachkenntnisse wurde er manchmal auch als „Sechzehnsprachenmännle“ bezeichnet. Er war Bibliothekar und Orientalist und wurde nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges im Juli 1871 zum Ersten Bibliothekar an der Universitätsbibliothek Straßburg und später zu ihrem Direktor. Daneben führten ihn mehrere Forschungsreisen in den Mittelmeerraum und den vorderen Orient. Während dieser Reisen füllte er zahlreiche Skizzenbücher, die inzwischen im Internet veröffentlicht sind. Bekannt wurde er, als er 1896 sein "Tagebuch einer Reise in Inner-Arabien" drucken ließ.

Aber Euting war auch eng mit seiner Heimat, dem Schwarzwald und den Vogesen, verbunden. Er wanderte besonders gern am Ruhestein im Schwarzwald und setzte sich tatkräftig für die Erschließung von Wanderwegen und den Ausbau der damals noch einfachen Wirtshäuser zu Hotels ein. Daneben gab er für den Schwarzwald eine der ersten Wanderkarten sowie Wanderführer zum Bereich "Zuflucht" und "Hornisgrinde" heraus.



Für seine eigene Grabstätte suchte sich der begeisterte Naturliebhaber und Wanderer eine der schönsten Stellen des Schwarzwalds aus. Allerdings brauchte es viele Eingaben an die Forstverwaltung um für diesen Platz eine Ausnahmegenehmigung zu erstreiten. Angeblich hat er dann zusammen mit dem zuständigen Förster seine Grabanlage ausgestaltet. In der Mitte wurde ein Gedenkstein aufgestellt, vor dem er sich noch zu Lebzeiten fotografieren ließ.

Auf der Inschrifttafel steht: "Er ist der Lebendige der Ewigen./ Wenn mein
Bett zu Staub geworden ist/ undich in der Nähe des allbarmherzigen Herren
weile,/ dann beglückwünscht mich meine Freunde und sprechet:/ 'Frohe
Botschaft dir, du bist zu einem Gütigen eingegangen!'
Aus dem Arabischen stammender Grabspruch von Professor Euting
Wiedergabe nach seiner eigenhändigen Übersetzung"
Nach seinem Tod verwilderte die Grabstätte mit der Zeit, bis der aus Freudenstadt stammende Landvermesser Hermann Notz anfing sich darum zu kümmern und nach Informationen über den Toten und nach seinen Nachkommen suchte. Euting selbst hatte zwar keine Kinder, aber es fanden sich Urgroßneffen wie Hans Winter aus Stuttgart, Rolf Euting aus Überlingen und Johannes Ernst aus der Schweiz. Sie gründeten 2002 die Julius-Euting-Gesellschaft, die die Erhaltung und Erforschung des wissenschaftlichen und persönlichen Nachlasses ihres Namensgebers zum Ziel hat. Sie ließ die Grabanlage neu befestigen und mit einer bronzenen Gedenkplatte versehen.

Und sie erfüllt  auch den Wunsch, den der Orientforscher in seinem Testament festgelegt hat: Seit 2004 wird am 11. Juli, dem Geburtstag des Verstorbenen, an seinem Grab Mokka ausgeschenkt; zuerst nur an die zufällig vorbeikommende Wanderer. Inzwischen aber ist der Mokka am Grab fast zu einem Event geworden, zu dem die Besucher neben dem belebenden Getränk auch Geschichten aus seinen Tagebüchern hören, Anekdoten und Wissenswertes aus dem Leben des Bibliothekars und Reisenden erfahren.

Wer mehr über den Reisenden wissen will, sei hier noch auf auf die Internetseite www.schwarzwald-informationen.de hingewiesen, von der auch die Bilder der Grabstätte stammen.