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Das Buch besteht aus zwei einander ergänzenden Teilen: Zum einen sind unter verschiedenen Obertiteln eine Vielzahl von Aufsätzen zur evangelischen Friedhofskultur und -geschichte in Bayern zusammengefasst, wobei andere Religionen und deren Bestattungsgeschichte nicht außer Acht gelassen werden. Zum anderen werden in dem Buch insgesamt 61 ausgewählte Friedhöfe aus allen Regionen Bayerns beispielhaft in Text und Bild vorgestellt.
Das Werk ist eines der Ergebnisse eines 2018 initiierten Forschungsprojektes, das von den beiden Herausgebern, Prof. Dr. iur. Hans-Peter Hübner und Prof. Dr. theol. Klaus Raschzok, am Lehrstuhl für Praktische Theologie der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau betreut worden ist. Zielvorgabe war, dass kirchliche Friedhofsträger durch das Projekt "bei der Bewältigung der strukturellen und gestalterischen Herausforderungen angesichts des Wandels der Bestattungs- und Trauerkultur" fachlich unterstützt werden sollen. Über dieses Ziel geht die Publikation allerdings weit hinaus. Sie nicht nur für kirchliche Friedhofsträger, sondern auch für jeden sonst von Interee, der oder die mit Friedhöfen befasst ist oder an ihnen Anteil nimmt.
Selbstverständlich aber sind die Beiträge von der Herkunft der meisten Autorinnen und Autoren aus dem evangelischen Glauben geprägt. Der Umbruch, den die Reformation einst für die Bestattungs- und Friedhofskultur bedeutete, bildet im Aufsatzteil des Buches unter dem Obertitel "Glaube, Frömmigkeit und Kultur im Spiegel evangelischer Friedhöfe" einen ersten Schwerpunkt. Der Bogen spannt sich von der Bedeutung Luthers für die Sepulkralkultur, über die Aussagen der Grabmäler bis zu einem Blick in die Zukunft. Es folgen "Fragen zu Gestalt und Gestaltung des Friedhofs ", bei denen es um einzelne Friedhofsbereiche, wie das Friedhofsportal , Friedhofskanzeln und Arkaden, Friedhofskirchen und -kapellen, aber auch um Kriegerdenkmäler und andere Erinnerungsstätten, sowie die gärtnerische Gestaltung von Friedhöfen geht.
Im folgenden Abschnitt werden Friedhöfe von katholischen, jüdischen und anderen nichtchristlichen Religionsgemeinschaften
in den Blick genommen, bevor es dann um das Zusammenspiel und die Entwicklung kommunaler und krichlicher Friedhöfe in Bayern geht. Diese Verbindung, die nicht immer reibungslos von statten geht, wird an den Beispielen der Friedhöfe in Ansbach, Mönchsondheim
und Nördlingen
näher erläutert. Zwei weitere Beiträge befassen sich mit dem Berufsbild der Bestatter als säkulare Spezialisten für Trauerfeiern und das Verhältnis zwischen Kirche und Bestattungsunternehmern.
Das Kapitel Denkmalpflege und Bewahrung der materiellen Friedhofskultur wird wiederum beispielhaft an der Arbeit von drei bürgerlichen Initiativen dargestellt, die sich für Einzelaspekte der Friedhofskultur eingesetzt haben. Auf diese Weise wurde für die Erhaltung des Ansbacher Stadtfriedhofs gestritten, das Totengräberhaus auf dem Friedhof in Nürnberg-Wöhrd gerettet und es wurden vier wertvolle Epitaphien des Nürnberger St. Johannisfriedhofs restauriert.
Den abschließenden Hauptteil bildet der Schwerpunkt mit dem Titel "Der evangelische Friedhof in Bayern. Seine Geschichte, seine Gegenwart und seine Zukunft". Reiner Sörries, der mehrere Beiträge dieses Buches verfasst hat, stellt als erstes die bayerische Friedhofsgeschichte vor. Im Folgenden geht es dann um die Bestattungs- und Trauerkultur evangelischer Gemeinschaften in Bayern . Rechtliche Fragen kommen in den Blick beim Thema der Geschichte der evangelischen Friedhofsordnungen und des Friedhofs- und Bestattungsrechtes , sowie bei den Möglichkeiten das Satzungs- und Gebührenrechts der Friedhöfe und die Grundlagen einer Friedhofsordnung zu gestalten. Auch die Arbeitssicherheit und der Gesundheitsschutz auf Friedhöfen wird dabei nicht außer Acht gelassen und es werden Landeskirchliche Impulse zur Gestaltung, Organisation und Bewirtschaftung evangelischer Friedhöfe in Bayern gegeben. Mit dem Blick auf die Zukunftsperspektiven des evangelischen Friedhofes kommt noch einmal Reiner Sörries zu Wort, bevor abschließend Klaus Raschzok die Aufgaben des evangelischen Friedhofs umreißt, der als kirchlicher Lern- und Lebensraum es angesehen werden kann.
In den Portraits der ausgewählten Friedhöfe finden sich die in den Beiträgen angesprochenen Themen beispielhaft wieder. Immer wieder geht auch um die Bezüge zwischen den Gemeinden und ihren Friedhöfen und Ansätze diese Orte auch außerhalb des kirchlichen Bestattungsgeschehens mit dem Glauben zu verbinden und in das gemeindliche Leben einzubeziehen, so zum Beispiel wenn die Osternacht direkt auf dem Friedhof beginnt bzw. endet. Gleichzeitig wird in den Porträts aber auch die immense Vielfalt der Friedhöfe deutlich. Auch wenn es Ähnlichkeiten gibt, so ist unterscheiden sich die Bestattungsplätze doch deutlich je nach Region und Örtlichkeit. Zugleich sind diese Darstellungen eine Fundgrube für historische Zusammenhänge, sind doch die Friedhöfe immer auch Spiegelbilder der Orte, für deren Bewohner sie errichtet wurden.
Durch die reiche Bebilderung sowohl mit aktuellen Aufnahmen, wie mit historischen Karten und Ansichten gewinnt man als Leserin einen ausgezeichneten Überblick über die vielfältige evangelische Friedhofskultur in Bayern. Zugleich kann man dieses Buch aber auch mit vollem Recht als wahre Fundgrube von Informationen über heute relevante Friedhofsthemen ansehenund dort viele Lösungsmöglichkeiten für aktuelle Probleme finden.
(Hier findet sich der Infoflyer mit dem vollständigen Inhaltsverzeichnis)