Titelseite des Buches (Foto Leisner, mit fr. Genehmigung des Marzellen Verlag Köln) |
Der Verfasser hat damit zu Recht keine Probleme. Er erinnert an den Grabstätten der unterschiedlichsten Vertreter des Kölner Karnevals an die spezielle Geschichte dieses ortgebundenen Brauchtums, das nach der Franzosenzeit am Anfang des 19. Jahrhunderts vom Bürgertum neu belebt wurde. In zahlreichen Einschüben erklärt er dazu einzelne Besonderheiten, wie zum Beispiel das "Lappenkostüm", das sich alle diejenigen aus Flicken zusammennähten, die zwar gern verkleidet sein wollten, aber dafür kein Geld ausgeben konnten. Mit einer roten Pappnase wurden sie zu "Lappenclowns", wie die nebenstehende kleine Grabfigur zeigt..
Dazu verweist er in vielen Details auf die Herkunft von Liedern und Evergreens, die teilweise weit über Köln hinaus ausgestrahlt haben, wie der schon fast klassische - oben zitierte - Liedtext von "Am Aschermittwoch ist alles vorbei", der von dem Kölner Heimatschriftsteller Hans Jonen stammt, zu dem der Führer natürlich noch viel mehr zu erzählen weiß.
Als "karnevalsabstinente" Norddeutsche habe ich in diesem vergnüglichen und interessanten Führer viel über den Karneval in Köln am Rhein, über seine einzelnen Protagonisten und auch über seine Organisation gelernt. Schön wäre es gewesen, wenn die Einleitung noch etwas tiefer in die Geschichte und die Frühzeit des bürgerlichen Karnevals geführt hätte, denn einer Nicht-Kölnerin wie mir fehlt das Wissen um die innere Organisation, die historischen Wurzeln und die Entwicklung dieses Festes. Die einzelnen Stationen des Rundgang sind sowohl mit historischem Material wie mit Fotos der aktuellen Grabstätten reich bebildert, so dass man eine gute Vorstellung von der Vielfalt der "Karnevalserinnerung" auf Melaten erhält.
Verständlich ist, dass der Autor am Schluss ein Erinnerungsmal besonders hervorhebt. Er hat schließlich mit seinen Führungen und dem hier vorgestellten Buch die nötigen finanziellen Mittel für die Anfertigung und Aufstellung mitgesammelt: Johann Christoph Winters (1772-1862), dem Begründer des Kölner Hänneschen-Theaters, einer Puppenspielbühne mit feststehenden "köllschen" Typen, wie dem "Hänneschen" - auf Hochdeutsch dem "kleinen Hans" - war einst im Armengrab in einer Ecke des Melatenfriedhofs beigesetzt worden. Seine Grabstätte war lang vergessen. Nun wurde dem Puppenspieler eine eigene Plastik gewidmet, die seine Büste zusammen mit seinen typischen Stabpuppen zeigt.
Wolfgang Oelsner, "Un deit d'r Herrjot mich ens rofe". Eine Führung durch den Kölner Karneval auf dem Friedhof Melaten. Marzellen Verlag Köln, 2010, 144 S. zahlr. farb. Abb. und eine Karte, 12,90 (ISBN 798-3-937795-16-4). Hingewiesen sei an dieser Stelle auch auf ein weiterer Kölner Friedhofsbuch aus demselben Verlag: Günter Schwanenberg, "Em Himmel es d'r Düvel loss". Musikalisch-literarische Streifzüge über den Südfriedhof.