Cover des Tagungsbandes "Mors" |
In ihren einführenden Bemerkungen zum Tagungsthema gehen die beiden Initiatoren, Christian Malzer und Georg Schrott, von der Prämisse aus, dass der Tod „als existentielles und als in jedem Leben zu bewältigendes Phänomen … eine notwendige Bedingung für die Entstehung und den Unterhalt von Klöstern“ war. Der geografische Raum, der mit dem Begriff der Oberpfälzer Klöster gemeint ist, variiert je nach Betrachtungszeit. Mit dem Tagungsband werden bisherigen Froschungen zu den mittelalterlichen Urkundenbestände für die Klöster der Oberen Pfalz, in denen sich zum Beispiel Informationen über Seelenheilstiftungen, Memorialleistungen, Fraternitäten, Grablegen oder testamentarische Bestimmungen finden lassen, ergänzt und es werden Desiderata benannt. Doch auch die neuzeitliche Klostergeschichte ist einbezogen worden, die in der Oberen Pfalz anfangs durch reformatorische Klosteraufhebungen geprägt ist, während ab 1661 im Zuge der Rekatholisierung frühere Klöster wieder begründet wurden.
Dem Block der historischen Vorträge ist ein Beitrag von Andreas Trampota mit der Frage: „Guter Tod, schlechter Tod?“ vorangestellt, der die Bedeutung des Todes für das eigene Leben reflektiert und damit auf die Aktualität der Themenstellung verweist. Darauf folgend stellt Wolfgang Wüst Schenkungen und Stiftungen von Verstorbenen an vier Oberpfälzer Klöster im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit vor. Die von ihm untersuchten Quellen zeigen, dass diese Klöster insbesondere vom 13. bis zum 15. Jahrhundert von zahlreichen Seelgeräte-Stiftungen und Besitzübertragungen regionaler Adeliger, Bürger, Handwerker und sogar reicherer Bauern profitierten.
Fast ein Viertel des gesamten Bandes nimmt dann der Beitrag von Christian Malzer mit dem Titel „Vernetzt in Leben und im Tod. Das spätmittelalterliche Verbrüderungs- und Memorialwesen der Oberpfälzer Prälatenklöster“ ein, dem eine umfangreiche tabellarische Zusammenstellung der Verbrüderungsverträge zwischen den untersuchten Klöstern angehängt ist. Auf der Grundlage des Glaubens, dass Gebete die Leidenszeit den Seelen im Fegefeuer verkürzen können, verpflichteten sich die Klöster vertraglich untereinander zu Gebetsleistungen beim Tod ihrer Mitglieder. Die stark ins Detail gehende und eher quantitativ ausgerichtete Untersuchung belegt durch die erhaltenen Vertragsurkunden, dass zwischen den Klöstern der Oberen Pfalz seit dem Ende des 13. Jahrhundert ein dichtes Geflecht solcher Memorialbeziehungen bestand.
Totenrotel aus der Ensdorfer Rotelsammlung (Quelle Lizenz) |
Ein ganz anderes Kapitel wird mit dem Beitrag von Georg Schrott über die „Heiligen Leiber“ aufgeschlagen, also den Skeletten der sogenannten Katakombenheiligen, die in prächtiger Kleidung in den Kirchen ausgestellt wurden. Seit der Wiederentdeckung der römischen Katakomben ab 1578 galten alle dort bestatteten Christen als Märtyrer. Man glaubte, dass sie die Christenverfolgung standhaft ertragen hatten. Damit galten sie zugleich als Vorbilder für das eigene Leben. Mit ihrer Verehrung war der Ablass der Sünden im Fegefeuer verbunden. Der Autor geht auf unterschiedliche Aspekte der Rezeptionsgeschichte dieser Verehrungs- und Betrachtungsform ein. Dazu vermittelt die Sammlung von Quellentexten im Anhang einen lebendigen Eindruck von der Bedeutung der Heiligen Leiber für die jeweiligen Zeitgenossen bis in die Gegenwart.
Noch einmal weit zurück in die Vergangenheit geht Stefan Huppertz-Wild, der an der Gestalt Heinrich II. (1002–1024) aufzeigt, wie eng dieser mit dem Abt Ramwold von St. Emmeran in Regensburg verbunden war und wie er nicht nur den Tod und die Grablege Ramwolds, sondern auch die Bestattung seines Vorgängers Otto III. mit seinem Herrschaftsanspruch verband. Der Frage, welche Rolle der Begräbnisort für die Pfalzgrafen spielte und wie sich die fürstliche Sepulkralkultur im Laufe der Zeit wandelte, geht Carola Frey nach. Das dauerhafte Totengedenken verbunden mit der Fürbitte und damit der Sorge für das Seelenheil der Verstorbenen kommt noch deutlicher als bei Frey in der Untersuchung von Katja Putzer zum Tragen, die die Memoria der Familie von Wolfstein im Kloster Seligporten untersucht hat und aufzeigt, dass Nekrologium, Grabmale und Totenschilde wichtige Realien dieser familiären Erinnerungskultur und Traditionsbildung waren.
Trotz ihrer Konzentration auf die Oberpfälzer Klostergeschichte sind die Beiträge dieses Bandes
inhaltlich breit gefächert und bieten einen interessanten Einblick in diesen speziellen Zweig historischer Forschung. Zugleich wird auch deutlich, welche Schätze hier im sepulkralen Kontext noch gehoben werden können.
Schrott, Georg/Malzer, Christian (Hg.): MORS. Tod und Totengedenken in den Oberpfälzer Klöstern, Symposion vom 20. bis 21. Juli 2018 in der Provinzialbibliothek Amberg (Veröffentlichungen der Provinzialbibliothek Amberg), Kallmünz Verlag Laßleben 2019, ISBN: 978-3-847-1250-5
https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/deed.de