Samstag, 2. Januar 2016

Ruhe bewahren - Ein Exkurs über die Qualiätten von Begräbnisstätten anhand des Ohlsdorfer Friedhof

Bachelorarbeit Nina Borowska 2015
Nina Borkoska hat 2015 eine Bachelorarbeit/ Masterthesis im Rahmen des Masterstudienganges Urban Design an der Hafencity Universität Hamburg geschrieben, die sich mit dem Ohlsdorfer Friedhof beschäftigt. Die Arbeit besticht besonders durch ihr sorgfältig gestaltetes Design und die vielen Grafiken, mit denen die Autorin ihre Aussagen bildlich verdeutlicht.

Nach der üblichen Vorstellung ihres Forschungsfeldes stellt Borowska die Frage nach der Rolle des Friedhofes für die Stadt und seinen notwendigen Elementen, die sich nicht verändern können oder düfen, um ihn seiner Daseinsberechtigung zu berauben.

Danach gibt sie einen kurzen Abriss über die Entwicklung der Bestattungskultur und nennt als treibende Faktoren des gegenwärtigen Wandels "unsere von der Verdrängung des Todes geprägte, Gesellschaft"; "das vermeintliche Desinteresse der Hinterbliebenen"; die wachsende Bedeutung "pflegefreier Grabstätten" sprich die sogenannte "Ökonomisierung" der Bestattung, die in einem Zirkelschluss zu "steigenden Überhangflächen des Friedhofes" und damit steigenden "Kosten für Gräber und Grabpflege" führen, was wiederum aufgefangen werden müsse durch "günstigere Bestattungen und Bestattungsformen". Daneben führt sie die Entwicklung zur Kleinfamilie und zu alternativen Lebensweisen an, durch die "auch die Themen- bzw. Gemeinschaftsgrabstätten" entstehen, die gleichzeitig als ein Zeichen der wachsenden Individualisierung gesehen werden. Natürlich kann man von einer Masterarbeit nicht verlangen, dass sie umfassend und strukturiert die vielfältigen Faktoren beleuchtet, die zum Wandel der Friedhofskultur führen.

Im Folgenden widmet die Autorin sich dem Ohlsdorfer Friedhof und seiner Bedeutung für die Stadt, die sie unter die Schlagworte "Bestatten & Trauern", "Erholung", "Begegnungspunkt", "Biotopschutz", "Erinnern und Mahnen", "Erlebnis  & Erfahren", "Raum für Rituale" und "Entsorgung", "Stadt der Lebenden/Stadt der Toten" subsummiert. Bei der Untersuchung der "notwendigen Elemente eines heutigen Friedhofs", geht sie von der Frage aus, wie wir in Erinnerung bleiben wollen und fasst ihre Antworten jeweils unter Stichworten zusammen: als da sind soziale Identität, individuelle Grabstätte-Grabsteine, Vergemeinschaftung und virtuelle Erinnerung. Etwas unvermittelt folgt darauf die Frage nach dem Verhalten auf dem Friedhof, das sie verschiedenen Typen zuordnet - erst an zweiter Stelle folgt dabei auf den "Spaziergänger" der "Grabbesucher". Nicht ganz ersichtlich wird, wie sich der "flüchtige Besucher" vom "Touristen" unterscheidet und warum "Liebespaare" und "Individuen" - darunter werden sowohl Diebe wie Grufties genannt - eigene Kategorien bilden.

Im Vergleich mit dem Winterhuder Stadtpark stellt sie der reinen Erholungsfunktion des Parks die Doppelfunktion des Friedhofs als Ruheort Verstorbener und als Erholungsort gegenüber und bestimmt damit den Friedhof im Gegensatz zum Park als Ort der Besinnung und Ruhe, wo pietätvolles Verhalten eine wichtige Rolle spielt. Dabei erwähnt sie die Gefahr, dass durch eine Verschiebung der Funktionen auf dem Friedhof, dieser "seine jetzigen Qualitäten verliert. Wandelt sich ein Friedhof immer mehr zu einem Park bzw. zu einer grünen Fläche, so entstehen Orte zweifelhafter Bedeutung". Für das zukünftige Konzept "Ohlsdorf 2050" konstatiert sie dabei:  "Fest steht, dass ein großer Teil des Friedhofs entwidmet wird und kleine Bestattungsoasen entstehen sollen. Die Flächen dazwischen werden wahrscheinlich Parkflächen. Das Konzept Ohlsdorf 2050 sieht in seiner jetzigen Form vor die jetzige Einfriedung zu erhalten. Sieht jedoch das Problem, dass eine friedhofsinterne Begrenzung der Bestattungsoasen zu den Park- oder Naturflächen entstehen muss."

Ingesamt gibt die Arbeit eher einen allgemein gehaltenen Überblick über die Friedhofsentwicklung und -Gestaltung in Hamburg und damit eher einen Einstieg in das Thema und nicht so sehr eine tiefere und kausal strukturierte Durchdringung der Problematik des Bedeutungswandels der Bestattungsflächen in unserer Zeit. 

Nina Borkowska, R U H E BEWA H R E N. Masterthesis entstanden im Rahmen des Masterstudienganges Urban Design an der Hafencity Universität Hamburg. Sommersemester 2015